"Krone"-Interview

Berlakovich: “Bienenmörder, das tut schon weh”

Österreich
08.05.2013 16:37
Nach seinem Nein zum Pestizid-Verbot kratzte er mit einem "Bienen-Gipfel" am Dienstag gerade noch einmal die Kurve. Im Interview mit Conny Bischofberger spricht Umweltminister Niki Berlakovich über Giftpfeile, Biene-Maja-Gefühle und die zwei Seelen in seiner Brust.

Es ist der Morgen nach dem Politgipfel, bei dem die ÖVP mit ihrem schwarzen Umweltminister unter dem Druck einer breiten Öffentlichkeit zurückrudern musste. Österreich wird nun doch für ein Verbot der für die Bienen mitunter tödlichen Gifte stimmen.

Im Ministerium am Stubenring 1 hat Frau Marek ein Frühstück aufgedeckt. Vollkornweckerl, Bauernbutter, Dirndlmarmelade und ja – es steht auch Bienenhonig des Neusiedler Imkers Simon Tötschinger auf dem Tisch. An den Wänden hängen Bilder des burgenländischen Malers Sepp Laubner und ein riesiger Egger-Lienz. "Der Teufel und der Sämann", erklärt der Minister, "schönes Symbol dafür, dass der Bauer auf der Hut sein muss..."

Das Symbol passt auch auf ihn. Grauer Anzug, hellgrüne Krawatte. Am Revers ein hellgrünes "L" für Lebensministerium – netter Name für den konfliktreichen Seiltanz zwischen Agrar- und Umweltagenden. Der Sturm der Entrüstung ist nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. "Es war ein hartes Match mit groben Fouls", sagt der Fußballer Berlakovich über die letzten Tage. Ein Match, nach dem er sich erst regenerieren müsse.

Hier gibt's drei Audio-Ausschnitte vom Interview mit Niki Berlakovich: Clip 1 (zum Thema Bienenmörder) Clip 2, (zum Thema Umwelt und Wirtschaft) und Clip 3 (zum Thema Grüne).

"Krone": Herr Berlakovich, ist das eine Kehrtwende aus Überzeugung, die Sie da am Dienstag vollzogen haben?
Niki Berlakovich: Ich habe selbst gesehen, dass die Akzeptanz für meine Entscheidung nicht da ist, und mir war klar, dass ich handeln muss.

"Krone": Hat Michael Spindelegger Sie zurückgepfiffen?
Berlakovich: Keinesfalls. Ich habe ihm den "Bienen-Gipfel" vorgeschlagen und er hat das gutgeheißen.

"Krone": Also nehmen Sie jetzt zur Kenntnis, dass Neonicotinoide für das Bienensterben verantwortlich sind?
Berlakovich: Es gibt Indizien dafür - und die will ich nicht beschönigen. Es gibt aber noch andere Ursachen für das Bienensterben. Mir ging es um einen Interessensausgleich: Einerseits die Bienen schützen – durch strenge Auflagen für die Landwirte, die diese Pestizide anwenden –, andererseits aber auch die Bauern schützen.

"Krone": Um die Bienen zu schützen, hätten Sie aber FÜR das Verbot stimmen müssen. Haben Sie sich mit Ihrem Nein nicht zum Fürsprecher der chemischen Industrie gemacht?
Berlakovich: Das bin ich mit Sicherheit nicht. Ich bin niemandem verpflichtet: keiner Industrie, keinem Konzern. Ich war deshalb gegen das Verbot, weil ich nicht will, dass Gentechnik gegen die Maisschädlinge eingesetzt wird. Dass ich jetzt als Bienenmörder dastehe, tut schon weh.

"Krone": Was tut weh?
Berlakovich: Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, ich habe von klein auf Verantwortung für Tiere und Umwelt mitbekommen. Meine Großmutter war Imkerin, ich habe ihr oft zugeschaut, wie sie mit den Bienen gearbeitet hat... Das alles ist ja auch meine Motivation, wieso ich diesen Job gerne mache. Wir haben im Rahmen einer Artenschutzkampagne sogar Bienenstöcke auf die Wiener Staatsoper gebracht. Dort oben wird jetzt Honig produziert.

