Treffen mit Faymann

Finanztransaktions-Steuer laut Schulz bald EU-weit

Österreich
12.10.2012 08:20
Martin Schulz, der Präsident des europäischen Parlaments, ist überzeugt, dass die am Dienstag von elf EU-Staaten beschlossene Einführung einer Finanztransaktionssteuer "in der EU zu einer flächendeckend erhobenen Steuer werden" wird. "Wenn diese Quelle sprudelt, werden sich auch andere anschließen." Anlässlich eines Besuches in Wien bekräftigte Schulz am Donnerstag nach einer Unterredung mit Bundeskanzler Werner Faymann, dass es "nicht sein kann, dass diejenigen, die diese Krise mitverursacht haben, sich aus der Verantwortung stehlen".

Wie schon bei Faymanns Besuch bei Frankreichs Präsident Francois Hollande am Dienstag (siehe Infobox) geriet auch der Presseauftritt mit dem Sozialdemokraten Schulz zur gemeinsamen Freudenkundgebung über die Weichenstellung in Richtung Finanztransaktionssteuer.

Der Kanzler zeigte sich befriedigt über einen "guten Anfang", der demonstriere, dass "es einen Sinn hat, wenn sich Gleichgesinnte gemeinsam in die Schlacht werfen". Schulz bedankte sich mit der Erinnerung, dass es "Phasen im EU-Rat gab, als nur einer auf diese Finanztranssaktionssteuer drängte" – und das sei Werner Faymann gewesen.

Bei allem Hochgefühl erinnerte Schulz dennoch daran, dass die EU nach wie vor "in einer tiefen Krise" stecke, die nur zu bewältigen sein werde, "wenn nationale Egoismen nicht gemeinsame Interessen überlagern". Vor allem Großbritannien stellt sich vehement gegen die Finanztransaktionssteuer.

Sonderbudget für die Euro-17 für Schulz "denkbar"
Schulz sprach sich zudem bei einer Diskussionsveranstaltung am Donnerstagabend in Wien für die Möglichkeit eines zentralen Budgets der Euro-Staaten aus. Zwar wäre weiterhin ein mit einer Bankenlizenz ausgestatteter ESM-Rettungsschirm die für ihn "beste Lösung", doch sei "ein Sonderbudget für die Euro-17" für Schulz denkbar. In der Diskussion mit ÖGB-Präsident Erich Foglar betonte Schulz auch die wachsende Bedeutung des Europäischen Parlaments in der Bewältigung der Krise.

Nationalstaaten würden bei der Regelung bestimmter Fragen an ihre Grenzen stoßen, sagte Schulz am Donnerstag vor dem EU-Hauptausschuss des Nationalrates. Dabei meinte er, Probleme wie die Verschiebungen im globalen politischen wie ökonomischen Machtgefüge in den asiatischen Raum, die außer Kontrolle geratenen Finanzmärkte oder die grassierende weltweite Spekulation auf Nahrungsmittel. "Es zeugt von Realitätsverlust, zu erzählen, angesichts dieser Entwicklungen habe die große Stunde der Nationalstaaten geschlagen."

Vor allem ein Thema griff Schulz vor den Abgeordneten heraus: „Die Migrationsfrage wird das 21. Jahrhundert prägen – die Ressourcenverteilung auf dieser Welt ist ungerecht.“ Europa könne den Migrationsdruck am besten mindern, indem es sich etwa in den Staaten Nordafrikas bei der Hungerbekämpfung, beim Wassermanagement und beim Aufbau einer nachhaltigen Landwirtschaft engagiere: "Durch Re-Nationalisierung ist das nicht erreichbar."

Der deutsche Parlamentarier nahm mit seiner Kritik an stärker national geprägtem Handeln auch österreichische Politiker ins Visier: "Die, die nur Nein sagen zu Europa, die haben einen Vorteil, ob das so ein Stronach ist oder Strache. Sie sind nie gezwungen zu sagen, was sie selbst anders machen würden, während wir ständig in der Legitimationspflicht sind."

In der "ZiB 2" trat Schulz zudem dafür ein, Griechenland und Spanien mehr Zeit für ihre Reformen zu geben und ihnen "nicht Sparorgien aufs Auge zu drücken". Es liege auch im Interesse der reicheren EU-Länder wie etwa Deutschland, "dass ihre Exportmärkte nicht zusammenbrechen".

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