Vernichtendes Urteil

RH-Bericht zu Sbg: 420 Konten geheim, Milliarden versteckt

Österreich
03.04.2013 18:49
Noch 31 Tage bis zur Landtagswahl in Salzburg am 5. Mai – und jetzt überschlagen sich erneut die Ereignisse in der Finanzaffäre um verzockte Steuermillionen. Im U-Ausschuss standen sich Mittwoch Hofrat Eduard Paulus und die ehemalige Referatsleiterin Monika Rathgeber gegenüber. Und vom Rechnungshof kam ein vernichtender Bericht, in welchem die Prüfer lückenlos enthüllen, wie die Öffentlichkeit und der Landtag vom Finanzressort belogen wurden. Für Finanzreferent Georg Maltschnig bestätigt der Bericht "das Kontrollversagen des gesamten Systems".

234 Seiten ist der Rohbericht mit der Aktenzahl GZ 004. 086/006-5A1/13 lang und trägt den offiziellen Vermerk "Verschluss – nicht für die Veröffentlichung bestimmt". Der Bericht listet mehr als 300 geheime Konten für Spekulationen auf, die alle nicht in der Landesbuchhaltung zu finden waren. Zusätzlich finden sich 120 Konten für Fremdwährungen – von türkischer Lira bis neuseeländischem Dollar - in dem brisanten Papier. Über diese geheimen Konten liefen allein im Vorjahr Umsätze von 9,5 Milliarden Euro, die ebenfalls nicht in den Büchern des Landes verzeichnet waren.

Schulden des Landes höher als Regierung zugeben wollte
Die Schulden des Landes Salzburg betrugen mit Ende 2012 exakt 4,018 Milliarden Euro – das sind 2,5 Milliarden mehr als im Vorjahr geschätzt und noch 711 Millionen mehr, als das Land im Jänner zugeben wollte. Ab Oktober 2012 flogen unerlaubte Zockereien auf – das wurde verheimlicht, aber bis Dezember wurden rund 300 Geschäfte aufgelöst.

Hofrat Eduard Paulus wurde laut Bericht täglich darüber informiert und Finanzreferent David Brenner laufend. Beide stritten das bis zuletzt jedoch immer ab. Bei den vorzeitigen Auflösungen wurde gelogen, dass sich die Balken bogen – Verluste wurden vertuscht.

4,88 Millionen Verlust als Gewinn bezeichnet
Ein Beispiel: Ein riskanter Swap mit den Wechselkursen von japanischer Yen und türkischer Lira bescherte stolze 4,88 Millionen Euro an Verlust, doch die Finanzabteilung behauptete keck, sie habe 3,12 Millionen Gewinn bei dem Geschäft gemacht

Die Auszahlungen auf den geheimen Zocker-Konten machten im Vorjahr 3,247 Milliarden Euro aus und lagen damit um 997 Millionen höher als die Umsätze im offiziellen Budget. Im Budget war die vorzeitige Rückzahlung von Krediten vermerkt, obwohl diese noch offen waren. In einem anderen Fall waren 3,8 Millionen für eine Kreditrückzahlung reserviert, obwohl dafür nur 800.000 Euro nötig waren – wofür der Rest verwendet wurde, ist unklar.

"Mit Aufgabenerfüllung einer Gebietskörperschaft unvereinbar"
Das Land muss ab sofort jährlich 35 Millionen mehr für Zinsen zahlen, weil zwar die Stützgeschäfte aufgelöst wurden, nicht aber die meisten riskanten Zockereien. Das Urteil des Rechnungshofs: Diese Spekulationen waren "mit der Aufgabenerfüllung einer Gebietskörperschaft nicht vereinbar". Offen bleibt, ob nach dem Bericht Suspendierungen im Amt folgen.

Aber auch der Rechnungshof selbst wurde getäuscht. Anlässlich einer Follow-up-Überprüfung erhielten die Prüfer im November und Dezember 2011 "veränderte" Protokolle des Finanzbeirates aus den Jahren 2008 bis Juli 2011, und zwar durch "Löschen und Hinzufügen".

Insgesamt 163 "Veränderungen der Protokolle"
Die Prüfbehörde ortete "insgesamt 163 Veränderungen der Protokolle". Der Rechnungshof sei somit über die wahren Tatsachen ebenfalls getäuscht worden, insbesondere was die Aussagen zu Risiko, Limits, Fremdwährungen, Verlusten sowie Empfehlungen des Finanzbeirates und eine Weisung des Finanzabteilungsleiters betreffe.

Für den Rechnungshof ist eines klar: Die festgestellten Schwachstellen hätten letztendlich jene Vorfälle begünstigt, die Gegenstand der parlamentarischen und gerichtlichen Untersuchungen seien, verwiesen die Prüfer auf den derzeit laufenden U-Ausschuss im Salzburger Landtag und auf das bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anhängige Strafverfahren gegen die entlassene Leiterin des Budgetreferates, Rathgeber, gegen Paulus und einen weiteren Mitarbeiter der Abteilung.

Finanzreferent: "Kontrollversagen durch Bericht bestätigt"
Salzburgs Finanzreferent Georg Maltschnig, Nachfolger des am 23. Jänner 2013 wegen des Finanzskandals zurückgetretenen Landeshauptmann-Stellvertreters David Brenner, erklärte in einer ersten Stellungnahme: "Der Rohbericht des Rechnungshofs des Bundes hält eines deutlich fest: Komplexe Finanzprodukte und Spekulationen haben in einem öffentlichen Haushalt nichts verloren." Das Land arbeite mit Hochdruck" am kompletten Ausstieg aus all diesen Produkten", mit Unterstützung von "anerkannten Top-Experten".

Maltschnig sieht den Bericht des Rechnungshofs als wertvolle Unterstützung. "Weil er aufzeigt, dass wir einerseits auf dem richtigen Weg sind und er andererseits weitere Reform-Inputs liefert". Der Bundesrechnungshof habe einmal mehr das Kontrollversagen des gesamten Systems bestätigt. Genau deshalb werde das gesamte Finanzmanagement des Landes Salzburg neu organisiert, "die rechtlichen Rahmenbedingungen werden komplett überarbeitet". Wichtige Reformschritte, auch in der Buchhaltung, seien bereits eingeleitet worden.

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