Hellenen bald pleite?

“Griechischer Salat” könnte uns bis zu 50 Mrd. Euro kosten

Österreich
18.05.2012 14:05
"Die Hilfen für Griechenland kosten uns keinen Cent." Das versprach einst Finanzministerin Maria Fekter. Eine krasse Fehleinschätzung, wie man jetzt merkt. Denn eine Pleite der Hellenen wird immer wahrscheinlicher - und als direkte Folge auch ein Desaster für unsere Staatskasse. Experten jonglieren bereits mit schwindelerregenden Zahlen.

In der Welt der radikalen griechischen Parteien ist alles ganz einfach. Vor den Wahlen am 17. Juni locken sie die Wähler mit der Parole: "EU-Hilfen Ja, Sparpakt Nein." Und wenn man den Umfragen glauben darf, dann werden sie mit dieser simplen Formel auch die Mehrheit erringen.

Eine Entscheidung, die den österreichischen Steuerzahler teuer zu stehen kommen könnte. Denn die EU würde der neuen griechischen Regierung ein Aufkündigen des Sparpakts wohl kaum durchgehen lassen und ihre Zahlungen einstellen. Dann wäre das Land pleite, ein Austritt aus dem Euro nur eine Frage der Zeit. Die Folge: Milliarden österreichischer Hilfsgelder und Kredite wären futsch.

Mindestens fünf Milliarden Euro weg
Experten der heimischen Banken haben das Szenario bereits durchgerechnet, beispielsweise Stefan Bruckbauer, Chefvolkswirt der Bank Austria. Seine Bilanz: "Wenn Griechenland Pleite geht, dürfte das für Österreich zunächst einmal direkte Kosten von fünf Milliarden Euro verursachen." Weg wäre dann beispielsweise das Geld aus der alten Griechenland-Hilfe, aber auch aus dem Rettungsfonds EFSF und aus der Unterstützung für die griechischen Banken.

Hinzu kämen früher oder später wohl auch die enormen Verbindlichkeiten, die die griechische Zentralbank im Target-2-System der Euro-Zone angehäuft hat: Sie betragen etwa 105 Milliarden Euro. Österreich haftet mittels Europäischer Zentralbank für etwa drei Prozent der Summe, also für rund drei Milliarden Euro.

50 Milliarden Kosten für Österreich bei Ende des Euros?
Doch es könnte laut Bruckbauer noch viel schlimmer kommen. Nämlich dann, wenn durch die Pleite weitere Länder mit in den Abgrund gerissen würden. "Das Problem ist, dass die Euro-Zone eigentlich auf immer und ewig geschlossen wurde. Wenn die Griechen aussteigen, dann hätte das eine fatale Signalwirkung. Andere Wackelkandidaten wie Portugal und Irland, aber selbst Spanien oder Italien würden dadurch erneut unter Druck geraten. Dann könnte letztendlich sogar die Euro-Zone auseinanderbrechen, und wir müssten an die direkten Kosten wohl noch eine Null hinten ranhängen." Die Zeche für unser Land beliefe sich dann also auf schwindelerregende 50 Milliarden Euro.

Rezession könnte mit zehn Milliarden Euro zu Buche schlagen
Ähnlich finster sieht die Lage Valentin Hofstätter, Analyst bei der Raiffeisen Bank International. Auch er schätzt die direkten Risiken für Österreich auf deutlich mehr als fünf Milliarden Euro. Obendrein gelte es aber auch, die indirekten Kosten der Krise zu bedenken. "Wenn die EU durch die Pleite in eine tiefe Rezession schlittert, dann kostet uns das drei Prozentpunkte unserer Wirtschaftsleistung. Das wären knapp zehn Milliarden Euro", so der Experte. Im Übrigen habe die EU nur deswegen "eine solche Engelsgeduld mit den Griechen", weil das Auseinanderbrechen der Euro-Zone Kosten nach sich ziehen würde, die um ein Vielfaches höher lägen.

Professor Friedrich Schneider, der an der Linzer Kepler-Universität Wirtschaft unterrichtet, findet das derzeitige Zündeln der griechischen Politiker "unverantwortlich". "Man muss der dortigen Bevölkerung jetzt reinen Wein einschenken", fordert er. Auch Schneider sieht im Falle einer Griechen-Pleite milliardenschwere Ausfälle auf Österreich zukommen. "Bei einer geordneten Insolvenz besteht aber immerhin noch die Hoffnung, dass ein Teil der Verbindlichkeiten bedient wird. Argentinien hat bei seinem Staatsbankrott vor zehn Jahren eine Quote von 40 Prozent geschafft."

"Warum sollten sie ihre Verbindlichkeiten zurückzahlen?"
Anders sieht das Stefan Ederer, Fachmann für europäische Wirtschaftspolitik beim Wifo. Er glaubt, dass die Griechen im Falle einer Pleite keinen Cent ihrer Verbindlichkeiten zurückzahlen würden. "Warum sollten sie auch?" Die Aufnahme der Griechen in die Euro-Zone war in seinen Augen kein Fehler – sehr wohl aber die mangelnde Überwachung und die fehlende Intervention seitens der EU.

Etwas drastischer drückt es Fritz Mostböck aus, Leiter der Research-Abteilung bei der Erste Group: "Aus aktueller Sicht war es sicherlich ein Fehler, die Griechen mit in den Euro zu nehmen. Die Zahlen waren offensichtlich gefälscht, die EU wurde getäuscht. Jetzt wird offenkundig, dass Griechenland ein korrupter Staat ist."

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