Partei-Broschüren

Lopatka keilte bei ÖBB Inserat, SPÖ stolpert über Kritik

Österreich
26.09.2012 16:02
Genau eine Woche im Amt, sieht sich Staatssekretär Reinhold Lopatka schon mit Rücktrittsaufruf und Korruptionsanzeige konfrontiert. Laut "News" organisierte der ÖVP-Politiker 2005 ein ÖBB-Inserat in einer Broschüre zu Wolfgang Schüssels 60. Geburtstag. Kostenpunkt für das "Zeichen der Verbundenheit": knapp 17.000 Euro. Der Staatssekretär sieht daran nichts Verwerfliches. SPÖ-Geschäftsführer Günter Kräuter kritisierte Lopatka hingegen heftig, vergaß dabei aber offenbar, dass die ÖBB 2005 auch in einer roten Broschüre dasselbe Inserat geschaltet hatten...

Lopatka, damals noch Generalsekretär der Volkspartei, wandte sich laut "News" 2005 direkt an den damaligen ÖBB-Vorstand Martin Huber und bat diesen, eine Broschüre für die Geburtstagsfeier - genannt "Ein musikalischer Abend für Wolfgang Schüssel" - finanziell zu unterstützen: "Dein Beitrag, der in so einem exklusiven Rahmen präsentiert wird, ist sicherlich auch ein schönes Zeichen deiner Verbundenheit mit Wolfgang Schüssel."

Die ÖBB zahlten dann offenbar tatsächlich. Abgewickelt wurde die Unterstützung für die Feier über ein einseitiges Inserat in der aufgelegen Festbroschüre. Das ÖVP-Generalsekretariat legte eine Rechnung über 15.750 Euro an die ÖBB-eigene Agentur CI&M. Diese Agentur verrechnete der ÖBB Holding AG dann im September 2005 den Betrag zuzüglich einer Provision unter dem Rechnungszweck "Österreichische Volkspartei" weiter, woraufhin die ÖBB-Holding insgesamt 17.023,70 Euro bezahlte.

FPÖ will Lopatka im Ausschuss, BZÖ gar Rücktritt
Das Sponsoring ist insofern pikant, als sich gerade Lopatka in der Vergangenheit einen Namen als Kritiker von Missständen und Geldverschwendung bei den ÖBB gemacht hat. Sätze wie "Die ÖBB sind und bleiben ein Frühpensionistenparadies auf Kosten der Steuerzahler" oder "Bei den ÖBB richten sich's alle" gehörten zu seinem Fix-Repertoire.

Dementsprechend auf Zurückhaltung verzichteten am Mittwoch die übrigen Parteien in ihren Reaktionen auf Lopatka: FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky will den ÖVP-Politiker gleich vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss laden lassen. Da die finanzielle Abwicklung über Inserate erfolgt sei, müsse das Gremium auch die aufklärungswürdige Parteienfinanzierung in Richtung ÖVP untersuchen. "Der rote ÖBB-Skandal bekommt jetzt auch schwarze Schatten", freute sich der freiheitliche Fraktionsführer.

BZÖ-Obmann Josef Bucher will Lopatka ebenfalls im U-Ausschuss sehen, gleichzeitig tat er seine Meinung kund, dass Lopatka sein Amt zurücklegen sollte, wenn sich das Sponsoring tatsächlich so abgespielt habe, wie von "News" berichtet.

Lopatka: ÖBB angeschrieben, weil sie bei ÖVP null inserierte
Lopatka erklärte am Mittwoch hingegen, er habe ein "reines Gewissen". Er wolle den Generalsekretär einer anderen Partei sehen, der sich nie neben der öffentlichen Parteienförderung um Inserate bemüht habe. Mit der Broschüre sei es unter anderem darum gegangen, eine von Andreas Khol, Wilhelm Molterer und ihm selbst herausgegebene Festschrift zu Schüssels Ehren (Bild) zu bewerben.

Die ÖBB seien auch bei Weitem nicht das einzige Unternehmen gewesen, das er angeschrieben habe. Schließlich habe zum Beispiel auch die BAWAG, die damals noch Gewerkschaftsbank gewesen sei, in der Broschüre inseriert. An die Bahn habe er sich bewusst gewandt. Denn er habe registriert, dass die ÖBB bis dahin bei der ÖVP null inseriert, dafür aber bei der SPÖ für Kanzlerfest und Broschüren Hunderttausende Euro aufgewandt hätten.

