Preisabsprachen

Kartellstrafe für TV-Hersteller: Kunden jahrelang betrogen

Wirtschaft
05.12.2012 14:01
Verbraucher in der EU haben für Computer und Fernseher wahrscheinlich jahrelang überhöhte Preise bezahlt. Die EU-Kommission schloss am Mittwoch in Brüssel die Verfahren gegen zwei Kartelle von Herstellern von Bildröhren ab, die rund zehn Jahre Absprachen zulasten der Verbraucher getroffen hatten, wie die Kommission erklärte. Die Konzerne sollen zusammen insgesamt 1,47 Milliarden Euro Strafen zahlen - nach den Worten von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia die "höchste Strafe", die die Behörde in einem Kartellfall jemals verhängt hat.

Bei den Unternehmen handelt es sich um Philips, LG Electronics, Samsung SDI Panasonic, Toshiba, Chunghwa, MTPD (gegenwärtig eine Tochter von Panasonic) und Technicolor (vormals Thomson). Sie trafen von 1996 bis 2006 "Preisabsprachen, teilten Märkte und Kunden untereinander auf und beschränkten ihre Produktion", urteilte die Kommission.

Philips kündigte in einer ersten Stellungnahme an, die Entscheidung anfechten zu wollen. "Die Strafe bezieht sich auf ein Geschäftsfeld, das 2001 ausgegliedert wurde, und ist deswegen unangemessen und unberechtigt", teilte Philips-Vorstandschef Frans van Houten in Amsterdam mit. Der Konzern bedauere jede Assoziierung mit einem solchen Verhalten.

Die Kommission ist zwar die oberste Wettbewerbsbehörde in der EU, ihre Entscheidungen können aber vom Europäischen Gerichtshof aufgehoben werden.

Laut Kommission "eines der am besten organisierten Kartelle"
Eins der Kartelle agierte laut Kommission im Sektor Bildröhren für Fernsehgeräte und das andere im Sektor Bildröhren für Computermonitore; ein Teil der Firmen war an beiden Kartellen beteiligt. Sie gehörten demnach "zu den am besten organisierten Kartellen, die die Kommission bisher untersucht hat".

Beide operierten den Ermittlungsergebnissen zufolge auf der ganzen Welt. Die Manager der Unternehmen tauschten sich nach Erkenntnissen der Ermittler zum Teil jede Woche aus. Oft fanden Geheimtreffen auf Golfplätzen in Asien und Europa statt. Sie hießen "Green Meetings", weil die Manager im Anschluss gemeinsam auf dem grünen Rasen gegolft hätten.

Von Kartellmitglied verpfiffen
Unterlagen trugen die Aufforderung: "Folgendes Schriftstück bitte nach Kenntnisnahme vernichten". Die Behörde zitierte in ihrer Mitteilung auch aus einem Protokoll der Kartellteilnehmer: "Es wird zur Geheimhaltung aufgefordert, da eine Offenlegung gegenüber Kunden oder der Europäischen Kommission äußerst schädlich wäre." Chunghwa tat allerdings genau dies: Weil der Konzern die Kommission als erster über die Kartelle informierte, profitierte er von einer Kronzeugenregelung und muss nichts zahlen.

"Kartell wie aus dem Lehrbuch"
"Es ist die höchste Strafe, die die EU-Kommission jemals verhängt hat", sagte EU-Wettbewerbkommissar Joaquin Almunia und sprach von einem "Kartell wie aus dem Lehrbuch". Grund für das hohe Bußgeld sei die lange Dauer seit den 90er-Jahren und der milliardenschwere Schaden zulasten von Verbrauchern. Kartelle sind nach europäischem Recht verboten und werden mit Geldstrafen bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes geahndet.

Bildröhren (Kathodenstrahlröhren) kamen vor allem in Fernsehgeräten zum Einsatz und machten nach EU-Angaben mehr als die Hälfte des Preises für einen Bildschirm aus, sodass das Kartell die Endpreise für Verbraucher in die Höhe getrieben habe. Inzwischen sind die Röhren aber weitgehend von Plasma- und LCD-Displays abgelöst worden.

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