"Mega-sinnlos"-Sager

Darabos auch beim 2. Mann im Heer in Ungnade gefallen?

Österreich
19.09.2012 08:26
Bisher stand er demonstrativ an des Ministers Seite – mit der Aussage, der Präsenzdienst sei mittlerweile "mega-sinnlos", könnte Verteidigungsminister Norbert Darabos jetzt aber auch beim zweiten Mann im Heer nach General Edmund Entacher, Streitekräfte-Kommandant Günter Höfler, in Ungnade gefallen sein. Die Aussage sei eine "Brüskierung der Grundwehrdiener" und des Kaderpersonals, sagte Höfler am Mittwoch. Höfler, der noch heuer nach Brüssel wechseln wird, lässt allerdings generell kein gutes Haar am Umgang der Politik mit dem Heer.

Darabos hatte in einer Ansprache auf der SPÖ-Klubklausur Anfang der Woche ÖVP-Chef Michael Spindelegger angreifen wollen, der bei einem Kasernenbesuch in Saalfelden erklärt hatte, die Wehrpflicht sei "mega-cool". Der Verteidigungsminister entgegnete dem vor versammelter SPÖ-Mannschaft, die Wehrpflicht sei mittlerweile "mega-sinnlos". Dass seine Partei für ein Berufsheer eintritt, begründete Darabos knapp: "Wir wollen das Bessere." Eine Professionalisierung im Militär sei sinnvoll - wenn sich die Welt ändere, müsse man die Weichen richtig stellen.

"Brüskierung für Kaderpersonal und Kommandanten"
Der "Mega-sinnlos"-Sager dürfte im Bundesheer gar nicht gut angekommen sein. Vor allem im Streitkräfteführungskommando, das für die Ausbildung der Rekruten verantwortlich ist. Wenig überraschend also, dass Generalleutnant Höfler Darabos' Aussagen als "eine Brüskierung für das Kaderpersonal und für alle Kommandanten in den Streitkräften" zurückweist.

"Ich stelle nochmals fest, dass die Streitkräfte in den vergangenen Jahren alle Einsätze, sei es im eigenen Land oder im Rahmen des internationalen Krisenmanagements, erfolgreich und auch international anerkannt durchgeführt haben", so Höfler. "Die Grundwehrdiener sind mit ihrem Dienst einer verfassungsmäßigen Aufgabe als österreichische Staatsbürger nachgekommen."

"Diese jungen Menschen erfüllen eine Pflicht am Staat und leisten Großes an der Gemeinschaft. Sie erbringen ihre Leistung, wann immer es gefordert ist, egal ob in einem Hochwassereinsatz oder sonst wo." So hätten Grundwehrdiener und Kaderpersonal "gewissenhaft und erfolgreich den sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz an der Ostgrenze Österreichs" getragen.

Kritik auch an "Söldner"-Slogan der ÖVP
Auf die Frage, ob Darabos seine Aussage als Minister oder als SPÖ-Mitglied vor dem Klub getätigt habe, sagte der Generalleutnant, ganz Soldat: "Ich für mich kann nur sagen, ich bin immer, rund um die Uhr, Kommandant der Streitkräfte." Höfler beschränkt sich in seiner Kritik allerdings nicht nur auf den Verteidigungsminister. Auch Aussagen, die die Berufssoldaten des Bundesheeres mit "Söldnern" gleichsetzen, seien zurückzuweisen, so Höfler in Richtung der ÖVP, die diesen Slogan mittlerweile auch plakatiert.

Generell sei man in der Debatte selbst weit weg von einer Versachlichung, so der 59-Jährige, der noch in diesem Jahr nach Brüssel wechselt und dort Leiter der EU-Militärvertretung Österreichs werden wird. Er hoffe sehr, dass man in der nächsten Zeit wieder zur Versachlichung des Themas Wehrsystem zurückkehre, und rufe zu einer "fairen und sachlichen Diskussion um das Thema Bundesheer" auf: "Die Bevölkerung, die zur Teilnahme an der Volksbefragung aufgerufen ist, ist meiner Meinung nach vorher verständlich und umfassend zu informieren", so Höfler.

Verantwortungsvolle Reform statt politischem Kleingeld
"Es muss klar sein, welche Aufgaben das Bundesheer im 21. Jahrhundert tatsächlich zu erfüllen hat, denn was bedeutet militärische Landesverteidigung heute? Erst nach Beantwortung dieser Fragen kann das Leistungsvermögen beider Systeme gegenübergestellt, der jeweilige Personalaufwand und die erforderlichen Systemkosten ermittelt werden", so der Offizier. Zudem sei zu beurteilen, welche Konsequenzen sich z.B. aus einem Systemwechsel von der Wehrpflicht zu einem Berufsheer ergeben. "Keinesfalls darf diese Diskussion dazu verwendet werden, politisches Kleingeld zu wechseln. Das Heer braucht eine mutige und verantwortungsvolle Reform", so Höfler.

Der Generalleutnant hatte in der Wehrpflicht-Debatte bisher öffentlich keine klaren Präferenzen erkennen lassen. Am Beginn der Diskussionen nannte er ein Berufsheer eine "Option", wies aber daraufhin, dass eine Reform grundsätzlich nötig sei und man dabei vor allem bessere Rahmenbedinungen schaffen müsse. Höfler vertritt in der Sache offenbar eher eine soldatische Position, nämlich die des allseits ergebenen Dienens am Staat, relativ unabhängig davon, welche Organisationsform die Streitkräfte nun haben.

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