Heer-Volksbefragung

“Ich war schon sicherer, dass das glatt ausgeht”

Österreich
07.10.2012 13:18
Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ist nicht mehr so zuversichtlich, dass das Ergebnis der Volksbefragung zur Wehrpflicht den Willen der SPÖ widerspiegeln wird. "Ich war vor einigen Monaten schon sicherer, dass das glatt ausgeht", sagte Burgstaller am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Ihren Parteichef, Kanzler Werner Faymann, verteidigte sie in der Inseratenaffäre. Eine Koalition mit FPÖ oder BZÖ hält Burgstaller für "problematisch", mit den Grünen hingegen wäre eine Zusammenarbeit "eine spannende Ansage".

Festlegen, wie sie selbst bei der Volksbefragung zur Wehrpflicht am 19. Jänner abstimmen wird, wollte sich Burgstaller nicht. Ihrer Meinung nach wäre ein Aussetzen der Wehrpflicht jedenfalls der bessere Weg gewesen, um ein Berufsheer-Modell einmal zu testen. Den ist die Wehrpflicht einmal abgeschafft, sei die Wiedereinführung schwierig, befürchtet Burgstaller. In den kommenden Monaten gelte es jedenfalls, die Bevölkerung sachlich zu informieren und ein Parteien-Hick-Hack bei diesem Thema zu verhindern.

Inseratenaffäre: "Ostermayer hat vieles klargestellt"
In der Inseratenaffäre, die auch Thema im Korruptions-U-Ausschuss war, stellte sich Burgstaller hinter Faymann, dessen Befragung verhindert worden war. "Ich glaube, dass Staatssekretär Josef Ostermayer bei seiner Aussage vieles klargestellt hat." Dass der Ausschuss vorzeitig "abgedreht" worden sei, sieht die SPÖ-Politikerin nicht so. Vier Parteien hätten sich immerhin für ein Ende entschieden. Und: "Ich glaube schon, dass FPÖ und BZÖ einiges zu verbergen haben." Auch die umstrittenen Inserate Faymanns in seiner Zeit als Infrastrukturminister verteidigte Burgstaller: Die Vorgängerregierung habe die Bahn ins "politische Eck" gestellt, Faymann habe als Erster versucht, das Image wieder anzuheben.

Burgstaller hält an ihrem Studiengebührenmodell fest
Im Bildungsbereich warb Burgstaller für ihr Studiengebührenmodell. Dies würde die soziale Situation der Studenten erheblich verbessern. Gleichzeitig sei es dem Steuerzahler schwer zu erklären, warum ausländische Studenten in Österreich gratis studieren können. Zur Kritik an ihrem Modell auch aus ihrer eigenen Partei meinte sie: "Ein reflexartiges Ablehnen von Studienbeiträgen ist für mich kein besonderes Zeichen von Intelligenz." Auch ihren Vorschlag, die Urlaubszeit für Lehrer im Sommer zu verkürzen, verteidigte die Landeshauptfrau. Es gehe lediglich darum, die Eltern in diesen neun Wochen nicht im Stich zu lassen. "Das heißt ja nicht, alle Lehrer müssen dann da sein."

Senkung von Lohn- und Einkommensteuer erwünscht
Eine Senkung von Lohn- und Einkommensteuer hielte Burgstaller weiterhin für sinnvoll - dies könne allerdings nicht sofort geschehen. "Jetzt so zu tun, als könnten wir Steuern senken, das wäre ein an die Wand fahren des Budgets." Auch eine Senkung des Eingangssteuersatzes sei "dringend" notwendig, ebenso wie eine Neuregelung der Einheitswerte, die der Verfassungsgerichtshof ohnehin kippen werde. Zudem wünscht sich Burgstaller "ein kleines aber feines Gremium", welches die Vorschläge des Rechnungshofes der letzten Jahre "abarbeitet", um das Budget wieder auf Null zu bringen. Einmal mehr plädierte Burgstaller auch für Vermögenssteuern.

