'Wähler-Irreführung'

Tiroler ‘Stronach-Verbot’ lässt Wogen hochgehen

Österreich
05.04.2013 17:53
Das Aus für die offizielle Stronach-Liste bei der Tiroler Landtagswahl hat am Freitag die Wogen hochgehen lassen: Während die Tiroler Landeswahlbehörde die Vorwürfe der Parteilichkeit zurückwies, sprach Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar von einer "demokratiepolitisch skandalösen" Vorgehensweise. Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kritisierte die "Irreführung der Wähler", die "in einer Demokratie nicht akzeptabel" sei. Die Tiroler ÖVP wiederum ortete die Schuld an dem Chaos alleine bei der "Amateurtruppe" des Team Stronach. Frank Stronach selbst will nun vermitteln und für "Einheit" sorgen.

Das Team Stronach hatte die Entscheidung der Tiroler Landeswahlbehörde, wonach die Liste des zuletzt abgesetzten Landesgeschäftsführers Hans-Peter Mayr bei der Landtagswahl am 28. April als Stronach-Liste antreten darf (siehe Infobox), bereits am Donnerstag heftig kritisiert. Die Neo-Partei sah sich als Opfer einer "ÖVP-Intrige", die "ÖVP-Wahlkommission" habe einen Komplizen, "der die abtrünnige Liste finanziert", hieß es zudem auf Twitter.

"ÖVP-Intrige" mutierte zu "Strache-Verschwörung"
Noch für die "ZiB2" am Donnerstagabend hatte das Team Stronach dann die Aufdeckung des "Komplizen" angekündigt: Klubchef Lugar werde in den ORF-Nachrichten offenlegen, um wen es sich dabei handle. "Protokoll und eidesstattliche Erklärung liegen vor. In der #zib2 erfahrt Ihr, WER die Abtrünnigen finanziert", war auf Twitter zu lesen. Doch es blieb bei der Ankündigung, weder in der "ZiB2" noch in der "ZiB24" ging Lugar näher auf die schweren Vorwürfe ein.

Am Freitag herrschte beim Team Stronach zunächst Funkstille zur "ÖVP-Intrige", am Nachmittag überraschte die Partei dann allerdings mit einem Schwenk: "Wie gestern angekündigt: Bellinger (der Kitzbühler Tankstellenbetreiber Joe Bellinger, Anm.) von der Liste Mayr hat laut 3 Zeugen gesagt, dass HC Strache Kosten für etwaige Klagen übernehmen wird", erhob man in einer Kurznachricht schwere Vorwürfe gegen den freiheitlichen Bundesparteiobmann im Zusammenhang mit der strittigen Liste "Team Stronach für Tirol".

FP-Kickl: "Haben mit Mayr nichts zu tun"
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wies die Vorwürfe umgehend zurück. "Mit dubiosen Figuren wie diesem Herrn Mayr, der Listenraub betreibt, wie wir es ja auch schon seinerzeit beim BZÖ erlebt haben, haben wir nichts zu tun und wollen auch nichts zu tun haben", stellte er klar. Zugleich kündigte Kickl rechtliche Schritte gegen die "Urheber und Verbreiter dieser kursierenden rufschädigenden Gerüchte" an.

SP-Jarolim über Entscheidung "irritiert"
Irritiert über die Entscheidung der Tiroler Wahlbehörde zeigte sich am Freitag SPÖ-Justizsprecher Jarolim. Mit der Vorgehensweise, eine Liste als Team Stronach zur Landtagswahl zuzulassen, die gar nicht von Parteigründer Frank Stronach unterstützt wird, werde Wählern etwas "vorgegaukelt". Es sei egal, welche Partei von so einer Irreführung betroffen ist, "in einer Demokratie ist so etwas nicht akzeptabel". Er gehe auch davon aus, dass Landeshauptmann Günther Platter dieser "Eigenartigkeit" ein umgehendes Ende setzt, "und nicht einen möglichen Anschein einer politisch motivierten Entscheidungsfindung zulässt."

Darabos: "Gesetzeslücke gehört geschlossen"
Als "demokratiepolitisch bedenklich" bezeichnete auch SP-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos die Entscheidung der Landeswahlbehörde. "Das eröffnet bedenklichen Konstellationen und verwirrenden Listennamenseinreichungen Tür und Tor. Ich rege hier das Schließen einer Gesetzeslücke an, die so etwas in Zukunft verhindert." Unklare und verwirrende Listenbezeichnungen könnten zu einer Annullierung der ganzen Wahl führen, warnte Darabos. "Hier muss gesetzlich sichergestellt werden, dass Listeneinreichungen und -bezeichnungen klar und eindeutig sind, damit sie nicht zur Farce werden", so der SP-Bundesgeschäftsführer.

