BZÖ-Überläufer Nr. 4

Mischt Stronach noch vor Wahl im Parlament mit?

Österreich
12.10.2012 13:23
Frank Stronachs neue Partei könnte noch vor der Wahl 2013 im Parlament mitmischen: Der Vorarlberger Christoph Hagen hat am Freitag verkündet, dass er als vierter Mandatar vom BZÖ in das Team des Austro-Kanadiers wechselt. Stronach muss somit nur einen weiteren orangen Nationalratsmandatar abwerben, um einen Parlamentsklub zu gründen. Hagen streute Stronach bei einer Pressekonferenz Rosen und teilte kräftig Kritik an Bündnis-Chef Josef Bucher aus. Das BZÖ hat Hagen Freitag früh postwendend aus der Partei geworfen.

Dass das "Team Stronach" neuerlichen Personalzuwachs bekommt, ist nicht wirklich überraschend. So war Hagens Wechsel im orangen Bündnis zuletzt schon vermutet worden. Er selbst hatte sich freilich am Donnerstag noch in Dementis geübt: "Für mich ist das echt witzig. So einen Blödsinn kommentiere ich gar nicht mehr", sagte der bisherige BZÖ-Landesobmann Vorarlbergs auf einen Wechsel zu Stronach angesprochen. Freitag früh folgte dann aber die Bestätigung in der "Neuen Vorarlberger Tageszeitung", danach auf einer Pressekonferenz in Wien mit Ex-BZÖler Robert Lugar (im Bild links beim Händedruck mit Neo-Parteikollege Christoph Hagen), der schon im August zum "Team Stronach" gewechselt war.

Noch ein BZÖler, dann winkt Klubstatus
Mit Hagen hat die Stronach-Partei nun fünf Abgeordnete im Nationalrat und könnte somit theoretisch Klubstatus beantragen. Da es aber fünf Mandatare braucht, die bei der letzten Wahl auf derselben Liste angetreten sind, um automatisch Fraktionsstärke zu erlangen, bräuchte es noch einen BZÖ-Abgeordneten, weil Stronach-Mandatar Gerhard Köfer aus der SPÖ kommt.

Hagen deutete an, dass dies kein Problem darstellen werde: "Ich gehe davon aus, dass noch ein fünfter BZÖler wechseln wird." Deswegen werde man auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Klubstatus beantragen - darüber müsste dann nämlich das Parlament abstimmen. Der Klubstatus ist insofern interessant, da Stronach dann auf Einladungen des ORF bei den diversen Wahldebatten hoffen darf, weil er dann ja eine Parlamentspartei vertritt. Darüber hinaus sind die Abgeordneten dann in der Präsidialkonferenz vertreten und haben Anspruch auf eigene Räumlichkeiten und Klubförderung: Diese besteht aus einer Sockelförderung von rund 1,2 Millionen Euro pro Jahr, pro Abgeordnetem gibt es 46.200 Euro pro Jahr dazu.

Stronach will 10 Überläufer, BZÖ verlor ein Drittel Mandatare
Laut Lugar strebt das Team Stronach bis zur Wahl "sieben bis zehn" Mandatare an, die von anderen Parteien zur neuen Partei wechseln sollen. "Wir wollen eine überparteiliche Plattform", sagte Lugar. Er selbst habe "ganz gute Chancen" auf den Klubchef, wie er auf eine entsprechende Frage erklärte. "Ich bin im Gespräch."

Das BZÖ hat in dieser Legislaturperiode einen außergewöhnlichen Schrumpfungsprozess vollzogen. Mit dem Abgang von Christoph Hagen ist schon ein Drittel der orangen Sitze abhandengekommen. Gehörten dem Klub des Bündnisses nach dem sensationellen Wahlerfolg unter Spitzenkandidat Jörg Haider im Jahr 2008 ursprünglich 21 Mitglieder an, sind es seit heute nach Rauswürfen und Überläufen zur FPÖ und Stronach gerade noch 14.

Aber nicht nur aus dem BZÖ, auch aus der ÖVP erwartet man beim "Team Stronach" Verstärkung: Seitens der Volkspartei hätten bereits vier Abgeordnete Interesse gezeigt. Einen der Interessenten habe man aber ablehnen müssen, da man nur "unbelastete" Abgeordnete wolle, erklärte Lugar auf der Pressekonferenz.

