US-Angriff vertagt

Assad feiert Obamas “historischen Rückzieher”

Ausland
01.09.2013 20:32
Jubelstimmung bei Syriens Führung: Das Regime von Machthaber Bashar al-Assad hat die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, einen Militärschlag zu vertagen, am Sonntag als "historischen Rückzieher" gefeiert. Die syrische Opposition zeigte sich hingegen "enttäuscht" über die Entscheidung, und in Israel wird der Aufschub eines Angriffs als Zeichen der Schwäche der USA gewertet. Die Untersuchung der von den UNO-Chemiewaffenexperten gesammelten Proben soll indes am Montag starten.

Nachdem es bis zuletzt so ausgesehen hatte, als ob ein militärisches Eingreifen der USA in Syrien unmittelbar bevorstünde, ist seit Samstag doch alles anders. Ein Militärschlag wurde vorerst aufgeschoben. Während sich die syrische Opposition nun im Stich gelassen fühlt, triumphiert das Assad-Regime. "Obama hat gestern direkt oder durch Implikation den Beginn des historischen amerikanischen Rückziehers verkündet", hieß es am Sonntag in einem Kommentar auf der Titelseite der amtlichen syrischen Tageszeitung "al-Thaura".

Assad selbst zeigte sich betont kämpferisch. Syrien sei in der Lage, sich gegen einen Angriff aus dem Ausland zu wehren, zitierte das staatliche Fernsehen den Präsidenten. Der drohende Militärschlag der USA ändere nichts an den Prinzipien des Landes. Auch der Kampf gegen "Terroristen", die von einigen Ländern der Region sowie den USA unterstützt würden, würde nicht gestoppt.

Obama als zögernder Weltpolizist
Obama hatte am Samstag erklärt, er sei zu dem Schluss gekommen, als Reaktion auf einen Giftgaseinsatz gegen Zivilisten gegen das Assad-Regime militärisch vorzugehen. Vor einem Militärschlag solle aber das US-Parlament um Zustimmung gebeten werden. Damit ist der Angriff zumindest für die nächsten Tage abgewendet, weil der Kongress erst nach der Sommerpause ab dem 9. September über den Antrag des Präsidenten entscheiden will.

Zwei Schritte zurück: So interpretieren Beobachter die Entscheidung. Denn eine Zustimmung der Abgeordneten für einen Angriff ist nach US-Verfassung gar nicht nötig - und vor allem alles andere als sicher. Kritiker meinen, mit der Einbeziehung des Kongresses schwächt sich Obama zudem nicht nur selbst, sondern auch seine Nachfolger. Doch der Präsident will die Verantwortung nicht allein tragen - weder für einen Militärschlag noch für Untätigkeit.

In Frankreich, wo sich der sozialistische Präsident Francois Hollande klar an die Seite Obamas gestellt hatte und einen Militärschlag unterstützt, wurden jetzt auch Forderungen nach einem Parlamentsvotum laut. Innenminister Manuel Valls betonte am Sonntag, dass Paris jedenfalls die Entscheidung des US-Kongresses abwarten werde. "Frankreich kann das nicht alleine machen", sagte Valls dem Radiosender "Europe 1". "Wir brauchen eine Koalition."

Aufschub weckt in Israel Zweifel an US-Stärke
In Israel weckt Obamas "Kehrtwende" tiefe Zweifel an der Ernsthaftigkeit der USA, des wichtigsten Verbündeten und Beschützers. Sie sehen die Entscheidung zu Syrien vor allem als gefährliche Botschaft an andere Schurkenstaaten wie Nordkorea und den Iran. Sollten die USA nach dem Giftgasangriff in Damaskus am 21. August doch nicht gegen die syrische Führung vorgehen, könnte dies ihrer Ansicht nach fatale Folgen für die gesamte Weltordnung haben - Diktatoren könnten zu dem Schluss gelangen, dass sie Massenvernichtungswaffen ungestraft einsetzen können.

Offiziell wollten sich israelische Regierungsvertreter am Sonntag zwar nicht äußern, hinter verschlossenen Türen hätten Repräsentanten Israels jedoch "fassungslos" auf den überraschenden Schritt reagiert, schrieb die israelische Zeitung "Yedioth Ahronoth". Er werde einen Angriff auf das feindliche Syrien zumindest deutlich verzögern.

Putin sieht sich durch Entscheidung bestätigt
Russland fragt sich unterdessen, ob die Warnungen vor einer westlichen Militärintervention endlich Gehör gefunden haben. Kremlchef Wladimir Putin will auch beim G20-Gipfel in St. Petersburg mit den Staats- und Regierungschefs über Syrien sprechen. Schon vor seinem Treffen mit Obama am Finnischen Meerbusen appellierte er, der US-Kollege möge sich an seinen Friedensnobelpreis erinnern, an die möglichen neuen Kriegsopfer denken und auf ein Eingreifen verzichten. Der Kremlchef bezeichnete es als "absoluten Unfug" und "unlogisch", dass Assad, ein enger Verbündeter Russlands, Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt haben soll.

USA haben laut Kerry Beweise für Sarin-Einsatz
US-Außenminister John Kerry erklärte indes am Sonntag in einem Interview mit dem Nachrichtensender NBC, die USA hätten nun Beweise, dass bei dem Giftgasangriff am 21. August der Nervenkampfstoff Sarin eingesetzt wurde. Man habe entsprechende Proben erhalten und diese positiv auf das Giftgas getestet. "Haar- und Blutproben sind positiv auf Spuren des Nervengases Sarin getestet worden", so Kerry im TV. Die Proben, die unabhängig von jenen, die UNO-Chemiewaffeninspektoren gesammelt hätten, seien, wurden dem Minister zufolge nach dem Anschlag am 21. August im Osten der Hauptstadt Damaskus von medizinischem Personal zur Verfügung gestellt.

UNO-Proben werden ab Montag untersucht
Die von den UNO-Experten gesammelten Proben werden ab Montag untersucht. "Morgen wird damit begonnen, die Proben in die Labors zu bringen", sagte UNO-Sprecher Martin Nesirky am Sonntag in New York. Zwei syrische Beamte sollten bei der Untersuchung anwesend sein. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon habe den Leiter des Inspektionsteams, Ake Sellström, in einem Telefongespräch am Sonntagmorgen erneut zur Eile gedränt, so Nesirky. Die beiden hätten darüber gesprochen, welche Möglichkeiten es zur Beschleunigung des Untersuchungsprozesses gebe, sagte der UN-Sprecher.

Papst Franziskus ruft zum Fastentag für Syrien auf
Papst Franziskus rief am Sonntag zu einem weltweiten Fastentag am kommenden Samstag für den Frieden in Syrien auf. Die Welt brauche Gesten des Friedens, sagte er beim Angelus-Gebet am Petersplatz. "Nie wieder Krieg. Wir wollen dass in dieser von Spaltungen und Konflikten belasteten Welt der Frieden einkehrt." Der Pontifex richtete seinen Appell explizit nicht nur an die Katholiken. Auch Menschen, die nicht der katholischen Kirche angehören, sollen sich dem Gebets- und Fastentag anschließen, sagte er.

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