Bloßgestellt

Griechen-Kritikerin Lagarde zahlt selbst keine Steuern

Ausland
31.05.2012 12:37
"Die Griechen sollten sich gemeinsam selber helfen, indem sie alle ihre Steuern bezahlen." Mit dieser Aussage in einem "The Guardian"-Interview machte sich Christine Lagarde, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), keine Freunde im Schuldenland im Süden Europas. Doch wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Die Französin sackt nämlich ein jährliches Gehalt von umgerechnet rund 400.000 Euro ein - steuerfrei.

Wie die britische Zeitung "The Guardian" berichtet, unterliegt Lagardes Einkommen als Chefin einer internationalen Organisation keiner nationalen Besteuerung. Damit darf sich die Französin über eine steuerfreie Jahresgage von 370.000 Euro freuen, hinzu kommen noch Prämien bis zu 60.000 Euro. Ein Gehalt, von dem beispielsweise US-Präsident Barack Obama - der übrigens Steuern zahlen muss - nur träumen kann. Außerdem wird Lagardes Gehalt jedes Jahr zum 1. Juli erhöht.

Sie profitiert vom Paragraf 34 der Wiener Konvention aus dem Jahr 1961. In ihr hatten 187 Staaten geregelt, dass Diplomaten von allen nationalen, regionalen und kommunalen Steuern befreit sind. Auch Funktionäre der UNO und der Weltbank kommen in den Genuss von steuerfreiem Einkommen. Genauso wie Lagarde dürfen sie sich unter anderem über Mietzuschüsse, Bildungszuschüsse für Kinder im schulpflichtigen Alter und subventionierte Krankenversicherungen freuen.

Die Begünstigung der internationalen Organisationen steht schon sehr lange in der Kritik, doch bislang hat sich daran nichts geändert. Das Argument der Befürworter: Nur so würden sich Spitzenkräfte aus der Privatwirtschaft anlocken lassen.

Lagarde hat mehr Mitleid mit afrikanischen Kindern
IWF-Chefin Lagarde hatte vorige Woche in einem Interview mit "The Guardian" für Aufsehen gesorgt, als sie die Steuermoral der Griechen ungewöhnlich scharf kritisierte. Es sei an der Zeit, dass die Griechen ihren Teil beitragen und ihre Gegenleistung erbringen, sagte sie - und schloss aus, dass der IWF die Bedingungen für die vereinbarten Reformen lockert.

"Ich denke mehr an die Kinder, die in einem kleinen Dorf im Niger in die Schule gehen und zwei Stunden Unterricht am Tag erhalten, sich zu dritt einen Stuhl teilen und sehr froh sind, eine Ausbildung zu bekommen", sagte Lagarde. "Ich habe sie immer im Auge, weil ich glaube, dass sie mehr Hilfe brauchen als die Menschen in Athen." Die IWF-Chefin übte Kritik an jenen Griechen, "die die ganze Zeit versuchen, ihren Steuern zu entkommen".

Sozialisten-Chef Venizelos: "Griechen beleidigt"
Die Replik der stolzen Gescholtenen ließ nicht lange auf sich warten. Lagarde habe "die Griechen beleidigt", sagte der Vorsitzende der griechischen Sozialisten, Evangelos Venizelos. "Ich fordere sie auf, zu überprüfen und zu überdenken, was sie sagen wollte", fügte er hinzu.

Am Donnerstag bedauerte Lagarde dann den Wirbel um ihre Äußerungen. "Das war nicht ihre Absicht", sagte ihr Sprecher Gerry Rice in Washington. Die IWF-Chefin bedauere, dass ihre Worte missverstanden und als Beleidigung empfunden worden seien. Lagarde und der Währungsfonds hätten "großen Respekt vor Griechenland, der griechischen Bevölkerung und den Opfern, die viel zur Überwindung der Wirtschaftskrise beitragen".

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