Amnesty-Bericht

In mindestens 101 Staaten der Erde wird gefoltert

Ausland
24.05.2012 07:34
Amnesty International beklagt im neuen Jahresbericht Menschenrechtsverletzungen in mindestens 101 Staaten, also in knapp mehr als der Hälfte aller Länder der Welt. In 91 Ländern sei die Meinungsfreiheit eingeschränkt und in 101 Ländern würden Menschen gefoltert oder anderweitig misshandelt, heißt es in dem am Donnerstag zum 50. Mal erschienenen Bericht. Positiv verzeichnet wurde dagegen die Abschaffung der Todesstrafe in mittlerweile insgesamt 141 Ländern, im Jahr 1982 waren es nur 63.

Die Menschenrechtssituation werde weltweit "generell immer besser", sagte Heinz Patzelt, Generalsekretär der Organisation in Österreich. "Die Dinge wenden sich langsam in die richtige Richtung." Trotzdem gebe es in über der Hälfte der Länder der Welt keine Meinungsfreiheit sowie systematische Folter. Besonders schlimm sei die Situation in Saudi-Arabien und Nordkorea.

Neben dem Bericht zur weltweiten Lage der Menschenrechte fordert Amnesty eine wirksame Kontrolle des internationalen Waffenhandels. 60 Prozent der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen "werden mit Handfeuerwaffen oder leichten Waffen begangen".

Syrien als Beispiel "wie Dinge schiefgehen können"
Beispielgebend für den Bericht seien die gegenwärtigen Entwicklungen in Syrien (Bild). Das brutale Vorgehen der Regierung unter Präsident Bashar al-Assad gegen die Bevölkerung durch u.a. Verschleppungen, Folter, Verbrennungen von Leichnamen wurden darin festgehalten. "Andersdenkende werden niedergemetzelt, verschleppt und gefoltert", sagte Patzelt. Auch Ärzte, die ihre medizinische Pflicht erfüllten, seien der Verfolgung ausgesetzt. Unter Verweis auf Fallbeispiele gravierender Menschenrechtsverletzungen stellte Patzelt fest, dass Syrien "ein sehr zutreffendes Beispiel" dafür sei, "wie Dinge schiefgehen können".

Vor knapp 14 Tagen sei die Amnesty-Mitarbeiterin Donatella Rovera in das umkämpfte Idlib in Syrien gereist. Rovera sei Zeugin davon geworden, dass das syrische Regime "die Zügel noch fest in der Hand" habe und "systematisch brutal und hemmungslos" jegliche Opposition niederschlage. Von einem Bürgerkrieg, in dem gleich starke Kräfte miteinander kämpften, könne man in Syrien nicht reden, sagte Patzelt. "Ich bin nicht optimistisch für Syrien", sagte er. "Das wird nicht gut gehen, wenn die Welt rundherum sich nicht ändern wird."

Russland sei als Veto-Macht im UN-Sicherheitsrat und Waffenlieferant im Umfang von etwa vier bis fünf Milliarden Euro jährlich "mitverantwortlich an schweren Menschenrechtsverletzungen", sagte Patzelt und forderte eine umgehende Untersuchung der "in Syrien verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit" durch den Internationalen Strafgerichtshof.

Prekäre Lage in Russland
Die Menschenrechtslage in Russland selbst sei ebenfalls prekär. Patzelt sprach von einem "sehr, sehr autoritären Regime", einem "Ping-Pong-Wechsel" in Wladimir Putins Regierung, einem "Niederknüppeln" der Opposition sowie von der Lebensgefahr, die für Journalisten vor Ort herrsche. Ein "alarmierendes Signal" sei auch der neue Innenminister, der ehemalige Moskauer Polizeichef Wladimir Kolokolzew. Dieser sei u.a. durch Verhaftungen und Verschleppungen von Oppositionellen nach den vergangenen Wahlen "für ein gezieltes Mundtotmachen" mitverantwortlich.

Lob für EGMR
Ein weiterer Schwerpunkt des Berichts gilt dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der EGMR sei eine "hervorragende, spezielle Einrichtung", die bereits zu vielen strukturellen Menschenrechtsproblemen in Europa maßgeblich Entscheidungen gefällt habe. Patzelt verwies dabei auf Urteile wegen Menschenrechtsverletzungen gegen u.a. Italien wegen "Pauschalabschiebung" von Flüchtlingen.

Gegen Bulgarien wurde ein "bahnbrechendes Urteil" gegen Roma-Vertreibungen gefällt, und gegen verschiedene europäische Länder laufe derzeit eine Klage aufgrund der Unterstützung der US-amerikanischen menschenrechtswidrigen "Entführungsaktionen" im Namen des "Kriegs gegen Terror", sagte er unter Verweis auf mutmaßliche CIA-Geheimgefängnisse.

Deshalb sei der EGMR ständig "Attacken" von europäischen Ländern, die dessen Tätigkeiten einschränken wollen, ausgesetzt. Bisher konnten diese erfolgreich abgewehrt werden. Die Menschenrechtsorganisation befürchtet jedoch, dass derartige Versuche fortgesetzt werden und damit zum Ziel hätten, "den Menschenrechtsschutz auszuhöhlen".

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