Länder steigen aus

“Historische” Jugendschutz-Einigung als Reinfall

Österreich
14.03.2013 14:14
Die Länder-Vereinbarung zum Jugendschutz, die im November als "historische Einigung" gefeiert wurde, hat nicht lange gehalten. Am Donnerstag teilte der steirische Jugendlandesrat Michael Schickhofer mit, dass man den Kompromiss nun doch nicht mittragen werde. Andere Bundesländer reagierten mit der Ankündigung, dass man von der Vereinbarung nach dem Ausstieg der Steiermark ebenfalls nichts mehr wissen wolle.

Der erst im November 2012 erzielte Kompromiss zwischen den Bundesländern - nur Tirol und Vorarlberg sagten damals Nein - sah liberalere Ausgehzeiten (14 bis 16 Jahre bis 1 Uhr, ab 16 Jahre unbegrenzt) und strengere Alkoholbestimmungen vor. In der Steiermark befand sich das Gesetz seitdem in Begutachtung, am 14. Mai sollte es den Landtag passieren und im Oktober in Kraft treten.

"Man muss machen, was einem das Gefühl sagt"
"Irgendwann muss man das machen, was einem das Gefühl sagt", begründete Jugendlandesrat Schickhofer den Schwenk. Er sei zwischen der Verantwortung gegenüber dem politischen Kompromiss und jener gegenüber den Familien hin- und hergerissen gewesen. Emotional habe er sich von Anfang an mit der zu liberalen Lösung, die er quasi von seiner Vorgängerin Elisabeth Grossmann geerbt hat, schwergetan. Bei den zahlreichen Einwänden stellt er die Empfehlung der Landespolizeidirektion, bei den bestehenden Regelungen zu bleiben, heraus - weniger die Unterschriftenaktion des Grazer ÖVP-Bürgermeisters Siegfried Nagl.

Steirische Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren müssen wie bisher um spätestens 23 Uhr zu Hause sein. Unter 14 Jahren bleibt mit 21 Uhr ebenfalls alles beim Alten. Geändert werden die Ausgehzeiten aber - nach derzeitigem Stand in der Begutachtung - für die über 16-Jährigen, für die es keine zeitliche Beschränkung mehr gibt.

Die endgültige Entscheidung, aus dem Pakt auszusteigen, fiel sehr kurzfristig, erst Donnerstag früh, so Schickhofer. Er habe im Laufe des Vormittags die Fraktion und die Regierungspartner informiert.

Oberösterreich: Ackerls Herz "hängt nicht daran"
In Oberösterreich dürfte die Zustimmung zu den in der Vereinbarung zum Jugendschutz vorgesehenen Ausgehzeiten ebenfalls nicht zustande kommen. Die ÖVP will diesen nicht zustimmen. Aus dem Büro von Sozialreferent Josef Ackerl (SPÖ) hieß es, er könne auch mit den bisherigen Regelungen leben. Am Mittwoch kommender Woche wird sich der zuständige Unterausschuss im Landtag mit der Sache befassen.

Ackerl habe den Regelungen zugestimmt, um eine Vereinheitlichung zu ermöglichen. "Aber sein Herz hängt nicht daran. Wir haben selbst auch sehr gute Regelungen." Die Entscheidung darüber müsse der Landtag treffen. Dass die ÖVP den Pakt nun nicht mittragen wolle, sei ohnehin "absehbar" gewesen. Derzeit liegen die erlaubten Ausgehzeiten in Oberösterreich für Unter-14-Jährige bei 22 Uhr und für 14- bis 16-Jährige bei 0 Uhr.

Burgenland: "Abkommen ist nichtig"
Die burgenländische Landesrätin Verena Dunst (SPÖ) teilte am Donnerstagnachmittag mit, dass auch das Burgenland nicht mehr beim Memorandum zum Jugendschutz dabei sei. "Wir haben ein harmonisiertes Jugendschutzgesetz mit Wien und Niederösterreich. Das funktioniert sehr gut und hat sich sehr gut bewährt. Indem der Initiator selbst aussteigt, ist das Abkommen für das Burgenland nichtig."

Zur steirischen Entscheidung meinte Dunst: "Ich persönlich finde es sehr schade, weil es eine sehr gute Lösung im Sinne der Jugend gewesen wäre und weil es endlich ein einheitliches Jugendschutzgesetz in Österreich gegeben hätte." Für das Südburgenland, das an die Steiermark grenzt, "ist das doppelt schade, weil es da gerade im Bereich der Ausgehzeiten endlich eine einheitliche Regelung gegeben hätte".

Oxonitsch findet Steiermark-Rückzieher "absurd"
Der Wiener Jugendstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ) bezeichnete den Rückzug der Steiermark als "absurd". Denn es sei dieses Bundesland gewesen, das den Kompromiss damals vorgeschlagen habe. "Ich finde es jedenfalls schade", zeigte sich der Ressortchef enttäuscht. Für Wien sind die Konsequenzen laut Oxonitsch aber nicht sehr groß: "Wir haben mit den Bundesländern Niederösterreich und Burgenland bereits eine gemeinsame Regelung."

Auch Salzburgs Jugendschutzreferent Walter Steidl (SPÖ) hat keine Freude mit dem Ausstieg der Steiermark. "Es ist bedauerlich, wenn eine mühsam ausverhandelte Lösung in so kurzer Zeit wieder aufgeschnürt wird und jetzt einzelne Bundesländer wieder aussteigen", sagte sein Sprecher.

Minister Mitterlehner enttäuscht
Im Familienministerium zeigte man sich enttäuscht vom Rückzieher der Steiermark. "Wir bedauern, dass es zu keiner Einigung der Länder gekommen ist", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme aus dem Ressort von Minister Reinhold Mitterlehner. "Die aktuellen Diskussionen bestätigen, dass das Thema Jugendschutz sehr emotional besetzt ist und die Interessen der zuständigen Länder noch weiter auseinandergehen als in den Vorjahren."

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