"Schlagende Beweise"

U-Ausschuss bestätigt totale Überwachung durch NSA

Web
09.01.2014 14:14
Ein Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments hat die massenhafte Online-Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA und damit die entsprechenden Vorwürfe des Whistleblowers Edward Snowden bestätigt. Zugleich bekräftigten die EU-Parlamentarier am Donnerstag in Brüssel die Entscheidung, Snowden zu einer Videobefragung einzuladen.

Im Berichtsentwurf des zuständigen Untersuchungsausschusses heißt es, dass "überzeugende Beweise" gefunden wurden "für die Existenz weitreichender, komplexer und technisch weit entwickelter Systeme bei den Geheimdiensten der USA und einiger EU-Staaten, um in beispiellosem Ausmaß, unterschiedslos und verdachtsunabhängig die Kommunikations- und Standortdaten sowie weitere Metadaten der Menschen in aller Welt zu sammeln, zu speichern und zu analysieren".

"Der Bericht macht das große Ausmaß der Überwachung durch Geheimdienste deutlich und zeigt, wie dreist die NSA und kooperierende Geheimdienste die Grund- und Menschenrechte europäischer Bürgerinnen und Bürger missachten", sagte der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer. "Es handelt sich nicht um einzelne Missbrauchsfälle, sondern um Totalüberwachung." Alleine der britische Geheimdienst GCHQ sammle täglich 21 Petabyte an Daten, das Sammelausmaß der siebenmal größeren NSA sei noch weitaus umfassender, so Weidenholzer.

"Für seinen Dienst an der Demokratie sollten wir Edward Snowden dankbar sein: Jetzt braucht es den mehrheitlichen politischen Willen in Europa und den USA, um diese inakzeptablen Überwachungsmaßnahmen abzustellen", hielt der EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser fest.

SWIFT- und Safe-Harbour-Abkommen auf der Kippe
Der EU-Parlamentsausschuss fordert als Konsequenz aus dem Überwachungsskandal die Suspendierung des SWIFT-Abkommens zum Bankdatenaustausch und des Safe-Harbour-Abkommens zur Übertragung von Unternehmensdaten mit den USA. Weitere Forderungen sind die rasche Umsetzung des EU-Datenschutzpakets, die Schaffung eines EU-US-Rahmenabkommens, ein erweiterter Schutz für Whistleblower und die Erarbeitung einer Strategie für die IT-Unabhängigkeit der EU.

"Ich will, dass sich das EU-Parlament für eine europäische Spionageabwehr, nicht aber für einen EU-Geheimdienst ausspricht", verlangte der ÖVP-Europaabgeordnete Hubert Pirker weitere Änderungen. "Leider ist es derzeit unwahrscheinlich, dass Snowden sich angesichts seines unsicheren Aufenthalts in Russland auf eine Live-Befragung per Video einlässt", erklärt der deutsche Grün-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht.

Obama treibt Geheimdienstreform voran
US-Präsident Barack Obama treibt indes nach der massiven Empörung über die weltweiten Ausspähaktionen eine Beschränkung der Geheimdienste voran. Am Mittwoch traf er sich dazu mit den Geheimdienstchefs James Clapper und Keith Alexander sowie Justizminister Eric Holder und Vizepräsident Joe Biden. Sie gaben Auskunft zum bisherigen Stand der internen Überprüfung der Arbeit der Nachrichtendienste.

Voraussichtlich in der kommenden Woche will Obama in einer Grundsatzrede seine Reformpläne erläutern. Erwartet werden unter anderem strengere Auflagen für Lauschangriffe auf ausländische Spitzenpolitiker sowie das massenhafte Sammeln von Telefondaten. Allerdings verweisen die Dienste auch darauf, dass viele der von ihnen angewendeten Praktiken notwendig seien, um etwa Terroranschläge zu verhindern.

Das Treffen "war eine wichtige Gelegenheit für den Präsidenten, sich mit seinem Team direkt auszutauschen, bevor er endgültige Entscheidungen darüber trifft, wie mit den wichtigsten Programmen zur Sammlung von Geheimdienstdaten weiter verfahren wird", sagte die Sprecherin des Sicherheitsrats des Präsidialamts.

Verbesserungsvorschläge von Expertenkommission
Eine Expertenkommission hatte Obama im Dezember eine Liste mit 46 Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Bei einigen Punkten hat der Präsident, der an die Empfehlungen nicht gebunden ist, nach Angaben von Mitarbeitern Zustimmungen signalisiert. So sollen die Geheimdienste nicht mehr direkten Zugriff auf abgeschöpfte Telefondaten haben, sondern eventuell nur noch über private Unternehmen. Obama will außerdem sicherstellen, dass die Nachrichtendienste stärker auf Befürchtungen eingehen, dass ihre Arbeit Bürgerrechte wie den Schutz der Privatsphäre verletzen kann.

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