ÖVP-Tirol: "Wahlbehörde nicht Schiedsrichter"
Josef Geisler, ÖVP-Klubobmann im Tiroler Landtag, hielt wiederum fest, dass die Landeswahlbehörde auf Basis der Landtagswahlordnung entscheidet. "Die Landeswahlbehörde ist nicht Schiedsrichter für die internen Probleme des Team Stronach. Dass die Funktionäre und Mitarbeiter im Team Stronach eine Halbwertszeit haben, die dem Lebenszyklus einer Eintagsfliege gleicht, kann man weder der Behörde noch den Mitbewerbern anlasten", schoss Geisler scharf in Richtung Team Stronach.

Die Schuld sei einzig und allein im Team Stronach selbst zu suchen, so der VP-Klubchef. Der Austro-Kanadier Frank Stronach sei zwar ein erfolgreicher Wirtschaftskapitän, auf dem politischen Parkett habe er sich jedoch mit einer "Amateurtruppe umgeben, die erst die demokratischen Spielregeln lernen muss". Geisler warnte darüber hinaus in Tirol vor einem "blanken Parteienchaos". Die aktuellen Ereignisse würden einmal mehr zeigen, dass Tirol "von italienischen Verhältnissen nicht mehr weit entfernt" sei.

Landeswahlbehörde weist Parteilichkeit zurück
Die Tiroler Landeswahlbehörde wies indessen die Vorwürfe der Parteilichkeit im Zusammenhang mit dem Team Stronach "entschieden" zurück. Landeswahlleiter Josef Liener, Landesamtsdirektor des Amtes der Tiroler Landesregierung, betonte, die Landeswahlbehörde sei "eine Kollegialbehörde, die an keine Weisungen gebunden ist". Sämtliche Mitglieder seien verpflichtet, das Amt "mit strenger Unparteilichkeit auszuüben und ihre Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen", so Liener.

Der Landeswahlvorschlag der Wählergrupppe "Team Stronach für Tirol", Kurzbezeichnung "Stronach" mit dem Listenführer Hans-Peter Mayr, der allen gesetzlichen Formvorschriften entspreche, sei aufgrund der "streng bindenden" Formalvorschriften der Wahlordnung als ersteingereichter Landeswahlvorschlag gültig und in der Folge zu verlautbaren, erklärte Liener weiter. Die Argumentation, dass die verschiedenen Landeswahlvorschläge der Wählergruppe "Team Stronach für Tirol" als Einheit anzusehen seien, finde nach Meinung der Landeswahlbehörde aufgrund der Wortlaut- und Formstrenge des Wahlrechts keine gesetzliche Deckung.

Innenministerium: "Entscheidung sicherlich nicht bedenklich"
Rückendeckung bekam die Wahlbehörde auch aus Wien. Robert Stein, Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, bezeichnete die Entscheidung als "nachvollziehbar". Es gebe hier keine Zuständigkeit des Innenministeriums, grundsätzlich - und aus der Ferne betrachtet - sei die Vorgangsweise aber "sicher nicht bedenklich", so Stein. "Der Gesetzgeber macht die Spielregeln und meiner Meinung nach sind die eingehalten worden", erklärte er.

Stronach kommt zum Vermitteln nach Tirol
Am frühen Freitagabend schaltete sich schließlich "Team-Chef" Frank Stronach selbst ein. "Ich geh' mal raus und sprech' mit denen tirolerisch", sagte er via ORF. Er wolle die "Leute zusammenführen, damit eine Einheit ist". Stronach gab sich hoffnungsfroh, "dass wir da irgendeinen Ausgleich kriegen können".

Mayr, der mit seiner Liste bei der Landtagswahl antreten darf, zeigte sich über diese Ankündigung "erfreut" - hatte es doch noch am Donnerstag seitens der Bundespartei geheißen, dass ein Treffen mit Stronach undenkbar sei. "Ein Konzernchef trifft sich auch nicht mit einem Abteilungsleiter, der Amok läuft", hatte ein Sprecher gewettert.

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