Nach Chaos-GP

F1-Piloten erwägen Streik bei Rennen am Nürburgring

Sport
01.07.2013 13:45
Die Formel-1-Stars hat vor dem Deutschland-Rennen die nackte Angst um Leib und Leben gepackt. Die Reifenplatzer von Silverstone verunsichern Fahrer und Teams zutiefst und haben sogar eine Debatte um einen Boykott des Gastspiels auf dem Nürburgring am Sonntag entfacht. "Das ist einfach nicht akzeptabel. Sie machen erst etwas, wenn jemand verletzt wird", schimpfte Mercedes-Pilot Lewis Hamilton.

Die FIA berief eine Krisensitzung für Mittwoch ein, Präsident Jean Todt drängte Pirelli zu schnellen Lösungen. Ändert sich bis zum Wochenende nichts, könnten die Fahrer sogar streiken. "Darüber werden wir ganz sicher diskutieren", sagte Ferrari-Pilot Felipe Massa. Mark Webber beschrieb das beängstigende Geschehen beim britischen Grand Prix als "russisches Roulette". Die spektakulären Reifenplatzer und die Ratlosigkeit über die Ursachen hätten fast zum Rennabbruch geführt. "Ziemlich dicht davor" sei er gewesen, verriet FIA-Renndirektor Charlie Whiting.

Rosberg: "Es geht um das Leben der Fahrer"
Lange war die Debatte um die empfindlichen Pirelli-Pneus in dieser Saison ein Machtspiel zwischen den Teams, die besser oder schlechter mit den Gummimischungen zurechtkommen. "Jetzt aber geht es um die Gesundheit und das Leben der Fahrer. Natürlich war das riskant", sagte Silberpfeil-Pilot Nico Rosberg. Sein Sieg vor Webber und Fernando Alonso geriet fast zum Randaspekt inmitten des hochbrisanten Reifenstreits. "Die müssen das analysieren, denn so etwas ist nicht gut für die Formel 1", fügte Rosberg hinzu.

Pirelli: "Haben etwas gesehen, dass wir nicht verstehen"
Doch was kann Pirelli bis zum Freitagstraining wirklich verändern? "Wir haben etwas gesehen, dass wir nicht verstehen", bekannte Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery und beteuerte: "Wir nehmen das Thema sehr ernst." Das italienische Unternehmen aber ist keineswegs der Alleinschuldige an dem Desaster. Der neue Reifen mit höherem Verschleiß wurde ausdrücklich auf Wunsch der Formel 1 zur Verbesserung der Show eingeführt.

Lotus, Ferrari und Force India lenken ein
Als sich zu Saisonbeginn die Pannen und Klagen häuften, bot Pirelli Änderungen an. Doch Lotus, Ferrari und Force India, deren Autos gut mit den Reifen zurechtkommen, blockierten eine Reform. Diese Teams haben ihren Widerstand inzwischen aufgeben. "Wenn es zu einer Frage der Sicherheit wird, dann werden wir nicht das Wohlergehen der Leute wegen eines technischen Details riskieren", sagte Force-India-Vizeteamchef Bob Fernley am Montag. Ähnlich äußerten sich die Teamchefs von Ferrari und Lotus.

Newey: "Teams haben ihr Veto dagegen eingelegt"
Red-Bull-Cheftechniker Adrian Newey: "Pirelli hat eine Lösung angeboten, die ursprünglich für Montreal angeboten worden war. Zwei oder drei Teams haben ihr Veto dagegen eingelegt, weil sie besorgt waren, dass sie für andere Teams besser als für sie selbst passen würden, und als Ergebnis dieser Kurzsichtigkeit sind wir jetzt so weit, dass die Formel 1 diese besorgniserregende Performance wie diesmal abliefert und Bedenken über die Sicherheit der Fahrer hat." Aus seiner Sicht wäre es mit einer anderen Reifenkonstruktion nicht zu derart katastrophalen Pannen gekommen, so Newey.

Wolff: "Wir müssten uns alle fremdschämen"
Als Pirelli einen Privattest mit Mercedes fuhr, um Lehren aus den Problemen mit den Gummiwalzen zu ziehen, reagierten Red Bull und Ferrari mit einer Anzeige bei der FIA. Der Verband sprach Verwarnungen wegen des Verstoßes gegen das Testverbot aus und schloss Mercedes vom Nachwuchsfahrertest Mitte Juli aus. "Wir müssten uns alle fremdschämen. Das hat der gesamten Formel 1 geschadet", befand Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nun zum Streit der vergangenen Wochen.

Lauda: "Dann reißt es dir das Genick ab"
Die Krise ist also wieder mal hausgemacht - und jetzt ist es bitterernst. "Ich hatte richtig Angst", gestand sogar der eher hartgesottene Spanier Alonso. Via Twitter veröffentlichte der WM-Zweite eine TV-Aufnahme von einem fliegenden Reifenteil, das sich bei 288 Stundenkilometern direkt vor ihm vom McLaren des Mexikaners Sergio Perez gelöst hatte. "Ich hatte Glück, es hat mich um einen Zentimeter verpasst", sagte Alonso. "Wenn dir das ins Gesicht oder auf den Sturzhelm fällt, reißt es dir das Genick ab", warnte RTL-Experte Niki Lauda. "Wir riskieren unser Leben, und wenn das wieder passiert, wollen wir nicht, dass jemand stirbt", so Perez.

Horner: "Schlage vor, wir kehren zu den alten Reifen zurück"
Unter enormem Druck trifft sich nun die Sport-Arbeitsgruppe der Formel 1 am Mittwoch auf der Suche nach einem Ausweg. "Ich würde vorschlagen, wir kehren zu den alten Reifen zurück, die diese Schäden nicht hatten. Das Problem ist, dass bestimmten Teams dann vorgeworfen wird, sie wären auf einen Vorteil aus", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Wir müssen alle zusammenhalten. Jetzt geht es nicht mehr um irgendeinen Vorteil, sondern nur noch um die Sicherheit", betonte Mercedes-Manager Wolff und meinte: "Pirelli hat Lösungen in der Schublade."

Auch Mercedes-Aufsichtsratschef Lauda sieht es ähnlich und fordert die Fahrer dazu auf, die Initiative zu ergreifen. "Die Fahrer sollten einen Brief schreiben, weil sie am stärksten betroffen sind, und Bernie muss miteinbezogen werden, um Pirelli zu sagen, dass wir bis Budapest einen anderen Reifen brauchen. Schlimmstenfalls sollten sie den Vorjahresreifen bringen, wenn sie das technische Problem nicht lösen können. Und das muss passieren. Bis Deutschland kann man nichts tun", so Lauda.

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(Bild: KMM)



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