Giftgasangriff

Journalist: Weißes Haus verfälschte Syrien-Infos

Ausland
09.12.2013 12:03
Ein bekannter Journalist aus den USA wirft dem Weißen Haus vor, Informationen rund um den tödlichen Giftgasangriff in Syrien im August verfälscht zu haben. Seymour Hersh behauptet, die USA hätten die Schuld Syriens Diktator Bashar al-Assad zugeschoben, Hinweise auf Nervengasproduktion bei Rebellen aber zurückgehalten.

Der Pulitzerpreisträger Hersh ist in den USA bekannt für die Aufdeckung von Skandalen, so war er es etwa, der über die brutale Misshandlung von Gefangenen im US-Lager Abu Ghraib berichtete. Nun prangert er im Magazin "London Review of Books" erneut Verfehlungen der USA an.

Hersh zufolge kommen seine Informationen von einem früheren hochrangigen Mitarbeiter eines US-Geheimdienstes. Demzufolge "veränderte die Obama-Regierung die vorhandenen Informationen" rund um den Angriff mit dem tödlichen Nervengas Sarin in und um Damaskus im August, bei dem laut USA über 1.400 Menschen - darunter viele Kinder - starben.

Informationen erst später erhalten?
Das Weiße Haus habe es so aussehen lassen, als habe man die Informationen dazu sofort nach der Attacke erhalten und analysiert, so Hersh - dabei seien sie oft erst Tage später eingelangt. Der ehemalige Geheimdienstler sei deshalb höchst frustriert gewesen. In Wahrheit hätten die USA die Informationen genauso schnell erhalten wie die Bevölkerung, die durch Online-Fotos und -Videos auf den Giftgasangriff aufmerksam wurde.

Rebellen hätten Sarin herstellen können
Der noch schlimmere Vorwurf: Den US-Geheimdiensten sei schon im Mai bekannt gewesen, dass Mitglieder der Rebellgengruppe Al-Nusra Sarin herstellen und nützen könnten. Im Juni habe es deshalb sogar eine streng geheime Depesche an den stellvertretenden Leiter des US-Verteidigungsnachrichtendienstes Defence Intelligence Agency gegeben. Dennoch seien die Fundamentalisten nie öffentlich verdächtigt worden, die Attacke ausgeführt zu haben. Ob die Informationen in der Bürokratie stecken blieben oder absichtlich zurückgehalten wurden, lässt Hersh allerdings offen.

Kritik an UNO-Bericht und Medien
Auch den Medien macht Hersh Vorwürfe. Ein UNO-Bericht zum Thema sei zu wenig hinterfragt worden, so der Journalist. So sei etwa unzureichend berichtet worden, dass Munitionsexperten die beim Sarinangriff eingesetzten Raketen später als "improvisiert" bezeichneten und bezweifelten, dass sie von einer syrischen Armeebasis aus abgeschossen wurden, wie im UNO-Bericht vermutet.

Schwierige Spurensuche
Ob Hersh mit seinen Vorwürfen recht hat, könnte sich nie mehr ganz klären lassen. Doch der Fall erinnert an den Skandal um Ex-US-Präsident George W. Bush, dessen Regierung später zugeben musste, es habe nie Beweise für Atomwaffen im Irak gegeben - dabei hatten die als Rechtfertigung für den Krieg gegen Saddam Hussein hergehalten. Ein US-Angriff auf Syrien wurde bisher allerdings vor allem durch die russische Weigerung, eine UNO-Resolution mitzutragen, verhindert.

In Syrien haben die Giftgas-Vorwürfe gegen Assad - ob wahrheitsgemäß oder verfälscht - immerhin einen kleinen Fortschritt gebracht: Die Giftgasvorräte des Regimes sollen bis Mitte 2014 außer Landes gebracht und zerstört werden. Ob sich dies inmitten des Bürgerkriegs umsetzen lässt, bezweifeln Experten allerdings. Zudem verlangt Assad von den USA, die Vernichtung der Waffen zu bezahlen.

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