Live im Gasometer

Editors: Fröhliches Leiden hinter Rauchschwaden

Musik
09.10.2013 00:54
Die britische New-Wave/Indie-Pop-Institution Editors sorgte am Dienstag im Wiener Gasometer für einen Abend der Gegensätze. Zwischen den verletzlich-melancholischen Songs und einer fröhlich-offensiven Bühnenpräsenz feierte sich ein fanatisches Publikum in den Vordergrund.
(Bild: kmm)

Mit ihrem vierten Album "The Weight Of Love" heimsten sie im deutschsprachigen Raum zwar so gute Chartplatzierungen wie nie zuvor ein, in ihrer Heimat England blieben die Editors mit Platz sechs nach zwei Nummer-eins-Alben aber hinter ihren Erwartungen. Kein Wunder, dass die Briten auf ihrer nach dem neuen Album benannten Tour nur sehr vorsichtig auf das neue Material zurückgreifen und vergleichsweise wenig Songs daraus rezitieren. Das einprägsame "Sugar" erweist sich im gut gefüllten Wiener Gasometer dann aber doch als perfekter Startschuss für den kommenden Indie-Pop-Abend.

Band der Gegensätze
Bei wenigen Bands liegen Freud und Leid so nah beieinander wie bei den Editors. Auch in Wien sprechen die fragil-melancholischen Songs und die offensive Bühnenpräsenz des charismatischen Frontmanns Tom Smith nicht immer die gleiche Sprache. Hier der Herzschmerz-Indie-Pop-Rock mit den eindringlichen Gitarrenspuren und Synthie-Einsätzen, dort ein extrovertierter und stets fröhlich mit dem Publikum kommunizierender Sänger, dessen markanteste Verhaltensweisen die permanente Anwendung von Mimik und Gestik sind.

Die Bühne in ein fahles und nur selten angriffiges Licht getaucht, exerzieren die Editors ihre zahlreichen Hits am liebsten hinter dichten Rauchschwaden, die das Kathartische in der Musik visuell unterstützen. Die Briten sind eben anders als andere Indie-Bands, das manifestiert sich nicht zuletzt in den frappant hörbaren Parallelen zu den New-Wave-Urvätern Joy Division und Depeche Mode. Nicht nur die Rhythmus gebenden Synthies erinnern an die Legenden, auch Tom Smiths eindrucksvoll-impulsive Stimmlage ist Joy-Division-Sänger Ian Curtis ziemlich nahe.

Hit-Kanonaden aus dem Effeff
Während des Konzerts wird bewusst, wie viele Hits die Editors mittlerweile schon auf sich vereinen können. "You Don't Know Love", "An End Has A Start", das hervorragende "Bullets" und das noch intensivere "Munich" beweisen eindrucksvoll, dass die Briten längst in der A-Liga der Alternative-Musik spielen – auch wenn sie sich in den letzten Jahren etwas rar gemacht haben. Blickfänger des Abends ist natürlich Tom Smith, der sich nicht nur mit simplen Deutschkenntnissen ("Guten Abend Wien", "Dankeschön") beliebt macht, sondern seinen Sound auch wirklich auslebt und zu jeder Zeit das Gefühl von liebender Hingabe vermittelt.

Da bleibt genug Platz für intim-verletzliche Momente (die solo auf der Akustikgitarre dargebotene Version von "The Phone Book") und für Angriffslustigkeit ("Bricks And Mortar"). Ob mit Gitarre, am Piano oder nur am Mikrofon – der schlaksige Frontmann ist stets eine präsente Erscheinung, der das präzise Spiel seiner Mitmusiker qualitativ zu potenzieren weiß. Es ist schon irgendwie paradox, dass die Band nach vielen ausverkauften Touren und Millionen verkauften Alben noch immer in die "Insider-Geheimtipp"-Schublade gesteckt wird.

Musikalische Überraschungseier
Das Wiener Publikum jedenfalls weiß mit den Editors umzugehen, was auch mit anerkennendem Applaus und netten Worten seitens der Band quittiert wird. Im Laufe des Abends verschmelzen die Editors und die Zuseher nach eher statischem Beginn zu einer großen Einheit, die sich beim abschließenden, in einer Extended-Version gespielten Super-Hit "Papillon" zu einem einzigen großen Partypulk verwandelt. Plötzlich war sie wieder weg, die Verletzlichkeit, die man den Editors-Songs so gerne attestiert. Diese Band ist eben immer für Überraschungen gut.

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