"Krone": Gleichzeitig für die Agrar- und Umweltagenden zuständig zu sein - ist das nicht, wie wenn der Hund auf die Knackwurst aufpassen muss?
Berlakovich: Es ist ein permanentes Ringen um den Interessensausgleich. In Europa steigt die Zahl der Minister, die beide Aufgabenbereiche abdecken, weil Landwirtschaft umweltorientiert sein muss. Unsere Landwirtschaft ist der Beweis dafür, dass es funktioniert.

"Krone": Diesmal hat's aber nicht funktioniert.
Berlakovich: In dem Fall ist das missverstanden worden. Die Landwirtschaft braucht ja die Bienen, das setze ich doch nicht leichtfertig aufs Spiel. Aber es gibt auch viele kleine Bauern, die mit wenig Fläche durchkommen müssen und deshalb Mais anbauen. Das Problem ist, dass sich von Osteuropa Richtung Westen dieser Maiswurzelbohrer ausbreitet, der die Maispflanze zerstört. Dafür werden Neonicotinoide eingesetzt. Die Bauern haben teure Maschinen angeschafft, damit es nicht zur Staubentwicklung und Bienenschädigung kommen kann. Kein Bauer darf in diesem Land Bienen schädigen.

"Krone": Aber Pestizide schädigen Bienen!
Berlakovich: Nicht, wenn strenge Auflagen eingehalten werden. Aber das ist jetzt hinfällig, jetzt müssen sich die Bauern neue Mittel suchen. Wir haben mit der Landwirtschaftskammer vereinbart, dass sie dabei unterstützt werden.

"Krone": Fühlen Sie sich als Sündenbock?
Berlakovich: Die Verantwortung muss ich übernehmen. Obwohl ich nicht persönlich in Brüssel das Kreuzerl gemacht hab', bin ich derjenige, der entschieden hat. Es war aber dem politischen Partner bekannt. Im Unterausschuss im Parlament, der das vorbereitet hat, sitzen ja Vertreter aller Parteien.

"Krone": Haben Sie die Folgen unterschätzt?
Berlakovich: Ich habe nicht erwartet, dass es dermaßen ins Persönliche geht. Das Ganze hat eine unglaubliche Dynamik bekommen...

"Krone": Die Attribute, die Ihnen verpasst wurden, sind alles andere als schmeichelhaft - "Chemical Niki", Giftminister, Bauerntölpel, Problembär. Was löst das in Ihnen aus?
Berlakovich: Revanchegelüste verspüre ich keine, als Politiker darf man nicht wehleidig sein. Für mich ist da aber schon sehr viel Wahlkampf dabei. Insbesondere von den Grünen, die mich von Anfang an bekämpft haben. Weil ich die Themen, von denen sie nur reden, umsetze. Anti-Atom, erneuerbare Energie, Green Jobs, Biolandwirtschaft. Aber das wird alles ein bisschen überlagert im Moment.

"Krone": "Nach dem Biene-Maja-Kalender endet das Berlakovich-Zeitalter schon bald", ätzte ein Scherzbold auf Twitter. Werden Sie das politisch überleben?
Berlakovich: Das entscheidet letztendlich der Wähler.

"Krone": Und Michael Spindelegger. Haben Sie noch seinen Rückhalt?
Berlakovich: Ja, denn wir haben ja eine Lösung gefunden.

"Krone": Auf krone.at meinen 81,1 Prozent, dass das Bienen-Thema der ÖVP schade. Sie auch?
Berlakovich: Das sind Momentaufnahmen. Ich will natürlich einen Schaden für die ÖVP vermeiden.

"Krone": Und auch Minister bleiben?
Berlakovich: Ich wäre bereit dazu, aber es ist letztendlich die Entscheidung des Parteiobmanns.

Zur Person
Geboren am 4. Juni 1961 in Eisenstadt, erlernter Beruf: Landwirt. 1998 wird er Landesgeschäftsführer der ÖVP Burgenland und Obmann des VP-Landtagsklubs, ab 2005 Agrarlandesrat. Minister für Landwirtschaft und Umwelt im sogenannten Lebensministerium seit Dezember 2008. Privat ist Berlakovich seit 1990 mit der Ärztin Ursula verheiratet, Tochter des legendären ÖVP-Gesundheitssprechers Günther Wiesinger. Zwei Kinder: Nikolaus junior ist 22, Isabella-Maria wird im Juli 20; beide studieren.

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