Streitfall Pestizide

Bienen retten, aber wie? SPÖ maßregelt Berlakovich scharf

Österreich
30.04.2013 13:22
In der Diskussion um das Bienensterben sorgt das Abstimmungsverhalten von Umweltminister Nikolaus Berlakovich in Brüssel für Konfliktstoff in der Koalition. Der ÖVP-Politiker stimmte am Montag gegen ein Verbot dreier umstrittener Pestizide und bringt damit nicht nur Umweltschutzorganisationen, sondern auch die SPÖ gegen sich auf. Bundeskanzler Werner Faymann sagte am Dienstag, Berlakovich habe seine Entscheidung selbst getroffen, der SPÖ-Klub vertrete eine andere Haltung. SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim forderte Berlakovich gar dazu auf, die Umweltagenden niederzulegen.

Was war geschehen? Am Montag stimmten die EU-Länder über ein unionsweites Verbot der drei Schädlingsbekämpfungsmittel ab, die im Verdacht stehen, das Bienensterben zu verursachen. 15 Länder votierten für ein Verbot, Berlakovich sprach sich wie die Vertreter von sieben weiteren Ländern dagegen aus. "Fehlende wissenschaftliche Studien zum Bienensterben" seien für die Entscheidung des Umweltministers verantwortlich, so dessen Sprecher am Nachmittag.

Umweltschutzorganisationen stiegen umgehend auf die Barrikaden und forderten Berlakovich zum Rücktritt auf. Der Umweltchemiker Helmut Burtscher von Global 2000 rückte den Minister etwa in die Nähe der Chemie-Lobby: "Sogar Deutschland, die Heimat des Chemieriesen Bayer, hat inzwischen die Notwendigkeit eines Verbots zum Schutz der Bienen erkannt. Umso beschämender ist das Nein von Berlakovich. Dass für ihn die Maximierung von Erträgen und kurzfristige wirtschaftliche Vorteile durch Monokulturen wichtiger sind als das Überleben der Bienen und die Artenvielfalt, wirft ein desaströses Licht auf ihn als Umweltminister", so Burtscher.

Berlakovich "Marionette der Agrochemie-Industrie"
Auch Greenpeace fällte ein vernichtendes Urteil über Berlakovich. Dessen Ablehnung eines Pestizid-Verbots sei "wirklich eine Schande", kritisierte die Landwirtschaftsexpertin Dagmar Urban. Berlakovich habe als Umweltminister klar versagt und aktiv dazu beigetragen, dass keine qualifizierte Mehrheit für ein Verbot erreicht werden konnte. "Berlakovich ist offenbar nur mehr eine Marionette der Agrochemie-Industrie und der industrialisierten Landwirtschaft", so Urban.

SPÖ schäumt
Auch in der Politik ließ die Schelte für Berlakovich nicht lange auf sich warten. Insbesondere der Koalitionspartner SPÖ zeigte sich empört. Bereits am Montag bezeichnete die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima den Minister als "lupenreinen Lobbyisten der Agrarkonzerne" und dessen Abstimmungsverhalten als "echten Skandal".

Am Dienstagvormittag zog zunächst Parteichef Faymann nach: Der SPÖ-Klub habe sich bereits "klar" zum Thema geäußert und vertrete eine "andere Haltung" als Berlakovich. Man wolle nicht auf den letzten wissenschaftlichen Beweis warten, da es dann möglicherweise zu spät sei. Wenig später forderte Jarolim Berlakovich offen zum Verzicht auf die Umweltschutzagenden auf. Der Minister sei "anscheinend seinen Verpflichtungen nicht gewachsen", so der rote Justizsprecher. Berlakovich habe "fahrlässig, ja nahezu böswillig" gehandelt.

Berlakovich: "Teufel nicht mit Beelzebub austreiben"
Der unter Beschuss geratene Minister begründete seine Haltung unter anderem damit, dass ein Pestizidverbot hauptsächlich Kleinbauern betreffe. Ein österreichischer Kompromissvorschlag sei in Brüssel bedauerlicherweise nicht zur Abstimmung gebracht worden. Stattdessen hätten mehrere EU-Staaten angekündigt, im Fall eines Verbots der Pestizide gentechnisch verändertes Saatgut anzubauen. Das lehne Österreich ab: "Man kann nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben", so Berlakovich am Dienstag.

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