Wie hoch die Auflage der Broschüre gewesen war, konnte Lopatka auswendig nicht sagen. Es seien aber viele Tausend Exemplare aufgelegt worden, die dann an alle Bürgermeister und Funktionäre gegangen seien. Der Forderung, ihn vor den U-Ausschuss zu laden, entgegnete Lopatka gelassen: "Ich komme gerne, wenn man das wünscht zu dem Thema. Ich habe ein absolut reines Gewissen."

Kräuter dementiert, ÖBB-Inserat aber auch in SP-Broschüre
Lopatkas Aussagen, wonach die ÖBB die Sozialdemokraten mit Hunderttausenden Euro gesponsert hätten, wies SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter am Mittwoch postwendend zurück. Zumindest für die Bundespartei könne er das absolut ausschließen, das gelte auch für das Kanzlerfest, von dem Lopatka gesprochen hatte, so Kräuter. Zur ÖVP-Broschüre meinte er: "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, darf mit Interesse die weitere Vorgangsweise der Justizministerin erwartet werden."

Die ÖBB hatten 2005 aber auch eine Festschrift der SPÖ über deren vergangene 60 Jahre mit einer Einschaltung geschmückt. Die Broschüre mit dem Titel "Leistung. Aufstieg. Sicherheit. Die SPÖ in der Zweiten Republik" ziert exakt dasselbe Inserat mit dem ÖBB-Slogan "Bahn wirkt" wie die Schüssel-Broschüre, ergaben Recherchen der Austria Presse Agentur nach Kräuters Aussage.

Kräuter erkennt kein Sponsoring
Kräuter betonte am Mittwochabend, dass das ÖBB-Inserat für ihn "keinesfalls" unter Sponsoring fällt. Argumentiert wird das von Kräuter in einer Aussendung damit, dass aufgrund der Großauflage von 250.000 Stück der Werbewert für die Österreichischen Bundesbahnen eindeutig gegeben gewesen sei. Gezahlt werden mussten von den Bundesbahnen seinen Angaben zufolge 12.000 Euro. Damit läge das rote Inserat vom Tarif her ein wenig unter dem ÖBB-Inserat in der ÖVP-Schrift, so Kräuter.

Parteichef der SPÖ war damals Alfred Gusenbauer. Als Herausgeber der Schrift wird die SPÖ-Bundesgeschäftsstelle angegeben, die damals von Norbert Darabos und Doris Bures geleitet wurde. Wie auch in der ÖVP-Broschüre sind die ÖBB als Werber nicht alleine - u.a. inserierten BAWAG, Porr und Verbund. Der Schriftverkehr, der zu der ÖBB-Schaltung bei der SPÖ führte, sowie die Kosten für das Inserat in dem Parteidruckwerk sind allerdings nicht bekannt.

ÖBB-Betriebsrat zeigt Erzfeind Lopatka an
Der Betriebsrat der ÖBB, dessen erklärter Erzfeind Lopatka war bzw. wohl auch noch ist, hat am Mittwoch gleich eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht. Die Anklagebehörde solle prüfen, ob es sich bei der schriftlichen Bitte Lopatkas "nicht um eine versteckte Form der Nötigung" gehandelt habe, teilte Betriebsratschef Roman Hebenstreit mit.

Auch Verstöße gegen das Aktiengesetz, Untreue, Amtsmissbrauch und illegale Parteienfinanzierung werden vom Betriebsrat in den Raum gestellt. Hebenstreit forderte jedenfalls "rasche und lückenlose Aufklärung". Die Vorwürfe würden seiner Meinung nach "eins zu eins in das Korruptionsdickicht der ÖVP" passen.

ÖVP geht davon aus, dass auch SPÖ angezeigt wird
ÖVP-Generalsekretär Johannes Rauch richtete Hebenstreit daraufhin unter Verweis auf das ÖBB-Inserat in der SPÖ-Broschüre aus, er gehe davon aus, "dass der Herr Hebenstreit die gleiche Vorgangsweise beim damaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführer wählt". Hebenstreit reagierte zurückhaltend: "Wenn sich der Sachverhalt als der gleiche herausstellt, machen wir hier keinen Unterschied. Diesbezüglich sind wir farbenblind." Zum Inserat an sich meinte Rauch, es habe sich um einen ganz normalen Vorgang wie auch in anderen Parteien gehandelt. Eine Einschaltung in einer Broschüre sei auch keine Geheimaktion sondern zu 100 Prozent transparent.

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