Im UN-Sicherheitsrat

Veto-Mächte einigen sich auf Syrien-Resolution

Ausland
27.09.2013 07:15
Erstmals seit Beginn des Konflikts vor mehr als zwei Jahren haben sich die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat am Donnerstagabend auf einen Resolutionsentwurf zu Syrien geeinigt. Er öffnet zwar die Tür zu einem möglichen Militärschlag, wenn Machthaber Bashar al-Assad seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Allerdings müsste über die tatsächliche Anwendung von Gewalt gesondert abgestimmt werden. Der traditionelle Syrien-Verbündete Russland könnte dies im Sicherheitsrat dann mit einem Veto blockieren.

Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) mit Sitz in Den Haag soll die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen überwachen. Bevor in New York über die Resolution abgestimmt werden kann, muss ihr Exekutivrat den Text billigen. Eine Sitzung ist für Freitagabend angesetzt. Im Anschluss daran soll dann der UN-Sicherheitsrat über die Syrien-Resolution befinden, teilten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow (Bild) am Donnerstagabend in New York mit. Die OPCW will ihre Untersuchungen in Syrien spätestens am Dienstag beginnen.

Im Text des Resolutionsentwurfs wird der syrische Giftgasangriff vom 21. August "tief entsetzt" verurteilt, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Syrien müsse zudem seine Chemiewaffen hergeben und vernichten lassen. Sollte das Land den Forderungen der Resolution nicht nachkommen, wird mit militärischer Gewalt gedroht - wenn es wirklich so weit käme, müsste das Gremium allerdings noch einmal zusammenkommen und diese Konsequenz im Detail ausformulieren. In diesem Punkt habe sich laut Beobachtern Russland durchgesetzt, das seinem engen Verbündeten Syrien auf keinen Fall mit konkreten Strafmaßnahmen drohen wollte.

"Der Resolutionsentwurf ist ein Kompromiss"
"Der Text ist ein Kompromiss", sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin bezeichnete das Papier als "pragmatisch". Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle begrüßte die Einigung auf den Resolutionsentwurf. Jetzt könne es demnach schon in den nächsten Tagen für das Assad-Regime einen "präzisen Zeitplan für die Beseitigung seiner Chemiewaffe-Arsenale" geben. "Es wäre gut, wenn dieser Schritt in die richtige Richtung jetzt mit neuen Anstrengungen für eine politische Lösung und eine Genfer Konferenz der Bürgerkriegsparteien verknüpft werden könnte."

Der UN-Sicherheitsrat war seit Beginn des Konflikts in Syrien vor mehr als zwei Jahren völlig blockiert gewesen. Noch am Mittwoch hatte Russland die Darstellung westlicher Diplomaten zurückgewiesen, wonach sich die Veto-Mächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien bereits auf den Kern einer Resolution verständigt hätten. In der Vergangenheit hatten Russland und China mehrmals gegen Assad gerichtete Resolutionen mit ihrem Veto verhindert. Die USA werfen Assads Truppen vor, bei einem Giftgasangriff im August mehr als 1.400 Menschen getötet zu haben. Das mit Assad verbündete Russland sieht die Verantwortung dagegen bei den Aufständischen, die seit Frühjahr 2011 gegen die Regierung in Damaskus kämpfen.

Zeitung: Nervengas relativ leicht zu vernichten
Der größte Teil des Arsenals von syrischen Nervenkampfstoffen ist nach einem Bericht der "Washington Post" offenbar leichter zu vernichten als angenommen. Russische und amerikanische Beamte gingen davon aus, dass der Großteil des Arsenals aus nicht als Waffe einsetzbaren, flüssigen Vorläuferstoffen bestehe, die relativ schnell neutralisiert werden könnten, schrieb das Blatt online in der Nacht zum Freitag. Das mindere das Risiko, dass das Gift vom Regime versteckt oder von Terroristen gestohlen werden könnte.

Eine vertrauliche Einschätzung der USA und Russlands komme außerdem zu dem Schluss, dass das gesamte syrische Arsenal in etwa neun Monaten zerstört werden könnte, wenn das Regime mitspiele. Analysten gingen laut "Washington Post" davon aus, dass Syrien mehr als 1.000 Tonnen chemischer Waffen besitzt, davon etwa 300 Tonnen Senfgas. Der Rest seien Vorläuferstoffe.

Assad: Haben Wirksameres als Chemiewaffen
Indes teilte Assad mit, Syrien brauche keine Chemiewaffen, um Israel von einem Angriff abzuhalten. Sein Land verfüge bereits über weit bessere Waffen, die Israel von einem Augenblick zum anderen "blind" machen würden, meinte Assad am Donnerstag in einem Interview mit der libanesischen Zeitung "Al-Akhbar". "Wir haben 1.000 Tonnen Chemiewaffen, die zuerst eine Last für uns waren. Sie loszuwerden wäre sehr kostspielig gewesen und hätte Jahre gedauert, abgesehen von den Umwelt- und anderen Problemen, die gelöst werden müssten. Lasst sie kommen und sie mitnehmen", sagte Assad zum US-russischen Übereinkommen zu den syrischen Chemiewaffen.

Die Chemiewaffen seien jedoch nie das Ziel gewesen. "Sie wollten das Machtgleichgewicht verändern und Israel schützen", so Assad. Allerdings verfüge Syrien jetzt über weit wirksamere Waffen. Chemiewaffen seien in den 1980er-Jahren angesichts der israelischen Atombewaffnung produziert worden. Heute stellten sie jedoch kein Abschreckungsmittel mehr dar. "Wir haben Abschreckungswaffen, die wichtiger und ausgeklügelter sind, um Israel entgegenzutreten, das wir in einem Augenblick blind machen können." An einen US-Angriff glaubt Assad übrigens nicht. US-Präsident Barack Obama sei zögerlich und schwankend: "Er ist zu schwach, um eine Aggression gegen Syrien zu starten."

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