Bohrkerne analysiert

Globale Erwärmung setzt auch Gletscherinnerem zu

Wissenschaft
11.09.2013 09:12
Die globale Erwärmung setzt den Gletschern nicht nur an ihrer Oberfläche, sondern auch in ihrem Inneren zu. Zu diesem Schluss sind Wissenschaftler nach zwei Jahren Forschungsarbeit am Ortler (Bild), dem höchsten Gletscher Südtirols und der Ostalpen, gekommen.

Experten hatten 2011 an der Ortlerspitze auf 3.859 Metern Meereshöhe Eisbohrkerne aus bis zu 75 Metern Tiefe entnommen und analysiert. Die Proben, die unter anderem in den Laboren des Byrd Polar Research Centers der amerikanischen Universität Ohio sowie an den Universitäten von Venedig und Innsbruck untersucht wurden, zeigten, wie sich die Erwärmung der Atmosphäre auf das Innenleben des Gletschers auswirkt, hieß es in einer Aussendung der Europäische Akademie Bozen (Eurac) zu den ersten Zwischenergebnissen.

"Große Veränderungen im Inneren"
"Unsere Studien haben gezeigt, dass die Gipfelkappe des Ortlers zwar noch von einer beträchtlichen Schneemenge bedeckt ist. Doch die intensive globale Erwärmung, deren Auswirkung auf die Gletscheroberflächen bereits in den vergangenen 30 Jahren beobachtet worden ist, verursacht auch große Veränderungen im Inneren des Gletschers", erklärt Paolo Gabrielli vom Byrd Polar Research Center in Columbus im US-Bundesstaat Ohio. Im Sommer schmelze der Schnee an der Oberfläche. Dabei sickere das Wasser bis in das Innere des Gletschers, und die Gipfelkappe des Ortlers gehe vom sogenannten kalten Zustand in einen "temperierten", also gemäßigten Zustand über, so der Forscher.

Auch die tieferen Schichten des Gletschers, die sich vor den 1980er-Jahren bei den damals noch tieferen Temperaturen gebildet haben, näherten sich immer mehr der Schmelztemperatur an, so Gabrielli: "Die Analyse der Eisbohrkerne aus dem Ortler gibt uns Hinweise darauf, dass es kein vergleichbares Phänomen in den vergangenen Jahrhunderten - möglicherweise sogar Jahrtausenden - gegeben hat. Jetzt müssen wir noch herausfinden, wann die Grundschichten des Ortlers den Schmelzpunkt erreichen werden und welche Folgen daraus für den höchsten Gletscher Südtirols und der Ostalpen entstehen."

Radioaktive Schicht in 41 Metern Tiefe
Zudem entdeckten die US-Forscher in den Eisbohrkernen, die aus einer Tiefe von 41 Metern stammten, eine leicht radioaktive Schicht. Diese Anomalie sei auch an anderen Gletscherbohrstellen weltweit festgestellt worden und sei auf das Jahr 1963 zurückzuführen. Laut den Experten deutet die Radioaktivität auf jenen Zeitraum hin, in dem häufig Nukleartests in der Atmosphäre durchgeführt wurden. Das habe sich für die Datierung der Eisbohrkerne als nützlich erwiesen, hieß es.

Darüber hinaus fanden die Forscher ein in frühgeschichtlicher Zeit durch den Wind in die Höhe getragenes Blatt eines Nadelbaums. Dieses wurde mittels der C14-Methode, der Radiokohlenstoffdatierung, analysiert und die Wissenschaftler erhielten so einen ersten Hinweis auf das Alter der untersten Schichten des Ortlergletschers: Diese sind möglicherweise 2.664 Jahre alt und gehen somit bis auf die Eisenzeit zurück, hieß es.

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