Hollande-Dekret

F: Firmenbosse müssen Gürtel enger schnallen

Ausland
22.05.2012 10:41
Der lukrative Chefsessel in einem Staatskonzern galt für aufstrebende französische Führungskräfte bisher stets als "Sechser im Lotto". Doch mit dem Machtwechsel im Elysee-Palast wird sich das bald ändern: Der neue sozialistische Präsident Francois Hollande, der bereits sich selbst und den Kabinettsmitgliedern das Gehalt um 30 Prozent gekürzt hat, will nun auch die Entlohnung von etlichen Spitzenmanagern drastisch senken. Demnach solle niemand, der für den Staat arbeitet, künftig - wie unter Nicolas Sarkozy - eine astronomische Jahresgage mit nach Hause nehmen.

Wie hoch die Kürzung ihres Gehalts ausfallen wird, können sich die Bosse schon jetzt problemlos ausrechnen – nach der simplen, von Hollande vorgegebenen Formel 1:20. Dabei genügen ein Anruf in der eigenen Personalabteilung und die Antwort auf die Frage nach dem niedrigsten Gehalt im Unternehmen.

Denn Hollande hat im Wahlkampf versprochen, dass künftig kein Chef eines öffentlichen Unternehmens mehr als das 20-Fache des niedrigsten Einkommens im Betrieb verdienen werde. Dies ist in Relation zwar immer noch ein stolzer Betrag, laut Beobachtern im Vergleich zu den oft astronomischen Gehältern der Spitzenmanager jedoch ein fairer Zug gegenüber deren Untergebenen. Das entsprechende Dekret sei bereits in Vorbereitung, erklärte der neue Premierminister Jean-Marc Ayrault am Dienstag.

Sarkozy-Vertraute müssen bangen
Mit den höchsten Kürzungen müssen diejenigen rechnen, die als Vertraute des abgewählten konservativen Präsidenten Sarkozy gelten. So verdiente etwa Henri Proglio als Chef des Energieriesen EDF zuletzt rund 1,6 Millionen Euro im Jahr. Dies entspricht in etwa dem 65-Fachen des niedrigsten Einkommens im Unternehmen. Luc Oursel wiederum kam als Lenker des Atomkonzerns Areva zwar "nur" auf rund 680.000 Euro, lag damit aber immer noch bei dem 40-Fachen des untersten Lohnniveaus. Nach den neuen Regelungen droht Proglio nun eine knapp 70-prozentige Gehaltskürzung, Oursel muss mit 40 Prozent weniger rechnen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ihre Verträge überhaupt noch einmal verlängert werden - denn vorher greifen die Kürzungen nicht.

Aus Sicht der Sozialisten moralisch einwandfrei geht es bereits jetzt bei der Staatsbahn SNCF oder dem Glücksspielunternehmen Francaise des Jeux zu. Dort ist das Chefgehalt heute "lediglich" zehn Mal so hoch wie das des am schlechtesten entlohnten Angestellten. SNCF-Chef Guillaume Pepy bekam zuletzt 250.000 Euro im Jahr, Francaise des Jeux-Boss Christophe Blanchard-Dignac rund 235.000 Euro.

Einziger Wermutstropfen bei den künftigen Vorgaben: All diejenigen, die wie die Chefs von Renault, EADS oder Air France-KLM ein Unternehmen führen, an denen der französische Staat weniger als 50 Prozent hält, dürfen sich die Hände reiben. Für diese Manager wird die neue Regelung ebenso wie für Chefs von rein privaten Unternehmen lediglich eine Empfehlung bleiben.

"Korrektes Einkommensniveau"
Angst vor einem Verlust der besten Köpfe angesichts der drastischen Gehaltskürzungen haben die Sozialisten nicht. "Mit durchschnittlich 400.000 Euro im Jahr wird das Einkommensniveau in öffentlichen Unternehmen korrekt bleiben", erklärte Hollandes Berater, der frühere Premier und neue Außenminister Laurent Fabius. Die Chefs in Staatsunternehmen sollten ohnehin vielmehr vom Dienste für die Allgemeinheit beflügelt sein. Ähnlich äußerte sich der frühere Gaz-de-France-Chef Jacques Fournier.

Wie das mit der Gehaltssenkung funktioniert, machte die neue französische Regierung bereits vor. Vergangene Woche beschloss sie gleich bei der ersten Kabinettssitzung, die eigenen Bezüge um 30 Prozent zu senken (siehe Infobox). Wer das als Chef eines staatlichen Unternehmens künftig nicht tun will, muss gehen - oder zu einer anderen Maßnahme greifen: Theoretisch könnte er auch die unteren Einkommen im Unternehmen aufstocken, um den Gehaltsunterschied auf das vorgegebene Verhältnis von 1:20 zu bringen.

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