"Wetterfrösche"

Meinungsforscher als heimliche Stars im Wahlkampf

Österreich
15.09.2013 09:47
Sie sind die heimlichen Stars im Wahlkampf. Nach jedem TV-Auftritt der Politiker erklären sie uns den vermutlichen Eindruck der Menschen. Sind Sophie Karmasin & Co. nur Meinungsforscher oder auch Meinungsmacher? Die "Krone" hat mit den "Wahl-Wetterfröschen" gesprochen.

Nach den Wahlkampfduellen stehen Meinungsforscher und Politologen vor laufenden Kameras im Scheinwerferlicht. Müssen auf Knopfdruck Auftreten, Aussagen und Glaubwürdigkeit der Kontrahenten kommentieren, analysieren. Möglichst ohne Schweißperlen auf der Stirn, ohne Versprecher, fahrige Bewegung. Natürlich garnieren die "Wahl-Wetterfrösche" ihre Stellungnahmen oft mit Prognosen.

Aber Wahltag ist Zahltag: Nicht nur für Parteien, die in der Wählergunst sinken, sondern auch für Analytiker, deren Wahlprognosen nicht eintreten. Gegen diesen Vorwurf, der nach jedem Wahlabend erhoben wird, wehren sich die Meinungsforscher: "Wir arbeiten hart, sachlich, ohne Parteibrille. Aber die Umfragedaten werden ungenau veröffentlicht: ohne Aussagekraft, Schwankungsbreiten usw."

Thomas Hofer: Die neue Generation
Tricks? Fouls? "Dieser Wahlkampf ist fairer als frühere", räumt Thomas Hofer, Politikberater, Journalist, Buchautor ("Die Tricks der Politiker") ein. "Es gibt bisher keine dreckigen Kampagnen ("Dirty Campaigning")" 2004 etwa wurde dem Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger auf Flugblättern unterstellt, "seine Frau zu prügeln". 2005 bekamen die steirischen Wähler zu hören, dass sie ja nicht Franz Voves wählen sollten, "weil er ein Faulpelz sei, der nix hackelt".

Also, diesmal, wie gesagt, keine dreckigen Kampagnen, aber sehr wohl negative, analysiert Hofer: Wenn etwa die ÖVP auf Plakaten gegen eine "Faymann-Steuer" protestiert und damit suggeriert, dass die SPÖ die Steuern erhöhen will. Oder wenn die SPÖ eine unglückliche Aussage dazu hochstilisiert, dass die ÖVP einen Zwölf-Stunden-Arbeitstag anpeilt.

Sophie Karmasin: Die Analytikerin
Motivforscherin Sophie Karmasin kommentiert mit ihrem Kollegen Peter Filzmaier die Wahlkampfduelle im ORF. "Wir sehen uns die Auseinandersetzungen auf dem Bildschirm im Newsroom am Küniglberg an", erzählt sie. Dann geht es ab in die "ZiB 2" vor Scheinwerfer. Kameras, Hunderttausende Zuseher. Alles live. Da merkt man Karmasin schon an, wie angespannt, konzentriert sie ist. Kein Wunder: Jedes Wort wird auf die Waagschale gelegt.

Herzklopfen? "Ja, schon", gesteht sie offen ein. "Peter Filzmaier sagt mir immer, er hat keines. Das wundert mich." Ob sie sich schon einmal versprochen, verhaspelt hat? "Ja, sicher, sicher." Das ist doch ein menschlicher, sympathischer Zug, gebe ich zu bedenken. "Ja, aber hoffentlich nicht zu oft", lacht Karmasin. So einen Stress, eine Nervenanspannung vor der Kamera muss man erst verarbeiten. "Ehrlich gesagt, ich schlafe danach nicht so gut", räumt die Motivforscherin ein. Aber am nächsten Morgen sind alle beim Frühstück versammelt: Mann, Kinder. Sie dürfen am Abend fernsehen, sagen: "Mutti ist super."

Peter Filzmaier: Der Showstar
Peter Filzmaier hat die Gabe, auf noch so komplexe Fragen ansatzlos antworten zu können. Ein Schnelldenker, ein Blitzgneißer, würde Toni Polster sagen. Für Filzmaier gibt es zwei Wahlszenarien: Frank Stronach kommt statt dem BZÖ in den Nationalrat, das BZÖ bleibt trotz Stronach. Und die Neos schaffen auch den Einzug ins Hohe Haus. Dann muss man eine Dreier-Koalition andenken, die sehr schwierig wird, weil nicht jede rechnerisch mögliche Variante politisch machbar ist. So ist etwa Rot-Blau, Grün-Blau oder Blau-Orange derzeit undenkbar.

Wolfgang Bachmayer: Der Doyen
Wolfgang Bachmayer, der Doyen der österreichischen Meinungsforscher (OGM), wiederum glaubt, dass die Zeit der charismatischen Politiker, wie Figl, Raab, Kreisky usw., vorbei ist:. "Naja, wenn man an die Spitzenkandidaten der Regierungsparteien in diesem Wahlkampf denkt, ist das schon zutreffend", erklärt Bachmayer. Er ist gegen "inflationäre Sonntagsfragen", die "Sau durch das Wahl-Dorf zu treiben". Und er hat gegen sogenannte charismatische Politiker so seine Bedenken. Etwa gegen Karl-Heinz Grasser. "Heute sind, wie die Wahltags-Ergebnisse zeigen, eher graue Mäuse gefragt. Fachleute, die mit den Mühen der Ebene, dem Handwerk vertraut sind."

In diesem Wahlkampf konzentriert sich alles auf die TV-Duelle. Der konventionelle Wahlkampf auf den Straßen gehört der Vergangenheit an. Die Zukunft gehört, so Bachmayer, dem Online-Wahlkampf. Da gibt es den Kontakt zu den Bürgern nicht physisch, sondern virtuell: durch Twitter, Facebook usw. Aber die Hausbesuche von Funktionären bei potenziellen Wählern haben damit noch lange nicht ausgedient.

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