Causa Eurofighter

Mitterlehner für “volle Aufklärung” mittels Task Force

Österreich
29.11.2012 16:37
Reinhold Mitterlehner macht Ernst: Der Wirtschaftsminister versprach am Donnerstag in Sachen Eurofighter-Gegengeschäfte volle Aufklärung und kündigte an, dass derzeit alle Verbindungen noch einmal von einer Task Force im Ministerium geprüft werden. Man werde sich auch an Eurofighter wenden, weil die Firma einen Beitrag leisten könnte, die Verdächtigungen selbst aufzuklären, so Mitterlehner. Der Staatsanwaltschaft bleiben nur rund 200 Tage Zeit für die Ermittlungen, bevor die möglicherweise strafbaren Handlungen verjähren.

Die Kompensationsgeschäfte rund um die Eurofighter waren von Beginn an umstritten. Zuletzt waren im Zusammenhang mit den Gegengeschäften Magna und Unternehmensgründer Frank Stronach in den Fokus gerückt. Laut der vorläufigen Bilanz wurden bis 2010 3,3 Milliarden Euro an Gegengeschäften von 280 Firmen anerkannt - eingereicht worden war ein Volumen von rund 4,1 Milliarden von 320 Firmen.

Die Abschlussgespräche habe man vorerst offen gelassen, weil die Staatsanwaltschaft aufgrund von Ermittlungen Einsicht verlangt habe, bekräftigte Minister Mitterlehner. "Die Unterlagen sind schon übermittelt worden. Man muss nun abwarten, was die Ermittlungen ergeben." Dementsprechend hält Mitterlehner auch nichts davon, jetzt schon von einer eventuellen Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs zu reden.

Mitterlehner will sich "direkt an EADS wenden"
In den nächsten zwei Monaten soll die Task Force im Ministerium die nochmalige Prüfung der Gegengeschäfte abgeschlossen haben, dann will Mitterlehner Gespräche mit EADS führen. "Wir werden uns direkt an den Konzern wenden und einfordern, dass die aufgekommenen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einiger Geschäfte ausgeräumt werden. Eine volle Aufklärung der Thematik ist auch im Interesse aller Unternehmen, die Geschäfte mit tatsächlichen Wertschöpfungseffekten für den Standort Österreich umgesetzt haben", so Mitterlehner. "Gegengeschäfte sind an sich nichts Negatives, nur sollte man auch im Nachhinein dazu stehen."

Alle offenen Fragen, auch Richtung Magna, sollten ausgeräumt werden, wünscht sich der Minister. Erklärungen will er auch zu bestimmten Firmen, zum Beispiel sei Vector (jene Briefkastenfirma, über die mutmaßliche Schmiergelder geflossen sein dürften, Anm.) "bei uns nie aufgetaucht".

Magna-Gegengeschäfte: Bislang 348,4 Mio. Euro angerechnet
In der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der FPÖ im Bundesrat schlüsselte Mitterlehner die Gegengeschäfte des Magna-Konzerns im Zuge des Eurofighter-Deals noch am Donnerstag etwas genauer auf - zumindest die Summen für die Jahre 2003 bis 2010. Von Magna seien bis inklusive 2010 358,6 Millionen Euro eingereicht und bis dato 348,4 Millionen angerechnet worden, rechnete der Minister vor.

In den einzelnen Jahren angerechnet wurden demnach: 2003 28,9 Millionen, 2004 80,3 Millionen, 2005 96,3 Millionen, 2006 59,8 Millionen, 2007 17 Millionen, 2008 10,5 Millionen, 2009 10,3 Millionen und 2010 45,3 Millionen. Für Geschäfte mit dem Flugzeugtechnologiehersteller FACC, der als größter Profiteur des Jet-Deals galt, wurden 2002 bis 2010 458 Millione Euro angerechnet.

Kräuter ortet "Voodoo-Ökonomie"
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter meinte als Reaktion auf Mitterlehners Ankündigung, alles aufklären zu wollen, vereinzelte Gegengeschäfte seien als korrekt einzustufen, insgesamt habe sich allerdings die "Wirtschaftsplattform zur Finanzierung der Eurofighter" als "Voodoo-Ökonomie" und mutmaßliche Korruptionsdrehscheibe entpuppt. Kräuter bot Mitterlehner "Unterstützung bei der Überprüfung der Gegengeschäfte" an.

AAI: "Nicht alles infrage stellen"
Der Verband der österreichischen Luftfahrtzulieferindustrie (AAI) will sich die Gegengeschäfte im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Kauf nicht schlechtreden lassen: Für die Branche gebe es sehr wohl ein reales und wesentliches Gegengeschäft mit dem EADS-Konzern und seinen Tochterunternehmen wie Airbus oder Eurocopter. Diese Gegengeschäfte nun komplett infrage zu stellen, "schadet unseren Geschäftsbeziehungen mit EADS, seinen Tochterunternehmen und schadet damit letztlich österreichischen Unternehmen und Arbeitsplätzen", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

"Die medial aufgezeigten Machenschaften im Hintergrund der Eurofighter-Beschaffung sind ein verschwindender Bruchteil im Vergleich zu den realen Geschäften, welche jährlich zwischen österreichischen Unternehmen und EADS-Firmen abgewickelt werden. Diese Sachen gehören aufgeklärt, aber deswegen kann man nicht die real nachweisbaren Gegengeschäfte allesamt als 'Voodoo' hinstellen", kritisierte AAI-Generalsekretär Franz Hrachowitz.

Verjährungsfrist: Justiz läuft die Zeit davon
Der Justiz und den Kriminalisten läuft indes die Zeit davon: Einige der im Krimi involvierten Täter können aufatmen - ihre Straftaten sind verjährt. "Das Problem ist tatsächlich, dass viele dieser Korruptions- und Geldwäsche-Aktionen schon 2001, 2002 und 2003 über die Bühne gegangen sein dürften", meint ein Staatsanwalt im "Krone"-Gespräch, dass bereits vor dem Vertragsabschluss von EADS mit der Republik am 2. Juli 2003 das Bestechungs-System längst funktioniert haben muss. Somit bleiben der Justiz in dieser Verjährungsfrist nur noch etwas mehr als 200 Tage, um Beweise zu finden, die mutmaßliche Tatverdächtige konkret belasten.

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