"Stiftungsaffäre"

ÖVP und Grüne geben Martin Graf Schützenhilfe

Österreich
05.09.2012 15:21
Unerwartete Schützenhilfe von ÖVP und Grünen gibt es für den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, gegen den in der sogenannten Stiftungsaffäre wegen des Verdachts des schweren Betrugs ermittelt wird. Dass von der Staatsanwaltschaft Wien trotz bislang nicht erfolgter Aufhebung der Immunität des FPÖ-Politikers Erhebungen eingeleitet wurden, sorgt nicht nur für blaue, sondern auch für schwarz-grüne Empörung. Aus Sicht der Anklagebehörde ist hingegen alles rechtens.

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Graf und zwei weitere ehemalige Vorstände der Privatstiftung von Gertrud Meschar (siehe auch Storys in der Infobox) Ermittlungen eingeleitet. Im Fall von Graf geht es um den Verdacht des schweren Betruges, bei den Stiftungsvorständen um den Verdacht der Veruntreuung. Grafs Anwalt Tassilo Wallentin hatte die Vorwürfe erst am Dienstag als "völlig haltlos" bezeichnet.

"Katastrophe" und "Gesetzesbruch"
Es könne nicht sein, dass die Staatsanwaltschaft schon ermittle, obwohl Graf vom Parlament noch nicht ausgeliefert worden sei, kritiserte nun der grüne Abgeordnete Karl Öllinger (Bild rechts), der auch im Immunitätsausschuss des Parlaments sitzt. Das sei "sehr irritierend", weil nur das Parlament Ermittlungen in solchen Fällen erlauben könne. "Das ist schlicht eine Katastrophe", meinte er.

Zustimmung kam vom Vorsitzenden des Immunitätsausschusses. Ermittlungen einzuleiten ohne den Mandatar vorher auszuliefern, "das funktioniert nicht", so Wolfgang Großruck (Bild links) von der ÖVP. Man habe dieses Vorgehen der Anklagebehörden schon häufig kritisiert, dennoch komme es immer wieder vor, kritisierte er. Gegen den "Gesetzesbruch" werde voraussichtlich der gesamte Ausschuss Protest einlegen, kündigte Großruck an.

ÖVP-Klubchef Kopf beschwichtigt
Anders als sein Parteifreund Großruck sah VP-Klubchef Karlheinz Kopf keinen Grund zur Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Das Einleiten der Ermittlungen gegen den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf wegen schweren Betrugs in der Stiftungs-Affäre ohne Aufhebung seiner Immunität sei "verfassungskonform", stellte er in einer Aussendung fest. Die Vorwürfe hätten schließlich nichts mit dessen politischer Tätigkeit zu tun.

Kritik an der "ungeheuerlichen" Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft übte hingegen auch BZÖ-Abgeordneter Gerald Grosz. Grosz plädierte einmal mehr für einen Unterausschuss des Justizausschusses, der die Arbeit der Anklagebehörden kontrollieren solle.

Staatsanwaltschaft: "Kein Zusammenhang"
Bei der Staatsanwaltschaft Wien sah man hingegen keinen Grund zur Aufregung. Ein Antrag auf Aufhebung der Immunität sei nicht erforderlich, wenn die Ermittlungen in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, erklärte Sprecherin Nina Bussek. Dies sei in der Verfassung festgeschrieben, so Parlamentspräsidentin Barbara Prammer dazu im Ö1-"Mittagsjournal".

Sollten der betreffende Abgeordnete selbst oder ein Drittel der Mitglieder des Ausschusses anderer Meinung sein, dann müssten die Ermittlungen allerdings sofort eingestellt werden, erklärte Prammer. Verständnis für den schwarz-grünen Protest habe sie "ganz ehrlich" nicht, denn es gebe "immer wieder" Situationen, wo sich der Ausschuss oder das Plenum beschweren würden, weil Auslieferungsanträge gestellt würden, die gar nicht nötig seien. Man arbeite derzeit aber ohnehin an einer Neuregelung der Immunität: "Außerberufliche Immunität soll es nicht mehr geben", sagte die Präsidentin, sie hoffe auf eine Finalisierung im Herbst.

Rot und Grün fordern weiter Rücktritt
Trotz der Schützenhilfe für Graf forderten die Grünen, wie auch die SPÖ, am Mittwoch erneut seinen Rücktritt. Dass der FPÖ-Politiker zurücktreten müsse, sei "keine Frage", ganz unabhängig vom strafrechtlichen Vorgehen, so Öllinger. Grafs Verhalten sei eines Parlamentspräsidenten "unwürdig" und reiche für einen Rücktritt, meinte der rote Klubobmann Josef Cap, der sich erneut für die Schaffung einer generellen Abwahlmöglichkeit für Nationalratspräsidenten ausspricht.

Die ÖVP hielt sich hingegen mit Forderungen gegenüber Graf zurück und sah vielmehr den blauen Parteichef Heinz-Christian Strache in der Pflicht. Er sei es "schön langsam wirklich leid", ständig die Probleme der FPÖ zu diskutieren und zu kommentieren, sagte Generalsekretär Hannes Rauch. Auch BZÖ-Klubchef Josef Bucher ließ sich nicht zu Empfehlungen hinreißen, da er ohnehin davon ausgehe, dass Graf aufgrund des öffentlichen Drucks von sich aus zurücktreten werde.

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