"Bin kein Betrüger"

Freunde statt Bank beliehen: 50.000 € Strafe drohen

Österreich
18.10.2012 16:59
Heinrich "Heini" Staudinger (Bild) ist Gründer der Waldviertler Schuhfirma GEA. Seine Kredite - bisher drei Millionen Euro - nimmt er bei Freunden, Verwandten und Unterstützern auf, die ihm das Geld förmlich nachwerfen. Denn wer vertraut heute noch einer Bank? Der Finanzmarktaufsicht ist das allerdings ein Dorn im Auge. Sie hat den 59-jährigen Selfmade-Man angezeigt - wegen Bankgeschäften ohne Konzession.

"Ich muss den Leuten schon sagen, dass ich ihr Geld im Moment nicht brauche", greift sich der 59-jährige Heini Staudinger an den Kopf. "Hat Ihnen das eine Bank schon jemals gesagt?" Dass die Leute Heini das Geld regelrecht nachschmeißen, liegt daran, dass der resolute Unternehmer eine Erfolgsgeschichte lebt, "und weil wir ein sympathischerer Hafen sind, um Geld anzulegen, als die meisten Banken. Viele sagen mir sogar, dass wir auch der sicherere Hafen sind", so der 59-Jährige.

"Das Ziel war Bankenunabhängigkeit"
Und so kam es dazu: Da ihm seine Hausbank 1999 den Kreditrahmen für sein aufstrebendes Unternehmen drastisch herabsetzte, borgte sich Heini zuerst Geld von Vater, Bruder und Schwester. Dann von Freunden, das war im Jahr 2003. Zwölf Monate später wurde daraus der GEA Sparverein. "Das Ziel war Bankenunabhängigkeit", so Staudinger, also Schuldenfreiheit, die er innerhalb von vier Jahren erlangte.

Staudinger steckt das Geld in den Ausbau seines Unternehmens und zahlt es zu einem üblichen Zinssatz zurück. Und weil ihm Schuhe bald nicht mehr genug waren, verschrieb er sich der Energiewende. Mit geborgtem Geld ließ er die größte Photovoltaikanlage des Waldviertels errichten. Die produziert mehr Energie, als die Schuhfirma brauchen kann. Vom Überschuss profitiert die Region.

Unternehmen macht 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr
So schuf Heini, nachdem er vor 28 Jahren in einem Wiener Studentencafé die Idee zu seinen Kulttretern hatte, bis heute 200 Arbeitsplätze, mehr als 100 davon in Schrems - im von der Finanzkrise gebeutelten Waldviertel. Mittlerweile macht das Unternehmen 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Der Haken der Erfolgsgeschichte: Die Finanzmarktaufsicht hat Heini Staudinger angezeigt, weil er Bankgeschäfte ohne Konzession tätige. Der Strafrahmen für dieses Vergehen liegt bei bis zu 50.000 Euro. Bis 1. Oktober hätte er das gesamte geborgte Geld - rund drei Millionen Euro - zurückzahlen müssen.

"Zahle denen keinen Groschen"
Diese Frist hat der kämpferische Heini verstreichen lassen. "Ich zahle denen keinen Groschen. Ich bin bereit, für dieses Modell zu kämpfen. Wir nehmen die Gestaltung unseres Lebensraumes ernst. Ich bin kein Verbrecher, ich bin kein Betrüger. Die Leute vertrauen mir", so der 59-Jährige. Der juristische Kampf um Staudingers Geschäftsmodell wird voraussichtlich sehr lange dauern. Wer wird den längeren Atem haben? David oder Goliath?

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