"Abdrehen droht"

U-Ausschuss: Petzner bittet Fischer um Hilfe

Österreich
16.09.2012 12:10
BZÖ-Mandatar Stefan Petzner hat sich angesichts des drohenden "Abdrehens" des parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschusses durch SPÖ und ÖVP an Bundespräsident Heinz Fischer gewandt. In einem offenen Brief appelliert Petzner an Fischer, seine "Stimme zu erheben und öffentlich dafür einzutreten, dass der Untersuchungsausschuss weitergeht". ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf beteuerte indessen einmal mehr, dass seine Partei den Ausschuss nicht vorzeitig beenden wolle. Es seien die Grünen, die "den Crash wollen", sagte Kopf in der ORF-"Pressestunde".

"Sehr geehrter Herr Bundespräsident, ich möchte Sie eingangs an Ihre lobenden Worte in der Öffentlichkeit für die Arbeit des (noch) laufenden Untersuchungsausschusses erinnern", beginnt Petzner seinen Brief an Fischer. Er, Petzner, denke, dass Fischer durch die Autorität und Integrität seines Amtes und durch seine langjährige Erfahrung im Hohen Haus es schaffen könne, "den gordischen Knoten zu durchschlagen und die Fortsetzung der Arbeit des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung von Korruption sicherzustellen".

Den Brief im vollständigen Wortlaut findest du in der Infobox!

"Auch und gerade für eine Ladung des Herrn Bundeskanzler Werner Faymann" in der Inseratenaffäre sei Dringlichkeit angebracht, so Petzner weiter. Weil aber die SPÖ eine Befragung des Bundeskanzlers im Untersuchungsausschuss scheue "wie der Teufel das Weihwasser" und die ÖVP sich vor der Aufklärung der Telekom-Ostgeschäfte fürchte, "scheinen sich die beiden Regierungsparteien bereits darauf verständigt zu haben, den U-Ausschuss in einer Sitzung des Nationalrates in der kommenden Woche per Fristsetzungsantrag zu beenden", warnt der BZÖ-Abgeordnete in dem Schreiben.

Es "kann und darf nicht sein, dass sich ausgerechnet die Kanzlerpartei genau dann der Aufklärung entzieht, wenn es um sie selbst geht und sie dafür sogar einen massiven Vertrauensverlust in die Politik, eine weitere Steigerung des Politikerfrustes in Österreich und eine Schädigung des Parlamentarismus in Kauf nimmt", klagt Petzner dem Präsidenten.

Kopf: "Riskiere nicht die Koalition"
ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf nahm am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" zur verfahrenen Situation im Ausschuss Stellung. Er sieht in dem Streit demnach weiterhin keine Schuld bei seiner Partei. Er habe mehrfach darauf gedrängt, Faymann in den Ausschuss zu laden. Die Volkspartei wolle aber keinen Koalitionsbruch und Neuwahlen riskieren, erklärte Kopf. "So weit werde ich nicht gehen."

In der Inseratenaffäre rechne er ohnehin nicht unbedingt mit einer Anklage gegen Kanzler Faymann - gänzlich ausschließen wolle er es jedoch auch nicht. Kopf verwies auf den Unterschied zwischen einer strafrechtlichen und einer politischen Verantwortung. Im U-Ausschuss gehe es darum, zu prüfen, ob Faymann sein Amt als Verkehrsminister "überzogen hat, um nicht zu sagen, missbräuchlich verwendet hat", so Kopf.

Der VP-Klubobmann bekräftigte einmal mehr, dass er die Grüne Gabriela Moser als Ausschussvorsitzende nicht mehr für geeignet hält. Wenn die Grünen auf Moser beharren, werde es "schwierig" sein, einen Kompromiss zu finden und den Ausschuss weiterzuführen. Dennoch wolle die ÖVP den Ausschuss nicht vorzeitig beenden, beteuerte Kopf einmal mehr. Es seien die Grünen, die "den Crash wollen". Dass die Öko-Partei ihn und SPÖ-Klubobmann Josef Cap wegen Verleumdung angezeigt hatte, ist für Kopf eine "weitere Eskalation".

Strache: "Moser soll sich als Vorsitzende zurückziehen"
Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache meldete sich am Sonntag in dem Streit zu Wort. Er warf den Grünen vor, in einer "unheiligen rot-schwarz-grünen Dreier-Allianz" für das drohende Aus des U-Ausschusses verantwortlich zu sein. "Mit ihren Fehlern und ihrer Eitelkeit spielt dessen grüne Vorsitzende Moser Rot-Schwarz in die Hände", erklärte Strache in einer Aussendung. Der FP-Chef forderte die nach seinen Worten "völlig überforderte" Moser auf, sich als Vorsitzende zurückzuziehen und damit den Fortbestand des Ausschusses zu sichern.

Grüne Anzeige gegen Klubchefs Cap und Kopf
Erst am Samstag hatte der Streit einen neuen Höhepunkt erreicht, weil die Grünen eine Anzeige gegen Cap und Kopf wegen Verleumdung einreichten (siehe Infobox). Anlass ist der Vorwurf, Moser habe ein Ausschussprotokoll nachträglich verfälscht. Man lasse nicht zu, dass Moser einer strafbaren Tat bezichtigt werde, stellte der grüne Vize-Klubchef Werner Kogler am Samstag klar. Die Koalitionsparteien warfen den Grünen daraufhin eine "Politik der Eskalation" vor. Der Anzeige sehe man gelassen entgegen, ließen die beiden Parteien ausrichten.

Kann Streit um Ausschuss noch befriedet werden?
Am kommenden Mittwoch wollen sich die Fraktionschefs im Ausschuss noch einmal mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer treffen, um den Streit um Aktenlieferungen, Zeugenladungen und Vorsitzführung zu befrieden. Gibt es da keine Einigung, gilt es als ziemlich wahrscheinlich, dass die Koalition vor Behandlung des vor allem für die SPÖ unangenehmen Inseratenthemas das Ende des Ausschusses zumindest einleitet. Ein entsprechender Fristsetzungsantrag kann im Plenum des Nationalrats auch kurzfristig eingebracht werden.

Ebenfalls recht spontan möglich ist die Einbringung einer "Dringlichen Anfrage". Die haben die Grünen bereits Bundeskanzler Faymann angedroht, sollte die SPÖ dessen Ladung in den U-Ausschuss weiter blockieren.

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