Hagen: Geld keine Motivation für Übertritt
Dass er nach FPÖ und BZÖ nun schon der dritten Partei angehören wird, ist für den Neo-"Team Stronach"-Politiker Hagen nichts Besonderes: "Es ist nicht mehr so, dass man von der Wiege bis zur Bahre ein und derselben Partei angehören muss."

Geld hat der Vorarlberger eigenen Angaben zufolge von Stronach nicht erhalten: "Gar nichts. Ich bin vor einiger Zeit auf ihn zugegangen, weil mir seine Linie gut gefällt." Darunter versteht Hagen unter anderem, dass Stronach "mit Bill Clinton genauso wie mit der kleinen Putzfrau" spreche. Als erstes wird der bisherige BZÖ-Landeschef nun eine Stronach-Gruppe in Vorarlberg aufbauen.

Bündnis wirft Hagen raus: "Team Milliardärssöldner"
Das BZÖ reagierte am Freitag prompt mit einem Rauswurf: "Christoph Hagen ist mit sofortiger Wirkung nicht mehr Mitglied des BZÖ, des Parlamentsklubs des BZÖ und als Vorarlberger Bündnisobmann abgesetzt. Wer den geraden, unbestechlichen Weg des Josef Bucher verlässt, der hat im BZÖ keinen Platz und ist beim 'Team Milliardärssöldner' besser aufgehoben", erklärte Bündniskoordinator Markus Fauland. Hagen sei "ein Paradebeispiel für Wahrheit, Transparenz, Fairness Marke Stronach".

"Hagen hat noch gestern, am Todestag Jörg Haiders, mir persönlich, wie auch mehrfach gegenüber Journalisten, versichert, nicht zu wechseln; jeder kann sich damit seine Meinung selbst bilden. Das BZÖ mit Josef Bucher geht geradlinig seinen Weg, Josef Bucher steht für Anstand und Charakter. Wer sich kaufen lässt, der muss das gegenüber seinen für dumm verkauften Wählern rechtfertigen."

Hagen: BZÖ Vorarlberg von Bucher "im Stich gelassen"
Auf der Pressekonferenz wies Hagen Faulands Vorwürfe zurück und begründet den Wechsel mit "Frustration". Die Vorarlberger Landesgruppe sei von Bündnis-Chef Bucher "im Stich gelassen" worden, sagte er. Die Darstellung, er habe dem BZÖ gegenüber sein Wort gegeben, nicht zu Stronach zu wechseln, sei inkorrekt: "Ich habe nie mein Ehrenwort gegeben."

Dass er noch in mehreren Interviews einen Wechsel zu Stronach als "Blödsinn" bezeichnet hatte, rechtfertigte er damit, dass er vor der Bekanntgabe noch seine Freunde habe informieren wollen. Dies sei auch absolut mit den Werten Stronachs - Wahrheit, Transparenz und Fairness - vereinbar, so Hagen und Lugar in Anspielung auf die Vorwürfe des BZÖ.

Übertritts-Gerüchteküche brodelt
In den vergangenen Tagen waren außer Hagen die BZÖ-Mandatare Stefan Markowitz und Martina Schenk als "Stronach-Übertrittswillige" kolportiert worden. Ersterer dementierte jedoch, worauf es vonseiten des Bündnisses hieß, man zweifle nicht am "Ehrenwort" des Abgeordneten. Für Schenk wäre es nicht der erste aufsehenerregende Wechsel: Sie trat 2008 vom Posten der FPÖ-Geschäftsführerin auf die Bundesliste des BZÖ über.

Den Präzedenzfall, mit fünf Mandataren einer bestehenden Nationalratsfraktion einen völlig neuen Klub zu gründen, hatte übrigens das Liberale Forum 1993 herbeigeführt, als sich Heide Schmidt mit vier weiteren Abgeordneten von der Haider-FPÖ abspaltete. Der damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer gab dem Antrag statt. Seine Nachfolgerin, Barbara Prammer, hatte sich vor ein paar Wochen eher reserviert gezeigt, was einen etwaigen Stronach-Antrag betrifft. Sie würde das "umfangreich" prüfen.

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