Koalition mit Grünen wäre "eine spannende Ansage"
Ihre Koalitionspräferenzen hat Burgstaller mittlerweile geändert. Wäre eine Zusammenarbeit mit den Grünen in Salzburg vor Jahren noch "ein Wahnsinn" gewesen, sei dies in der jetzigen politischen Situation anders - und wäre zumindest "eine spannende Ansage". Auch auf Bundesebene sei eine größere Auswahl an politischen Partnern wünschenswert: "Es wäre ein Segen, wenn die SPÖ neben einer Koalition mit der ÖVP weitere Optionen hat." Dies seien etwa ebenfalls die Grünen, eine Zusammenarbeit mit FPÖ und BZÖ wäre hingegen "problematisch". Und was der Unternehmer und Neo-Politiker Frank Stronach bisher vertreten hat, "ist für mich auch kein wirklicher Eintritt in die Regierung", so Burgstaller.

Neues SP-Parteiprogramm: Rückendeckung für Blecha
Dass ausgerechnet Pensionistenchef Karl Blecha die Erstellung des neuen Parteiprogramms der SPÖ koordinieren soll, hält Burgstaller für unproblematisch. Er sei "erfahren" und habe "vielleicht mehr Zeit", so etwas zu tun, als andere. Schließlich schloss Burgstaller einen Wechsel in die Bundespolitik für sich aus, ebenso wie den Wunsch, in der Politik in Pension zu gehen.

ÖVP ortet "kommunistischen Reflex"
Erwartungsgemäß kein gutes Haar ließen OVP, FPÖ und BZÖ an den Aussagen Burgstallers, auch die Grünen äußerten sich skeptisch. VP-Generalsekretär Hannes Rauch ortete wegen Burgstallers Forderung nach einer Vermögensteuer einen "kommunistischen Reflex". "Jeder, der tagtäglich arbeitet, reinbeißt und sich und seiner Familie etwas aufbaut - bis hin zum Häuschen mit Garten -, dem darf nichts weggenommen werden", machte Rauch die ÖVP-Position abermals klar. Die Last liege schon jetzt auf Mittelstand und Familien. "Neue Steuern zu erfinden, passt bestens zur rückwärtsgerichteten Politik der SPÖ."

FPÖ sieht "Plädoyer für Mehrbelastungen"
Ein "reines SPÖ-Plädoyer für Steuererhöhungen und Mehrbelastungen" vernahm FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. "Und das, obwohl Österreich im internationalen Vergleich bereits eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten hat." Offenbar glaube die SPÖ, "dass sie sich unter dem Missbrauch des Titels der Gerechtigkeit jede Steuersauerei erlauben kann". Der kommende SPÖ-Parteitag werde im Kern nichts anderes sein, "als ein Aufmarschplan für einen weiteren Raubzug gegen die eigene Bevölkerung".

BZÖ: Vorgehen "nicht verantwortungsvoll"
"Offenbar traut sich Gabi Burgstaller selbst nicht zu, ihre Vorstellungen und Ideen in einer Bundesregierung umzusetzen", meinte der orange Bündniskoordinator Markus Fauland. Denn nur aus zweiter Reihe - "teilweise vernünftige" - Ansichten ihrem eigenen Parteichef Werner Faymann auszurichten und dann selbst nicht dazu bereit zu sein, eine bundespolitische Funktion zu übernehmen, "ist nicht verantwortungsvoll".

Grüne: "Tiefe Zerstrittenheit" in der SPÖ
Für den Bundesgeschäftsführer der Grünen, Stefan Wallner, zeigte Burgstaller in der "Pressestunde" die "tiefe Zerstrittenheit" bei den Sozialdemokraten. Mit Ausnahme der Steuerpolitik habe Salzburgs Landeshauptfrau als "der Erwin Pröll der SPÖ" in allen angesprochenen Themen dem SPÖ-Vorsitzenden Faymann widersprochen - etwa beim U-Ausschuss, der Wehrpflicht, den Studiengebühren und der Lehrerarbeitszeit. "Die SPÖ wird eine Frage sehr bald beantworten müssen: Wer gibt die Richtung vor?"

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