Leiche im Wienerwald

Wien: Beschuldigter präsentiert sich als Überfallsopfer

Österreich
13.02.2013 19:24
Mit einer Überraschung hat am Mittwoch der Mordprozess um einen heute 62-jährigen Serben begonnen, der im März 2012 seinen 58-jährigen Landsmann Milenko M. getötet, dessen Leiche dann zerstückelt und im Wienerwald vergraben haben soll. So ließ die Verteidigung mit einer völlig neuen Version des Vorfalls aufhorchen: Demnach sollen zwei - unbekannte - Schwarzafrikaner für die Tat verantwortlich und der angeklagte Jozef E. ebenfalls Opfer sein. Dieser schilderte dem Gericht in aller Ausführlichkeit den brutalen Übergriff und schmetterte jeglichen, noch so stichhaltigen Beweis für seine Schuld ab. Am Abend wurde der Prozess vertagt.

Laut Anklage hatte sich der Tote am Tag seines Verschwindens, dem 30. März, mit dem Beschuldigten - die beiden dürften einander schon länger gekannt haben - in dessen Wohnung getroffen. Jozef E. habe seinen Bekannten dann in den Keller des Hauses gelockt und ihm dort mit einem Vorschlaghammer dreimal auf den Kopf geschlagen - das Opfer sei sofort tot gewesen.

Leiche im Wienerwald abgelegt
Die Leiche soll E. anschließend in einen Plastiksack gepackt, ihr aber vorher noch die Beine abgetrennt haben. Mit dem Auto des Opfers sei E. dann in den Wienerwald gefahren, um sich des Torsos zu entledigen. Danach soll der Beschuldigte schnurstracks nach Serbien weitergefahren sein. Die Leiche von Milenko M. wurde im April 2012 von einem Spaziergänger entdeckt, der Wagen erst drei Monate später gefunden. Die Beine des Toten blieben bis heute verschwunden.

Bei der damaligen Befragungen durch die Polizei gab der Angeklagte an, dass M. am 30. März nicht wie vereinbart zum Treffen erschienen war. Dies stand aber im Widerspruch zu späteren Ermittlungsergebnissen: Sichergestellte Unterlagen in der Wohnung des Verdächtigen hätten den Angeklagten ebenso belastet wie Spuren im Kellerabteil, am Leichensack sowie im Wagen des Toten.

Verteidigung bringt zwei neue Verdächtige ins Spiel
Trotz dieser an sich erdrückenden Beweislast ließ die Verteidigerin am Mittwoch mit einer ganz neuen Version aufhorchen. So brachte sie zwei Schwarzafrikaner ins Spiel, die sich zum Tatzeitpunkt ebenfalls im Keller aufgehalten haben sollen. Die beiden hätten ursprünglich vorgehabt, das Auto von M. zu kaufen, stattdessen überfielen sie die zwei Serben. Den Plastiksack, in den die Leiche gewickelt worden war, habe E. nur gekauft, um sein Boot abzudecken, das er in Serbien besaß.

Die Anwältin warf der Polizei schwere Ermittlungsfehler vor und gab an, ihr Mandant sei zum Zeitpunkt des Mordes gefesselt, geschlagen und mit einer Waffe bedroht worden. Dies habe ihn so traumatisiert, dass er bis dato noch nicht ausgesagt, sondern lediglich beteuert habe, er sei unschuldig.

Trauma vor Gericht offenbar überwunden
Das Trauma des Überfalls hatte der Angeklagte am Mittwoch jedoch offenbar überwunden: So schilderte E. in allen Details, wie er und sein "bester Freund" Milenko M. von den beiden Schwarzafrikanern brutal überfallen worden seien. Der Gerichtsmediziner bekam sogar die Narben zu sehen, die man dem Beschuldigten angeblich zugefügt hatte. Jedenfalls sei er am 30. März 2012 dermaßen geschockt und in Angst gewesen, dass er sich nach dem Überfall ins Auto von Milenko M. setzte und nach Serbien fuhr. Erst am Folgetag habe E. mit der Ehefrau seines Freundes telefoniert und ihr dabei versichert, nichts über den Verbleib von M. zu wissen.

Zudem schmetterte der Angeklagte jeden der vorgebrachten Beweise, zum Beispiel Zeugenaussagen oder Vorhalte aus Einvernahmeprotokollen, ab und wusste auf alles eine Antwort. Sogar die Rufdatenrückerfassung seines Mobiltelefons erkannte E. als belastenden Beweis nicht an. Laut vorgelegten Daten habe er nämlich nach dem vermeintlichen Überfall und der daraus resultierenden Todesangst noch mehrere Telefonate geführt, ehe er seine Fahrt nach Serbien antrat. "Nein, ich stand unter Schock. Ich konnte gar nicht reden", so E.

"Und das soll ich zu ihr gesagt haben?"
So richtig eng wurde es für den Angeklagten, als die Richterin ihm die Aussage seiner damaligen Freundin in Serbien ins Gedächtnis rief. Diese hatte angegeben, dass E. am 12. April 2012 zur Polizei zitiert worden war. Als er zurückkam, berichtete er, er habe die Leiche von Milenko M. identifizieren müssen, weil man dessen Ehefrau die grausamen Eindrücke ersparen wollte. Gefunden wurde die Leiche allerdings erst am 26. April. Doch auch dies entlockte E. lediglich ein Kopfschütteln - und das Statement: "Und das soll ich zu ihr gesagt haben?"

Nach der überaus langwierigen Einvernahme des Angeklagten sowie der Befragung der Ehefrau des Opfers kündigte die Verteidigerin an, noch weitere Zeugen laden zu wollen. Zudem stellte sie einige Beweisanträge, denen auch stattgegeben wurde. Die Verhandlung wurde daher auf den 13. März vertagt.

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