Achtes Feuer in Wels

Mieterin: “Ich ziehe lieber aus, bevor wir verbrennen”

Österreich
19.06.2012 09:11
Sie haben keine ruhige Minute mehr, die etwa 100 Bewohner des Hauses Porzellangasse 41 im oberösterreichischen Wels. Am Wochenende war das Gebäude bereits zum zweiten Mal das Ziel einer Brandstiftung. Im ganzen Stadtteil gab es seit Februar bereits acht Brandanschläge. Bei einem "Krone"-Lokalaugenschein sprachen die Mieter über ihre großen Ängste.

"Ich kann nicht mehr in diesem Haus wohnen, ich will kein Blaulicht mehr sehen. Den Brandgeruch bekomme ich nicht mehr aus der Nase. Meine kleine Tochter traut sich nicht mal mehr alleine ins Badezimmer." Simone Poldlehner laufen die Tränen über die Wange, während sie erzählt. Sie wohnt mit ihrem Mann und den beiden Kindern wie rund 100 weitere Mieter im Haus Porzellangasse 41 in Wels.

Vor knapp einem Monat hatte es im Keller des Wohnhauses zum ersten Mal gebrannt, damals waren fünf Menschen verletzt worden. Am Samstagabend wurde zum zweiten Mal Feuer gelegt. Dichte Rauchschwaden drangen bis in das Stiegenhaus ein. Die Feuerwehr musste die Bewohner evakuieren, verletzt wurde diesmal aber niemand. Weitere sechs Feuer gab es seit Februar im Stadtteil Vogelweide (siehe Infobox). Die Bewohner rechnen jeden Tag mit einer neuen Attacke.

"Bin nervlich am Ende, zittere bei jedem Geräusch"
Die Wohnung der 54-jährigen Evelyn Zeilmayr liegt nahe dem Brandherd im Keller. Beim ersten Feuer erlitt sie eine Rauchgasvergiftung. Sie hatte die Eingangstür aufgerissen, als sie die Polizeisirene hörte, atmete sofort einen Schwall schwarzen Rauch ein: "Es war, als hätte ich einen Knoten im Hals. Ich dachte, ich muss sterben, schloss mit meinem Leben ab. Die Feuerwehr hat mich dann vom Balkon gerettet." Sie sperrt den Keller auf und zeigt die Abteile, die nach dem Brand vor einem Monat bereits wieder erneuert wurden. Sie sind leer. Niemand will hier noch seine Sachen aufbewahren.

Wie Poldlehner kann auch Zeilmayr kaum noch schlafen, schaut ständig nach, ob sie draußen etwas Verdächtiges sieht: "Ich bin nervlich am Ende, zittere bei jedem Geräusch. Meist schlafe ich erst gegen drei Uhr morgens ein." Die Bewohner haben schon eine Art Nachbarschaftswache organisiert, gehen nachts abwechselnd ums Haus, um nach dem Rechten zu sehen.

Haus wird videoüberwacht
Nun bekommen sie Hilfe von der Landeswohnungsgenossenschaft und der Politik: Eine Videoüberwachung wird installiert. Der Welser Stadtrat Andreas Rabl und Lawog-Direktor Frank Schneider sind sich einig: "Diese Straße ist ein Verbrechensbrennpunkt. Nach den beiden Brandstiftungen war sofortiges Handeln notwendig. Wir hoffen, dass durch die Überwachung der Täter gefasst werden kann."

Das hält die 19-jährige Julia Mittermaier aber auch nicht mehr in ihrer Wohnung. Der Lehrling zog erst vor vier Monaten daheim aus und in sein erstes eigenes Reich. Das hatte sich Julia anders vorgestellt: "Als es vor einem Monat das erste Mal gebrannt hat, war das Stiegenhaus zu verraucht, um rauszulaufen. Ich sprang in Panik vom Balkon - jetzt das zweite Mal. Ich ziehe lieber aus, bevor wir verbrennen."

Die Gerüchteküche brodelt natürlich in dem Mehrparteienhaus, die meisten glauben an einen Täter aus den eigenen Reihen.

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