"Ich mache weiter!"

Richard Lugner: Der schlaue Kasperl wird 80 Jahre alt

Adabei
30.09.2012 09:00
Richard Lugner hat die prunkvollste Moschee Österreichs gebaut, trotz Abratens sämtlicher Experten mitten am Wiener Gürtel ein erfolgreiches Einkaufszentrum aus dem Boden gestampft und verschafft den Organisatorinnen des Opernballes mit seinen illustren Stargästen alljährlich schlaflose Nächte. Am 11. Oktober wird "Mörtel" 80 Jahre alt. Und ans Aufhören denkt er nicht: "Solange ich gesundheitlich dazu in der Lage bin, mache ich weiter", sagte der Baumeister.

Es gab eine Zeit, da war Richard Lugner völlig unbekannt. Während sich im Bauboom der 1960er-Jahre die großen Firmen im Kampf um die Großaufträge gegenseitig aufrieben, spezialisierte sich der junge Lugner auf kleine Baustellen. Bereits damals verstand er es, auf jeden erdenklichen Weg Aufmerksamkeit zu erreichen: Er unterbot Anbote für Baustellen in der Innenstadt - nur um möglichst präsent zu sein. Seine Firmenschilder waren schreiend rot anstatt des üblichen Weiß und derart platziert, dass sie nicht zu übersehen waren.

Seinen ersten großen Coup landete der Baumeister 1975, als ihm vom damaligen saudiarabischen König Faisal ibn al-Aziz der Auftrag zum Bau der Wiener Moschee in Floridsdorf erteilt wurde. Dadurch kam Lugner auch das erste Mal mit einem Berufsstand in Kontakt, der sein Leben nachhaltig prägen sollten: die Journalisten. "Es gefiel mir, in der Zeitung zu stehen", sagte der Baumeister.

"Lugner City" gegen alle Chancen
Im Jahr 1988 kaufte Richard Lugner um 14 Millionen Schilling einen Grund direkt am Wiener Gürtel unweit der Stadthalle in Rudolfsheim-Fünfhaus. Sein Plan: die Errichtung seines eigenen Einkaufszentrums, der "Lugner City". Das erste Gutachten sprach allerdings eine eindeutige Sprache. Das Projekt sei aufgrund des Standortes und der schwachen Kaufkraft der Anrainer todgeweiht. "Ich habe es trotzdem gemacht", meinte "Mörtel".

Im September 1990 wurde die "Lugner City" von Dagmar Koller eröffnet. Bei der Werbung für seine City setzte Lugner von Anfang an auf trashiges Guerilla-Marketing, auch wenn er gar nicht wusste, was das eigentlich ist. Anstatt klassischer Strategien wie Winterschlussverkauf, Muttertags-Rabatt und Aktionen zum Schulbeginn gab es beim Baumeister Volksbelustigungen wie den ersten Frauenboxkampf Österreichs.

Im Jahr 1990 heiratete Lugner mit Christina seine vierte Frau. Und wohl kaum eine andere Begleiterin an Lugners Seite hatte einen ähnlichen Zug zur Öffentlichkeit wie "Mausi". Das Paar bekam mit Jacqueline eine gemeinsame Tochter. Im August 2007 wurde die Ehe geschieden. Seitdem fanden sich an der Seite "Mörtels" unterschiedliche Frauen, die allesamt Tiernamen verpasst bekamen. Seine derzeitige Lebensgefährtin Anastasia Sokol alias "Katzi" macht allerdings vor allem durch ihre angeschlagene Gesundheit und offensichtlichen Essstörungen Schlagzeilen.

Das Phantom des Opernballes
Zur Berühmtheit wurde Richard Lugner aber durch seine alljährlichen Auftritte am Wiener Opernball. "Ich kam durch Zufall dazu", erinnerte sich Lugner. 1990 wurde er von einem Agenten kontaktiert, ob er nicht mit der Schauspielerin Gina Lollobrigida zum Opernball gehen wolle. Das Honorar wären damals bescheidene 100.000 Schilling gewesen. Lugner sagte zu, doch dann brach 1991 der Golfkrieg aus, der Opernball wurde abgesagt und der Vertrag blieb ununterschrieben.

Der schlaue Baumeister hatte aber verstanden, dass fremder Ruhm zur eigenen Vermarktung bestens eingesetzt werden kann. Es folgten Gäste wie Harry Belafonte, Joan Collins, Sophia Loren, Sarah "Förtschi" Ferguson und Jacqueline Bisset. Die größten Coups des Baumeisters waren aber zweifellos Pamela Anderson (2003) und Paris Hilton (2007).

Seine brachial-protzigen Auftritte brachten den Baumeister aber auch immer wieder in Konflikt mit den Organisatoren. Als er im Jahr 2011 "Ruby", eine angebliche Gespielin des damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, zum Ball holte, drohte Desiree Treichl-Stürgkh Lugner sogar mit Logenentzug.

Obwohl er seine "schlechte Behandlung" alljährlich wortgewaltig in jedes Mikrofon raunzt, das in der Nähe ist, weiß der Baumeister doch, dass er und das Fest längst zu einer ganz eigenen Symbiose geworden sind. Die Organisatoren sorgen für den Glanz, Lugner für den Trash. "Und außerdem, wenn sie mir keine Loge geben, dann übernehme ich einfach die Kosten von jemanden, der eine hat, und quartiere mich dort ein", meinte er. Für den kommenden Ball hat Lugner übrigens bereits einen Gast an der Angel. "Sehr toll, sehr toll."

Erfolgreicher Reality-TV-Star
Neben seinen Opernball-Auftritten wurde der Baumeister samt Sippe auch zum Star der ATV-Sendung "Die Lugners", in der kaum ein Detail seines Privatlebens nicht öffentlich gemacht wurde. Den Erfolg der Sendung sieht der Baumeister weniger in der Lust des Fremdschämens, sondern in seiner Person begründet. "Die Menschen merken, dass ich authentisch bin. Schauen Sie sich nur die Karina Sarkissova an, die ist ein reines Kunstprodukt." In der ORF-Sendung "Wir sind Kaiser" fungiert Lugner als Running Gag.

Dass seine Auftritte mitunter bizarr sind, räumt Lugner ein. "Vieles, was ich jetzt mache, hätte ich als Baumeister nicht machen können, da hätte ich die Kunden verschreckt", sagte "Mörtl". Doch auch wenn sich Lugner seine Gedanken darüber macht, was aus seinem Lebenswerk wird, wenn er einmal nicht mehr ist - ans Aufhören denkt er nicht: "Solange es gesundheitlich geht, mache ich weiter. Und wenn es nicht mehr geht, hoffe ich, dass ich sanft entschlafe."

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(Bild: kmm)



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