Erwachsen rätseln

Geheimnisvoll und blutig: “Der Fall John Yesterday”

Spiele
18.05.2012 17:23
Mord, Folter, blutige Rituale - im Point&Click-Adventure "Der Fall John Yesterday" geht es ganz schön brutal und geheimnisvoll zur Sache. Dabei waren die Entwickler, Pendulo Studios aus Madrid, bisher für Fröhliches wie die "Runaway"-Serie bekannt.

Der Spieler startet als Student Henry White, der Obdachlose betreut. Dabei gerät er in die Fänge eines mysteriösen Wahnsinnigen und muss von seinem Freund Samuel Cooper gerettet werden. Ebenso geheimnisvoll geht es nach einem Zeitsprung in die Zukunft weiter: Man schlüpft in die Rolle von John Yesterday, der offenbar nach einem Selbstmordversuch das Gedächtnis verloren hat.

So gilt es, die eigene Vergangenheit ebenso zu erforschen wie eine brutale Mordserie an Obdachlosen, die durch Folterspuren verstümmelt in New York aufgefunden werden. Was das mit den blutigen Ritualen eines Geheimbundes aus dem 16. Jahrhundert, der Unsterblichkeit und übermenschlichen Kräften zu tun hat, findet John erst nach und nach heraus.

Packende Geschichte
Dabei dienen weitere Zeitsprünge als Anhaltspunkte. In John steigen zum Beispiel während eines Gesprächs oder beim Betrachten eines Gegenstands Erinnerungen hoch, daneben gibt es spielbare Abschnitte in der Vergangenheit. Die Übergänge werden in kurzen comicartigen Sequenzen erläutert. Dank dieser Erzählweise und der überraschenden Wendungen bleibt die Geschichte bis zum Schluss fesselnd, wenn auch zum Teil verwirrend.

Kein Augenschmaus
Die spannende Story ist auch nötig, denn sowohl Grafik als auch Bedienung und Rätsel sind nur Mittelmaß. Die gezeichneten Hintergründe sind meist schön anzusehen und unterstützen das düstere Flair, detailreich sind sie aber nicht. Wirklich störend fallen jedoch die Gesichter auf: Sie sind so detailarm und schlichtweg hässlich, dass es schwerfällt, sich in Gesprächen auf Inhalt und Spannung statt auf die Grafik zu konzentrieren.

Fummelige Steuerung
Die Entwickler haben sich zudem für ein im Adventure-Genre ungewöhnliches Bedienkonzept entschieden: Beim Linksklick auf einen Hotspot oder Gegenstand im Inventar wird ein kleines Fenster geöffnet. In diesem kann der Protagonist den Gegenstand betrachten, untersuchen oder mitnehmen. Wer ein Item mit einem anderen benutzen möchte, muss es an die gewünschte Stelle ziehen - das klappt allerdings nicht immer reibungslos und entwickelt sich nur Nervenprobe.

Blitzschnell unterwegs
Bei der Suche hilft die Hotspot-Anzeige, die jedoch nur per Klick auf das Glühbirnen-Symbol und nicht praktischweise etwa mit der Leertaste aktiviert werden kann. Gelungen ist jedoch, dass der Charakter beim Klick schon mal von einer Seite des Raumes zur anderen "teleportiert" wird, man muss also keine sekundenlangen Laufwege mitansehen. Ob das der Glaubwürdigkeit von "Der Fall John Yesterday" schadet, ist Geschmackssache.

Doppelt hält besser
Fest steht, dass diese Geschwindigkeit dem Spiel guttut, denn des Öfteren muss man Hotspots mehrmals anklicken - zum Teil ohne zu wissen, warum. Das liegt zum Beispiel daran, dass der Protagonist bei der Untersuchung eines Hotspots nicht immer alle dort verfügbaren Gegenstände mitnimmt oder erst beim wiederholten Klicken eine Erinnerung ausgelöst wird - für den Spieler ist das oft unklar.

Kombiniere alles mit allem
Ebenfalls nicht immer logisch, sondern eher konstruiert wirken die Rätsel. Meist müssen Inventargegenstände mit der Umgebung kombiniert werden, dabei gilt häufig das Trial-and-Error-Prinzip: so lange ausprobieren, bis etwas passiert. Schlüssige Lösungen bringen nämlich nicht immer Erfolg, etwa weil man Glas nur mit der von einer Decke geschützten Hand zerschlagen kann, statt mit einem Werkzeug. Wer gar nicht weiterweiß, kann die Hilfefunktion zu Rate ziehen, die immer einen guten Tipp zum nächsten Schritt liefert. Echte Kopfnüsse und Logikrätsel sind leider selten - und noch dazu etwas zu leicht geraten.

Gute Sprecher, blasse Charaktere
Auch andere Leichtgewichte findet man in "Der Fall John Yesterday": Die meisten Charaktere bleiben im Storyverlauf trotz guter Sprecher zu blass, zudem handeln sie nicht immer nachvollziehbar. So erzählt etwa John einem Wildfremden von einem wichtigen Tagebuch, seiner ehemaligen Geliebten aber verrät er zu Beginn nicht einmal, dass er an Gedächtnisschwund leidet - und das, obwohl sie eine Mordswut auf ihn hat. Auch der Erzähler mit Hang zur Überbetonung und Sätzen wie: "... aber dir wird schlagartig bewusst, dass das eine absolut blöde Idee ist", sägt an der Atmosphäre.

Fazit: Alle Schwächen des Spiels hätten weniger Gewicht, hätten sich die Entwickler zu ordentlichen Gesichtern durchringen können. Meist wirken sie wie Fratzen - und dennoch im gruseligen Ambiente deplatziert. Wer ein erwachsenes, mit fünf bis sechs Stunden aber nicht allzu langes Adventure mit spannender Geschichte sucht, kann dennoch einen Blick auf "Der Fall John Yesterday" werfen.

Plattform: PC
Publisher: Crimson Cow
krone.at-Wertung: 7/10

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