ORF-"Pressestunde"

Wifo-Chef: Heer hat halbe Milliarde an Sparpotenzial

Wirtschaft
20.01.2013 13:49
Für Wifo-Chef Karl Aiginger ist das Bundesheer ein "absoluter Selbstbedienungsladen". Aiginger sprach am Sonntagvormittag in der ORF-"Pressestunde" von einer halben Milliarde Euro an Einsparungspotenzial - unabgängig vom Ergebnis der Volksbefragung. Eine Steuerreform sei nur mit Einsparungen beim Heer und in anderen Bereichen zu schaffen.

Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts verwies auf verschiedene Rechnungshofberichte zum Heer, die einen großen Reformbedarf aufgezeigt hätten. So gebe es mehr Offiziere und Unteroffiziere als Grundwehrdiener, die Militärspitäler seien nicht ausgelastet, viele Mitarbeiter hätten nichts zu tun oder würden nicht ihrer Qualifikation gemäß bezahlt. "Das ist ein Körper, der sich verselbstständigt hat", kritisierte Aiginger. Eine halbe Milliarde Euro könne beim Bundesheer eingespart werden. "Die hätte ich schon gern, entweder für eine Steuerreform oder mehr Kinderbetreuung."

Staat ist "grottenschlechter Spekulant"
Aiginger sprach sich außerdem klar gegen Spekulationsgeschäfte der Gebietskörperschaften aus. Der Staat sei ein "grottenschlechter Spekulant". Wie Rechnungshof-Präsident Josef Moser hält Aiginger das zwischen Bund, Ländern und Gemeinden vereinbarte verfassungsrechtliche Spekulationsverbot für nicht ausreichend. Es müsse festgelegt werden, dass vorhandenes Geld zunächst zur Schuldentilgung eingesetzt wird, so der Wifo-Chef. Weiters müssten erlaubte Veranlagungsformen explizit aufgelistet werden. Die Salzburger Finanzaffäre ist für Aiginger noch nicht unbedingt ausgestanden: "Die Frage ist, ob man einen höheren Zinssatz erreicht als jenen des Kredits. Das bezweifle ich."

Faktor Arbeit entlasten
Im Steuerbereich verlangte Aiginger eine Entlastung des Faktors Arbeit. Der Eingangssteuersatz von 36,5 Prozent, aber auch die Sozialversicherungsbeiträge für Niedrigverdiener seien zu hoch. Eine hohe Besteuerung des Faktors Arbeit sei "beschäftigungsvernichtend". Auch den Spitzensteuersatz würde er unter die derzeitigen 50 Prozent senken und statt ab 60.000 Euro möglicherweise erst ab 100.000 Euro Jahreseinkommen gelten lassen. Einer Reichensteuer könne er nicht viel abgewinnen.

Zum Thema Wirtschaftsentwicklung zeigte sich Aiginger optimistisch. Österreich sei in den vergangenen zwölf Jahren stärker gewachsen als Westeuropa. Er gehe davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt heuer um ein Prozent zulegen kann, so Aiginger. Zwar hätten die meisten Konjunkturindikatoren bis November nach unten gezeigt, jetzt deuteten sie allerdings wieder auf Wachstum hin. Die Investitionen in der Industrie sollen laut einer Wifo-Erhebung um rund zehn Prozent steigen. Die von der Industrie erwarteten bis zu 20.000 Kurzarbeiter bereiten Aiginger keine großen Sorgen. Das sei ein Wert, "der mich absolut nicht erschreckt". Kurzarbeit sei ein guter Weg, Humankapital zu erhalten.

Baustelle Bildung
Aber: "Es stimmt, dass Österreich Gefahrenmomente in sich hat." Ohne Reformen werde das Land bei Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Pro-Kopf-Einkommen zurückfallen, mahnte der Wifo-Chef. Eine "ganz große Baustelle" sei der Bildungsbereich. "25 Prozent der Jugendlichen können am Ende ihrer Ausbildung nicht sinnerfassend lesen - ein größeres Armutszeugnis für die Bildungspolitik gibt es nicht." Auch dem Mangel an Facharbeitern auf der einen und dem Überangebot an unqualifizierten Arbeitskräften auf der anderen Seite müsse man dringend beikommen. Die Lehrlingsausbildung sei derzeit zu spezialisiert und zu wenig mit Schulbildung verknüpft.

Zu den in den vergangenen Jahren massiv gestiegenen Wohnkosten meinte der Wifo-Chef, es sollten mehr und kleinere Wohnungen gebaut werden. "Die Bevölkerung wächst wieder, vor allem in Wien. Diese Trendwende hat der Wohnbau nicht mitgemacht." Von strengen Mietpreisobergrenzen, wie sie etwa die Wiener Vizebürgermeistern Maria Vassilakou fordert, hält Aiginger aber nichts. Das sei "ein Rezept von gestern".

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