Richterin verurteilt

Sechs weitere Schuldsprüche im Testamentsprozess

Österreich
31.07.2012 11:45
Nach 21 Verhandlungstagen und vier Schuldsprüchen im aufsehenerregenden Prozess um Testamentsfälschungen beim Vorarlberger Bezirksgericht Dornbirn sind am Dienstag am Salzburger Landesgericht die restlichen sechs Urteile gesprochen worden. Der geständige Hauptbeschuldigte erhielt sieben Jahre Haft unbedingt, die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch zweieinhalb Jahre, davon zehn Monate unbedingt.

Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Andreas Posch ging nach 30-stündiger Beratung davon aus, dass Jürgen H. (48), suspendierter Geschäftsstellenleiter des Bezirksgerichts Dornbirn, nicht der alleinige Drahtzieher der Manipulationen war: Alle Angeklagten wurden unter anderem wegen Amtsmissbrauchs verurteilt.

Bis zu sieben Jahre Haft verhängt
Der Hauptbeschuldigte H. erhielt sieben Jahre unbedingte Haft, die suspendierte Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Kornelia R. (48), wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, zehn Monate davon wurden unbedingt ausgesprochen. Die ehemaligen Kollegen des Hauptbeschuldigten, Clemens M. (52) und Kurt T. (49), wurden zu je drei Jahren Haft, davon ein Jahr unbedingt verurteilt. Der frühere Gerichtsbedienstete Walter M. (72) erhielt zwei Jahre Haft bedingt. Schuldig gesprochen wurde auch ein geständiger Freund des Hauptbeschuldigten: Peter H. (48) kassierte eine unbedingte Freiheitsstrafe von fünf Jahren.

Als einziger Angeklagter nahm der Hauptbeschuldigte Jürgen H. das Urteil an. Die Verteidiger von Kurt T., Walter M. und Peter H. erbaten drei Tage Bedenkzeit, der Anwalt von Clemens M. gab keine Erklärung ab, jener von Richterin Kornelia R. kündigte Nichtigkeit und Berufung an. Doch da auch die beiden Staatsanwälte keine Erklärung abgaben, sind alle Urteile nicht rechtskräftig.

Vier geständige Angehörige des Hauptbeschuldigten, die vorwiegend in die Rolle von Scheinerben geschlüpft waren und sich auch geständig zeigten, waren im Laufe des Prozesses bereits schuldig gesprochen worden (siehe Berichte in der Infobox).

"Keine One-Man-Show von Jürgen H."
Laut Posch habe es ein "System Dornbirn" gegeben. "Es war keine One-Man-Show von Jürgen H.", betonte der Richter. Es habe sich um die Spitze des Eisberges gehandelt, es sei einiges verschlungen worden, was nicht mehr zutage gebracht werden konnte, verwies Posch auf die Malversationen am Bezirksgericht.

"Die Schuldsprüche basieren aber nicht einzig und allein auf den Aussagen von Jürgen H.", erläuterte der Vorsitzende, sondern sie beruhten auf Beweismitteln. Insgesamt habe er ein "horribles Unrechtsbewusstsein" und mangelnde Zivilcourage festgestellt, auch bei Zeugen. "Für jeden war das Winkeln normal. Auch Kollegen haben wirklich nicht geglänzt", so Posch.

Gesamtschaden von zehn Millionen Euro
Laut Staatsanwaltschaft wurden von 2001 bis 2008 16 Testamente und zwei Schenkungsverträge in 18 Verlassenschaftsverfahren manipuliert. 510 Testamente sind im Urkundenarchiv des BG Dornbirn bis heute unauffindbar. 758 schriftliche Gerichtsunterlagen entdeckten die Ermittler zu Hause bei Jürgen H. in einer Sporttasche.

Die Beschuldigten wollten offenbar sich und Angehörige bereichern. Mehr als 80 Erben wurden geprellt. Der mutmaßliche Gesamtschaden beträgt rund zehn Millionen Euro.

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