"Rütteln" an Käfig

Gefangene Atome erzeugen Strom aus Wärme

Wissenschaft
23.09.2013 12:21
Es gibt Materialien, die Wärme direkt in elektrischen Strom umwandeln können. Diese Thermoelektrika gelten als eine der Energiehoffnungen für die Zukunft. An der Technischen Universität Wien wurde nun ein neues, deutlich effektiveres thermoelektrisches Material hergestellt. Die Wissenschaftler sperrten dazu Cer-Atome in Atom-Käfige. Das ständige Rütteln der "Gefangenen" an ihrem Käfig ist für die besonders guten Eigenschaften des neuen Materials verantwortlich.

Kristallverbindungen, bei denen einzelne Fremdatome in von Wirtsatomen gebildeten Hohlräumen eingeschlossen sind, werden Clathrate genannt. Die Eigenschaften solcher Materialien hängen von der Wechselwirkung der "Gefangenen" mit ihrem Gitterkäfig ab. "Wir hatten daher die Idee, Cer-Atome in die Käfige einzusperren, weil ihre magnetischen Eigenschaften ganz besondere Arten von Wechselwirkungen erwarten ließen", erklärte Silke Bühler-Paschen vom Institut für Festkörperphysik der TU Wien in einer Aussendung.

Bisherige Versuche, magnetische Atome in solchen Strukturen "gefangen" zu nehmen, scheiterten. Mithilfe eines ausgeklügelten Kristallzuchtverfahrens gelang es aber Andrey Prokofiev, einem Mitarbeiter Bühler-Paschens, die zur Gruppe der Seltenen Erden gehörenden Cer-Atome in ein Material - bestehend aus Barium, Silizium und Gold - einzusperren. Ein Cer-Atom ist dabei von einem Käfig aus 20 Atomen umschlossen, erklärte Bühler-Paschen.

"Rütteln" erzeugt Wechselwirkung
Durch das ständige "Rütteln" der Atome in ihrem "Gefängnis" kommt es zu einer Wechselwirkung zwischen dem magnetischen Moment der Cer-Atome mit freien Elektronen, die sich auf den Käfigen bewegen können. "Durch thermische Anregung schwingen die Cer-Atome in ihren Käfigen sehr stark, und umso stärker, je höher die Temperatur ist – dies erhöht diese Wechselwirkung und damit auch die Thermokraft", sagte die Physikerin.

Verbindet man nun ein solches Material mit einem heißen und einem kalten Objekt, entsteht ein Wärmefluss zwischen warmer und kalter Seite. Dadurch baut sich eine Spannung in dem Thermoelektrikum auf, die man nutzen kann - "und das macht dieses Material besser als andere", so Bühler-Paschen. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass durch die eingesperrten Cer-Atome eine um 50 Prozent höhere Spannung erzielt werden kann als bei Referenzmaterialien ohne Seltene Erden.

"Alles passt zusammen"
Das Schwingen der Cer-Atome in ihrem Käfig bringt einen weiteren Vorteil: Dadurch hat das an der TU entwickelte Material eine sehr geringe thermische Leitfähigkeit. Daher gleicht es den Temperaturunterschied zwischen warmer und kalter Seite kaum aus, was Voraussetzung für eine hohe Spannung ist. "Das Schöne an dieser Verbindung ist, dass alles zusammenpasst. Sonst ist das bei Thermoelektrika nie der Fall, da konkurrenziert alles", sagte Bühler-Paschen. Die Wissenschaftler haben das neue Material und dessen Herstellungsverfahren zum Patent angemeldet und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Nature Materials" veröffentlicht.

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