Republik verplant

Warum Österreich die Mandela-Trauerfeier schwänzte

Österreich
10.12.2013 15:30
Fast 100 Staats- und Regierungschefs haben am Dienstag offiziell Abschied von einem "Giganten der Geschichte" genommen, wie US-Präsident Barack Obama den verstorbenen südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela genannt hat. Die Liste der ausländischen Delegationen reichte von Afghanistan bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten. A wie Austria war hingegen nicht vertreten - aus Gründen, für die die politische Konkurrenz klare Worte von "beschämend" bis "peinlich" fand.

Bereits am Sonntag hatte mit Bundespräsident Heinz Fischer der erste Mann im Staat seine Teilnahme an der Trauerfeier abgesagt. Die laufenden Koalitionsverhandlungen würden ihn in Wien unabkömmlich machen, so seine Sprecherin Astrid Salmhofer. Die Gespräche befänden sich "im Endstadium", da war für eine Reise zu jener Veranstaltung, bei der laut den Organisatoren so viele Staatsoberhäupter wie noch nie zuvor in der Geschichte zusammenkamen, offenbar keine Zeit. Die Republik werde durch Botschafterin Brigitte Öppinger-Walchshofer vertreten, so die Sprecherin am Dienstag.

Fischer hat Zeit für Brandt, aber nicht für Mandela
Ins Ausland reist der Bundespräsident diese Woche dennoch: Am Mittwoch absolviert er laut seiner Kanzlei einen lange geplanten Termin im norddeutschen Lübeck, wo er bei den Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des deutschen Ex-Kanzlers Willy Brandt eine Rede halten soll. Immerhin war der 1992 verstorbene Brandt wie Mandela ein Friedensnobelpreisträger. In Lübeck will Fischer auch mit seinem deutschen Amtskollegen Joachim Gauck zusammentreffen.

Wenn das Staatsoberhaupt ausfällt, ist laut Protokoll die Nationalratspräsidentin dran. Doch auch Barbara Prammer hatte bereits einen unaufschiebbaren Termin. Laut ihrem Büro besuchte sie am Dienstag EU-Neuling Kroatien. Plan C, Bundeskanzler Werner Faymann, fiel aufgrund der zähen Verhandlungen mit Regierungs-Wunschpartner ÖVP ebenso aus wie Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger, bestätigten deren Sprecher am Dienstag ohne weitere Erklärungen. Blieb also Plan E, der Präsident der Bundesrats - aktuell ist das der SPÖ-Mann Reinhard Todt.

Selbst die vierte Wahl ist verplant
Der sagte zwar immerhin nicht ab, aber auch nicht wirklich zu - für die Trauerfeier im WM-Stadion von Soweto bei Johannesburg am Dienstag war er nämlich ebenfalls bereits verplant. Seine Abwesenheit tue ihm "sehr leid", so Todt in einer Erklärung, die öffentlich wurde, als die Zeremonie in Südafrika bereits in vollem Gang war und US-Präsident Obama gerade seine Rede beendete. Er, Todt, werde erst Mittwoch früh dort eintreffen. "Ich wäre viel lieber schon bei der Trauerfeier dabei gewesen" - er habe aber in Wien noch einen wichtigen Termin wahrnehmen müssen.

Dieser wichtige Termin war der Besuch des marokkanischen Senatspräsidenten Mohamed Cheikh Biadillah - ein "lange vorbereiteter Besuch", wie man sich zu betonen bemühte. Todt habe beschlossen, diesen noch wahrzunehmen, und sich dabei auch auf "Ratschläge von Diplomaten verlassen". Diese hätten darauf hingewiesen, dass der Bundesrat und der marokkanische Senat das gleiche Gewicht hätten. Seine "persönlichen Befindlichkeiten" hätten bei der Entscheidung keine Rolle zu spielen.

Österreich kondoliert erst nach der Feier
So sieht Österreichs Beitrag zum Abschied von Nelson Mandela so aus, dass der Bundesratspräsident am Mittwoch in Johannesburg gemeinsam mit Delegationen anderer Staaten am aufgebahrten Leichnam Mandelas vorbeidefiliert. Danach will er eine Botschaft der Republik ins Kondolenzbuch eintragen: "Ganz Österreich ist in diesen Tagen mit dem südafrikanischen Volk in Trauer verbunden."

Reaktionen: Von "beschämend" bis "peinlich"
Die Kritik an der Reiseunlust der höchsten Repräsentanten der Republik wurde am Dienstag immer lauter. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sah Bundespräsident Fischer in der Pflicht. Gerade Österreich, das schmerzhafte Erinnerungen an das vergangene Jahrhundert haben müsste, schicke "keine ordentliche Repräsentanz" nach Johannesburg. Diese geringe Wertschätzung sei "bedauerlich" und "beschämend". Eine mögliche Angelobung der neuen Regierung in dieser Woche könne man auch auf Montag verschieben.

Für BZÖ-Obmann Gerald Grosz hat sich Österreich "außenpolitisch abgemeldet". Grosz: "Ein österreichischer Bundespräsident, der sich Mandelas Begräbnisfeierlichkeit aufgrund eines Treffens mit dem deutschen Bundespräsidenten entzieht, mag bereits beschämend sein. Wirklich peinlich wird es, wenn der verdutzte TV-Zuseher dann eben diesen deutschen Amtskollegen bei der Verabschiedung in Südafrika in der ersten Reihe fußfrei sitzen sieht."

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