Pass gegen Geld?

Koloini-Prozess, Tag 2: “System Haider” unter Beschuss

Österreich
25.01.2013 16:18
Im Wiener Straflandesgericht wurde am Freitag der Geldwäsche-Prozess gegen Franz Koloini fortgesetzt. Dem Ex-Protokollchef des früheren Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider wird vorgeworfen, in eine Staatsbürgerschafts- und Geldwäscheaffäre verwickelt zu sein. Der zweite Prozesstag brachte tiefe Einblicke in das "System Haider" und insbesondere Haiders Umgang mit der Hypo-Bank.

Erster Zeuge war der ehemalige Hypo-Vorstand Gert Xander (Bild 2), der im Vorjahr im Birnbacher-Prozess nicht rechtskräftig zu zwei Jahren unbedingter Haft verurteilt worden war (siehe Infobox). Die Staatsanwaltschaft erhoffte sich von ihm Aufschlüsse, wie jene Gelder verwaltet wurden, die zwei russische Geschäftsmänner auf ein Hypo-Konto überwiesen hatten. Es besteht der Verdacht, dass sich die Russen damit die österreichische Staatsbürgerschaft erkauft haben. Das Geld wurde in die Formel-1-Karriere des Kärntner Rennfahrers Patrick Friesacher (Bild 3) investiert.

Koloini habe ihn als Erster auf die "Finanzierung des Projekts Friesacher" angesprochen, sagte Xander am Freitag. Im Anschluss sei es zum Kontakt mit Haider selbst gekommen. Dieser habe 2005 auf die Überweisung von 500.000 US-Dollar an Friesachers Minardi-Team gedrängt. Wenige Tage vor Saisonstart sei das Geld noch nicht eingelangt gewesen. Die Hypo überwies die erwünschte halbe Million dennoch - ohne jegliche Sicherheiten.

Unbesicherte Zahlungen gingen weiter
Der Hypo-Angestellte Josef M. erklärte im Zeugenstand, es sei zunächst von einer Sicherheitserklärung des Landes die Rede gewesen. Eine solche sei aber nicht zustande gekommen. Erst vier Monate nach der ersten Zahlung sei von den russischen Kraftwerksbetreibern Alexey B. und Artem B. eine Million Dollar eingelangt. Nach dieser Tranche sei erneut über Monate nichts passiert, die Zahlungen an Minardi seien auf Geheiß Haiders aber fortgesetzt worden. "Wir haben das Gefühl gehabt, dass sich vonseiten des Landes nicht wirklich jemand darum kümmert", sagte der Angestellte.

Zu Jahresbeginn 2007 ging es dann plötzlich schnell: Wenige Tage nachdem Alexey B. und Artem B. in Anwesenheit von Haider die Staatsbürgerschaft erhalten hatten, trudelten die versprochenen 900.000 Euro ein. Aufgrund des Wechselkurses zum Dollar ergab sich bei Auflösung des Kontos ein Überhang von 197.000 Euro, den Koloini zunächst auf seine Hausbank umleitete, von dort behob und Haider in einem Kuvert übergab. Wegen dieses Vorgangs steht Koloini unter Geldwäsche-Verdacht.

Seppele: Sponsorgeld war "Kredit"
Haiders ehemaliger persönlicher Referent Robert Seppele sagte am Freitag, die Vorab-Zahlungen an Minardi seien ein "Kredit" gewesen. Haider habe erklärt, er werde das versprochene Geld auftreiben. Über die beiden Russen sei nicht gesprochen worden. "Wo er (Haider) die Sponsoren aufgetrieben hat, hat mich nicht zu interessieren gehabt. Ich hab' nur eine Dienstanweisung zu befolgen", sagte Seppele. Über die Tilgung des Kredits habe Haider gemeint, "wir sollen uns keine Sorgen machen, das wird schon erledigt". Er habe keinen Grund gehabt, daran zu zweifeln, so Seppele, denn: "Man hat sich immer zu 100 Prozent auf den Landeshauptmann verlassen können."

Später habe er erfahren, dass die beiden Russen - mittlerweile auch österreichische Staatsbürger - hinter den Zahlungen steckten. Ein Zusammenhang habe sich für ihn nicht ergeben, so Seppele: "Wenn aner a Sportler is' oder a bissale singen kann, kriegt er die Staatsbürgerschaft", erklärte der Zeuge. Die Geschäftsmänner hätten mit Hotelprojekten Arbeitsplätze geschaffen und mit dem Friesacher-Sponsoring "eine historische Geschichte für den Motorsport in Kärnten" ermöglicht. Insofern hätten sie die Kriterien für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllt.

Dobernig: "Nie etwas damit zu tun gehabt"
Wenig Aufschlüsse brachte am Freitagnachmittag die Befragung von Haiders früherem Büroleiter, dem nunmehrigen Kärntner Finanzlandesrat Harald Dobernig (Bild 4). Er sei weder in das Friesacher-Sponsoring noch in die Staatsbürgerschafts-Anträge involviert gewesen, sagte er vor Gericht. "Im Grund habe ich nie was damit zu tun gehabt. Deswegen war da für mich auch kein Konnex", so Dobernig. Er habe Alexey B. und Artem B. gar nicht gekannt. Diese hatten bereits am Donnerstag jeglichen Zusammenhang zwischen ihren Zahlungen und der Verleihung der Staatsbürgerschaft abgestritten (siehe Infobox).

Friesacher ahnungslos
Auch Friesacher selbst will keine Ahnung gehabt haben, dass die Russen seine Formel-1-Karriere mitfinanzierten. Das habe er erst 2010 aus den Medien erfahren, sagte er vor Gericht. Er solle sich ausschließlich ums Rennfahren kümmern, habe ihm sein Manager gesagt, finanzielle Aspekte habe er daher nicht beachtet.

Rätsel um verschwundenes Gesetzbuch
Für Gesprächsstoff sorgte am Freitag auch ein verschwundenes Gesetzbuch von Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber. Möglicherweise sei es aus dem Verhandlungssaal gestohlen worden, sagte der Vertreter der Anklage, wollte sich jedoch nicht festlegen: Vielleicht habe er es auch in seinem Büro liegengelassen, meinte Pieber. Eine Kollegin, die er telefonisch kontaktiert hatte, konnte es auf seinem Schreibtisch allerdings nicht finden. Diebstahl-Anzeige habe er noch keine erstattet, erklärte er, "aber die Ungewissheit nagt".

Am kommenden Montag wird die Verhandlung fortgesetzt. Falls alles nach Plan verläuft, sollten am Nachmittag die Urteile fallen.

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