Salzburg-Skandal

Haslauer: “Verluste waren Finanzbeirat seit 2008 bekannt”

Österreich
04.01.2013 17:06
Dem Salzburger Finanzbeirat waren hohe Verluste bei Spekulationsgeschäften des Landes seit 2008 bekannt: Landeshauptmann-Stellvertreter Wilfried Haslauer zitierte am Freitag aus mehreren Protokollen des Gremiums und stellte fest, dass "jedes Protokoll eine Hiobsbotschaft" sei.

Türkische Lire, Dollar aus Australien und Neuseeland, südafrikanische Rand, Pesos aus Mexiko und britische Pfund - für riskante Geschäfte war in Salzburg nichts zu exotisch. Mit Steuergeld wurden an der Börse Wetten auf Währungen aus aller Welt abgeschlossen. Und dabei Unsummen in den Sand gesetzt.

88 Millionen an realen Verlusten
Für das Jahr 2008 gebe es acht Niederschriften, in denen von sich abzeichnenden Verlusten die Rede sei, so Haslauer. Beim ersten Treffen des Finanzbeirats im Jahr 2009 sei bekannt gegeben worden, dass 88 Millionen Euro an realen Verlusten und 228 Millionen Euro an sogenannten Bewertungsverlusten (der Wert einer Anleihe muss wegen Fallens des Marktpreises nach unten berichtigt werden, Anm.) anfallen.

"Vom Land Salzburg wurde dabei durch Schließung von Positionen und durch den Abschluss von Absicherungsgeschäften im Nominale von 440 Millionen Euro gegengesteuert", zitierte Haslauer aus dem Protokoll vom 18. Februar.

Haslauer: "Brenner muss das gewusst haben"
Für den Salzburger ÖVP-Chef liegt nach Durchsicht der Unterlagen
ein Schluss nahe: "Landeshauptmann-Stellvertreter David Brenner muss das gewusst haben." Es könne nicht sein, dass ihm die Ergebnisse der Beratungen des Finanzbeirats verschwiegen wurden. Und wenn doch, dann hätte Brenner nachfragen müssen, wie es um die Veranlagungen des Landes stehe.

Weder der Landtag, noch der Koalitionspartner ÖVP oder der Rechnungshof seien von den hohen Verlusten informiert worden, kritisierte Haslauer. Im Jahr 2007 habe es noch einen Guthabenstand von 240 Millionen Euro gegeben. "Damals hätte man mit dem Geld auch die Schulden des Landes reduzieren können." Doch die Gewinne seien "als eine Art Privatspielkassa" betrachtet worden.

Dem Finanzbeirat gehörten neben dem Vorsitzenden Eduard Paulus, der am Donnerstag suspendiert wurde, und zwei Mitarbeitern der Finanzabteilung des Landes zwei externe Berater an. Der ÖVP liegen Protokolle der Sitzungen der Jahre 2008, 2009 und 2010 vor. Bester Beweis dafür, dass die ÖVP nichts gewusst habe, sei der Wahlkampf 2009, so Haslauer. "Wenn Hofrat Paulus zu uns gesagt hätte, was sich 2008 abgespielt hat, dann wären wir damit in die Öffentlichkeit gegangen, darauf können Sie sich verlassen", sagte der LH-Stellvertreter. "Das wäre damals sicher wahlentscheidend gewesen."

Verständnis für Paulus-Suspendierung
Haslauer äußerte am Freitag Verständnis für die Suspendierung des ÖVP-nahen Paulus: "In einer solchen Situation kann die Parteizugehörigkeit nicht zählen." Er sehe keine zeitliche Verzögerung bei der Suspendierung. "Ein Abteilungsleiter mit einer derartigen Verantwortung muss selbst dann, wenn der Ressortchef abmauert, die Landeshauptfrau oder die Landesregierung informieren", machte Haslauer klar.

Neuwahlantrag am 23. Jänner
Der Salzburger ÖVP-Chef betonte erneut, dass er aufgrund der Vorgänge kein Vertrauen mehr in den Koalitionspartner habe und seine Partei deshalb am 23. Jänner bei einer Sondersitzung des Landtags einen Neuwahlantrag stellen werde.

Brenner wehrt sich: "Ich habe nicht Bescheid gewusst"
Brenner, der bereits seinen Rücktritt angekündigt hat, wehrte sich am Freitagnachmittag gegen die Vorwürfe von Haslauer. Er habe nicht über die negative Entwicklung der Spekulationsgeschäfte in der Finanzabteilung Bescheid gewusst. "Ich wurde ausschließlich über die Entwicklung des Gesamt-Portfolios, aber nicht über Gewinne und Verluste bei Einzelgeschäften informiert", so Brenner. "Der Finanzbeirat war ja nicht ein Beratungsgremium des jeweiligen Ressortchefs, sondern der zuständigen Abteilung. Grundlage meiner regelmäßigen Besprechungen mit der Finanzabteilung waren daher nicht diese Protokolle, die sehr spezialisierte Fachfragen behandeln, sondern die Gesamtentwicklung des Portfolios des Landes."

Aus den Berichten über die Entwicklung des Portfolios sei zu jedem Zeitpunkt hervorgegangen, dass die Gesamtbewertung im zweistelligen Plus sei. Das von Haslauer selbst vorgelegte Protokoll bestätige, dass im Februar 2009 die Gesamtbewertung des Portfolios mit rund 55 Millionen Euro im Plus gelegen habe. "Die im besagten Protokoll angesprochen 88 Millionen Euro an realisierten Verlusten wurden aus Gewinnen abgedeckt, die in den Jahren zuvor schlagend geworden waren", so Brenner.

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