Gab es "Todesliste"?

OÖ: Mordprozess nach Polizeiaktion in Guatemala

Österreich
10.09.2013 14:37
In Ried im Innkreis hat am Dienstag der Prozess gegen den ehemaligen guatemaltekischen Polizeidirektor Javier Figueroa begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm die Beteiligung an sieben Morden in einem Gefängnis in seinem Heimatland vor. Der 42-Jährige, der schwer bewacht, aber lächelnd im Verhandlungssaal erschien, bekannte sich nicht schuldig. Ein Urteil wird für 8. Oktober erwartet.

Es geht um einen Einsatz in der Haftanstalt Pavon. Diese stand unter der Eigenverwaltung der über 1.000 Gefangenen und galt als "Staat im Staat". Nach mehreren misslungenen Versuchen, sie wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen, wurde am 25. September 2006 eine große Aktion mit Hunderten Beteiligten von Polizei, Militär und Strafvollzug gestartet, bei der mehrere Gefangene starben.

Existierte "Todesliste" bei Einsatz in Gefängnis?
Die Anklage geht davon aus, dass es neben dem offiziellen Einsatzplan noch einen Parallelplan gab: Anhand einer "Todesliste" sollten demnach bestimmte Rädelsführer ausfindig gemacht und aus dem Verkehr gezogen werden. Figueroa habe davon gewusst und den Plan gefördert, so der Vorwurf. Die Häftlinge seien gezielt hingerichtet und der Tatort im Nachhinein manipuliert worden. Es sollte aussehen, als ob die Gefangenen Widerstand geleistet hätten und im Kampf getötet worden seien, erklärte die Staatsanwältin.

Auslieferung an Guatemala abgelehnt
Figueroa kam 2007 mit seiner Familie nach Österreich und bekam Asyl. Der studierte Arzt arbeitete im Innviertel als Altenpfleger. Als die Vorwürfe gegen ihn laut wurden, lehnte das Oberlandesgericht Linz eine Auslieferung nach Guatemala ab, weil kein faires Verfahren zu erwarten sei. Stattdessen wird ihm nun in Ried der Prozess gemacht. Seit Dezember 2011 sitzt er in Untersuchungshaft.

"Ich habe mir Feinde gemacht"
Im Prozess schilderte der 42-Jährige - wortreich und mit zahlreichen Bildern unterlegt - seinen Werdegang. Er hatte demnach für seinen langjährigen Freund, einen damaligen Polizeidirektor, ein Projekt im Polizeispital geleitet. Weil die Verantwortlichen zufrieden gewesen seien, sei er zum Subdirektor für kriminalistische Ermittlungen ernannt worden. Er war damit u.a. für DNA-Analysen und Forensik zuständig und direkt dem Polizeichef und dem seinerzeitigen Innenminister bzw. deren Stellvertretern unterstellt. In seiner Tätigkeit sei er immer wieder auf Korruption in der Polizei gestoßen, schilderte Figueroa. Geld sei gestohlen worden, manche Beamte hätten mit Drogen und Entführungen zu tun gehabt. "Ich habe mir Feinde gemacht."

Fall umfasst rund 10.000 Aktenseiten
Am Mittwoch soll Figueroa zu den Geschehnissen in Pavon gehört werden. Insgesamt sind zwölf Prozesstage anberaumt, das Geschworenengericht muss sich durch einen 10.000 Seiten starken Aktenberg und über 50 Stunden Videoeinvernahmen arbeiten. Die Staatsanwaltschaft baut auf die Arbeit einer von der UNO eingesetzten Sonderkommission auf, die international tätig ist. Unter anderem laufen in der Schweiz und in Spanien Verfahren gegen den Polizeichef und den damaligen Innenminister.

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