"Sumsi-Aktionismus"

Nationalrat sieht beim Bienensterben gelb-schwarz

Österreich
15.05.2013 08:28
"Sumsi-Aktionismus" im Nationalrat: Mit Transparenten und Plüschbienen hat die Opposition am Dienstag Stimmung gegen Umweltminister Niki Berlakovich gemacht. Sie sprach dem Ressortchef im Rahmen einer Sondersitzung geschlossen das Misstrauen aus, was aber nichts nützte, da die Koalition ihm die Stange hielt. Am Mittwoch befasst sich der Land- und Forstwirtschaftsausschuss mit dem emotional aufgeladenen Thema. Für Aufregung sorgt indessen ein mutmaßliches "Schweigegeld"-Angebot der Landwirtschaftskammer an die Imker.

Das seit Wochen heiß diskutierte Bienensterben war auch Hauptinhalt der Sondersitzung des Nationalrats. Thematisch passend erschien Nationalratspräsidentin Barbara Prammer in schwarz-gelbem Outfit. Die Grünen trugen T-Shirts mit dem Spruch "Ohne Biene gehen wir Maja", auf Transparenten war "Summ, Summ, Summ, der ÖVP-Minister bringt unsere Bienen um" zu lesen. Mit Plüschbienen, Insektensprays, Gift-Inseraten und Honigtöpfen als Hilfsmittel (siehe weitere Bilder) schossen sich die Oppositionsparteien zudem auf den ins Visier geratenen Minister ein.

Opposition präsentiert lange Liste der Verfehlungen
Die Opposition legte im Rahmen der Sondersitzung eine lange Liste vermeintlicher Verfehlungen des Ministers vor. Angeprangert wurde etwa, dass Berlakovich mit aller Kraft die Interessen der Chemieindustrie verteidige, anstatt dem Bienensterben Einhalt zu gebieten. Ferner wurde ihm unter anderem attestiert, in der Debatte um die falsche Erfassung von Almflächen versagt zu haben sowie eine indiskutable Fluglärmverordnung zu verantworten. Schließlich wurde Berlakovich mit Blick auf Erkenntnisse des parlamentarischen U-Ausschusses vorgehalten, mit seinem Ministerium ÖVP-Vorfeldorganisationen, speziell im Umfeld des Bauernbunds, zu finanzieren.

In einer Dringlichen Anfrage wollte die FPÖ außerdem die genauen Gründe für das Abstimmungsverhalten des Landwirtschaftsministers auf EU-Ebene bezüglich des Einsatzes von möglicherweise bienenschädigenden Neonicotinoiden in Erfahrung bringen. Im Hintergrund schwang die Vermutung der FPÖ mit, dass die Hersteller der Pestizide durch Zahlungen das Stimmverhalten des Ministers beeinflusst haben könnten.

Berlakovich weist sämtliche Vorwürfe strikt zurück
All diese Vorwürfe wurden von Berlakovich erwartungsgemäß heftig zurückgewiesen. Gleichzeitig machte er darauf aufmerksam, dass in Deutschland das Bienensterben genauso ausgeprägt sei wie in Österreich, obwohl dort keine Neonicotinoide zum Einsatz kämen. Es gebe eben unterschiedlichste Ursachen für das weltweite Bienensterben. Daher vergebe er auch Forschungsaufträge, um die Verluste mit Hilfe der Wissenschaft zu untersuchen, so der Minister.

Den Vorhalt, dass er Informationen über den Einsatz der umstrittenen Pestizide absichtlich zurückhalte, konnte Berlakovich nicht nachvollziehen. Der Minister sieht sich nach wie vor durch die Gesetze zur Geheimhaltung verpflichtet. Eine Ausnahme machte er aber nach Rücksprache mit den Betroffenen und gab bekannt, dass 9,77 Tonnen der umstrittenen Neonicotinoide im Jahr 2011 zum Einsatz gekommen seien.

Misstrauensantrag scheitert
Trotz Einstimmigkeit der Opposition beim Misstrauensantrag gegen Berlakovich bleibt dieser im Amt. Vizekanzler Michael Spindelegger bekräftigte: "Es wird nicht gewechselt - selbstverständlich nicht." Nicht festlegen wollten sich Bundeskanzler Werner Faymann und Spindelegger auf die Frage, ob in der nächsten Regierung Landwirtschafts- und Umweltministerium getrennt werden sollten.

Am Mittwoch beschäftigt das Bienensterben auch den Land- und Forstwirtschaftsausschuss des Nationalrates. Wolfgang Pirklhuber, der Landwirtschaftssprecher der Grünen, will bei der für die Mittagsstunden anberaumten Sitzung einen Antrag für ein Verbot des Ausbringens von Neonicotinoid-gebeiztem Wintergetreide zur Abstimmung bringen.

Kommt Komplettverbot von Neonicotinoiden?
Während die ÖVP beim Neonicotinoid-Verbot auf EU-Linie bleiben will, erwartete sich SPÖ-Umweltsprecher Hannes Weninger von seinem Koalitionspartner auch ein Konzept für weitere Schritte mit dem Ziel eines Gesamtverbots von Neonicotinoiden. Vor der Sitzung wird in einer von Greenpeace und Global 2000 initiierten Kundgebung unter Beisein von Imkern vor dem Parlament Stimmung für die Bienen und gegen die Pestizide gemacht.

"Schweigegeld" für Imker?
Indessen wurde bekannt, dass die Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) das Bienensterben offenbar schon in der Vergangenheit aus der öffentlichen Wahrnehmung halten wollte. Josef Stich, der Präsident der Vereinigung österreichischer Imker "Biene Österreich", bestätigte am Dienstag einen Zeitungsbericht, wonach es 2011 Gespräche mit der LKÖ bezüglich eines "Koexistenzfonds" gegeben hatte. Man sei jedoch weder dem Wunsch der LKÖ nachgekommen, das Bienensterben längere Zeit nicht zu thematisieren, noch seien Gelder geflossen, so Stich.

Adolf Marksteiner von der Landwirtschaftskammer gab dagegen an, dass es in den Gesprächen ausschließlich um die Forderungen der Imker ging, wie der finanzielle Umgang mit Schäden durch Pflanzenschutzmittel bewerkstelligt werden kann. "Im zweiten Halbjahr 2011 wurden acht Wochen lang ausschließlich Gespräche über dokumentierbare Schäden aufgrund von Pflanzenschutzmitteln geführt. Beide beteiligten Parteien kamen zu dem Schluss, dass ein Schadensabdeckungsfonds nicht umsetzbar sei", so Marksteiner.

Verzicht auf Thematisierung von Bienenschäden gefordert
Der "Kurier" veröffentlichte ein Faksimile eines Schreibens der "Biene Österreich" an Berlakovich vom 19. Oktober 2011, wo diese "Vorbedingungen" der LKÖ angesprochen wurden. So sollte demnach auf die öffentliche Thematisierung von Bienenschäden für die nächsten drei Jahre verzichtet werden. Stich betonte allerdings, dass diese Causa mit der Landwirtschaftkammer aus seiner Sicht erledigt sei - was Marksteiner ebenfalls so sah.

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