Live im Gasometer

Nick Cave lieferte Poesie im Sturm und Drang

Musik
25.11.2013 10:53
Nach dem superben Auftritt im Sommer beim Frequency in St. Pölten haben Nick Cave & The Bad Seeds am Sonntag im vollen Wiener Gasometer auch mit einer verlängerten Version ihres damaligen Programmes den Spannungsbogen intensiv gehalten. Während Cave hier zuletzt mit Grinderman ein (nicht minder erlebenswertes) akustisches Gemetzel veranstaltet hatte, lag diesmal Poesie im Sturm und Drang.
(Bild: kmm)

Der Opener "We No Who U R" vom aktuellen Studioalbum "Push The Sky Away" ist auch live der perfekte Einstieg: Vordergründig zärtlich, aber tiefgründig bedrohlich, ein düsterer Vorbote auf das, was noch kommen sollte. Um den von Cave fast gehauchten Refrain "And we know who you are, and we know where you live, and we know there's no need to forgive" schmiegte Multiinstrumentalist Warren Ellis, seit 1991 bei den Bad Seeds und zunehmend exaltiert, seine Flöte, um dann zur Gitarre zu wechseln.

Denn das nachfolgende "Jubilee Street" brauchte viel krachende Gitarren - vor allem im sich an Dramatik überschlagenden Finish. Langsam legte das Stück an Intensität zu, bis Cave vom Bühnenrand, wo er immer wieder tänzelte, die Hände emporreckte, den Kontakt zum Publikum suchte, zum Klavier ging und in die Tasten hämmerte, während Ellis in hohem Bogen ausspuckte, zwischendurch zur Geige griff und dieser teuflische Töne entlockte. Viele Konzerte sind in ihrer gesamten Länge nicht annähernd so unterhaltsam wie allein diese ersten beiden Nummern.

Harmonie im Krawall
Damit nicht genug: Richtig wild wurde es erst mit einem entfesselten "Tupelo", das krachte, schepperte, polterte, aufheulte und verstörte. Das sanfte Arrangement von "Mermaids", auch von der neuen LP, einem mystischen Seemannslied, einem bizarren Glaubensbekenntnis an 72 Jungfrauen, bildete den perfekten Kontrast zu solchen Ausbrüchen. Oder der bewährte "Weeping Song", zu dem man mitsingen und schunkeln konnte, zum Durchschnaufen gebracht, ehe mit dem Uraltsong "From Her To Eternity" bewiesen wurde, dass im Krawall durchaus Harmonie liegen kann.

Am Klavier sang Cave "West Country Girl" traurig-schön, um dann wenig später im grandiosen "Higgs Boson Blues" Miley Cyrus, Martin Luther King, Robert Johnson und die Frage nach der Existenz von Gott unterzubringen. Noch einmal gab sich die Band zu "The Mercy Seat" und vor allem bei "Stagger Lee" rasend, entfesselt und hitzig, ehe das geisterhafte "Push The Sky Away" den regulären Teil beendete.

Neues Live-Material
Am Freitag erscheint der Mitschnitt "Live From KCRW" auf CD und Vinyl. Bei der darauf dokumentierten Radio-Session haben Cave und Co. eine etwas andere Songliste präsentiert, sie aber mit einer ähnlichen Kraft interpretiert.

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