Kritik aus Wien

Facebook erneuert Daten-Richtlinien: “Nutzerenteignung”

Web
12.05.2012 22:56
Facebook-Nutzer können in den kommenden Tagen über die Nutzung ihrer Daten mitentscheiden. Das weltgrößte Online-Netzwerk will seine Datenschutz-Richtlinie erneuern und stellte die Vorlage für eine neue Version zur Diskussion ins Netz. Eine Wiener Studentengruppe, die einen Rechtsstreit gegen Facebook im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten angestrengt hat, sprach am Wochenende von einem Teilerfolg, aber auch davon, dass es lediglich ein "Weiß-wasch-Versuch" Facebooks sei - samt "Nutzerenteignung".

"Wir werden Daten so lange einbehalten, wie dies erforderlich ist, um den Nutzern und anderen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen. Diese umfassendere Verpflichtung gilt für alle Daten, die wir über dich sammeln und erhalten, einschließlich Informationen von Werbetreibenden", hieß es in einer Erklärung von Facebook. Unter anderem Daten, die Facebook von Werbepartnern oder Spiele-Anbietern bekommt, können damit in einigen Fällen länger als die bisherigen 180 Tage aufbewahrt werden. Facebook bekräftigte aber, dass Werbepartner Informationen von Nutzern nach wie vor nur anonymisiert erhalten.

Zur neuen Richtlinie wird von Facebook erstmals sehr ausführlich dargestellt, welche Informationen Facebook über Cookies erhält. Über die Verwendung von Cookies durch Facebook hatte es immer wieder zum Teil heftige Diskussionen mit Datenschützern gegeben. Die Nutzer können die Vorschläge bis zum 18. Mai kommentieren und so deren Änderung herbeiführen.

Zugleich werden die Mitglieder nun ausdrücklich darauf hingewiesen, dass einige Informationen auch im System bleiben können, wenn sie ihr Facebook-Konto löschen - wie etwa Nachrichten, die sie Freunden geschickt haben. Außerdem warnt Facebook, dass andere Nutzer Kopien von ihnen zugänglichen Daten wie etwa Bildern anfertigen können, über die man dann keine Kontrolle mehr habe. "Sie sollten deswegen Informationen nur mit Leuten teilen, denen Sie vertrauen", betont Facebook in der Richtlinie.

"Bisher größter Teilerfolg" für Wiener Facebook-Kritiker
"Erfolg für Wiener Studentengruppe! Facebook ändert weltweit Datenschutzrichtlinie", hieß es am Samstag zunächst von Wiener Facebook-Kritikern über den "bisher größten Teilerfolg" der Studentengruppe europe-v-facebook.org. Max Schrems (Bild), Sprecher der Gruppe, die derzeit einen Rechtsstreit mit Facebook führt, wurde in einer Erklärung so zitiert: "Wir freuen uns natürlich extrem, dass wir mit ein paar Anzeigen diesen Weltkonzern dazu zwingen, die Richtlinie zu ändern. Gleichzeitig zeigt das natürlich, wie schlecht dieses Unternehmen geführt ist und wie weit sie von den Grundsätzen des Datenschutzes weg sind."

Nach dem ersten Studium der neuen Bedingungen seien allerdings keine echten Verbesserungen beim Datenschutz zu entdecken, hieß es von europe-v-facebook.org. Schrems: "Auf den ersten Blick scheint Facebook die von uns aufgedeckten illegalen Praktiken nun einfach 'weiß waschen' zu wollen, indem man sie in die Richtlinie schreibt. Das ist natürlich transparenter, aber eigentlich ein Schritt in die falsche Richtung. Viele Fragen bleiben aber weiterhin offen. Auch mit der neuen Datenschutzrichtlinie scheint es für einen normalen Nutzer unmöglich, auf einen Blick zu erkennen, was Facebook genau mit den Daten tut."

"Nutzer hat keine Rechte mehr über die Daten"
Vollkommen neu sei Facebooks Aussage zur Frage, wer für die einzelnen Seiten zuständig sei. In den neuen Bedingungen wäre nun Facebook der "Controller" für alle Informationen. Diese kleine juristische Änderung bedeute, dass der Nutzer alle Rechte an den Daten verliere. Bisher sei davon ausgegangen worden, dass der Nutzer dieser "Controller" - also der Verantwortlicher - für das eigene Profil, sei. Schrems: "Dieser kleine Satz ist datenschutzrechtlich eine vollkommene Enteignung der Nutzer. Der Nutzer hat dann keine Rechte mehr über die Daten."

Facebook erkläre in seinen Datenschutzbestimmungen, dass - so 7.000 Nutzer gleich lautende Vorschläge abgeben - man diese Vorschläge zu einer Abstimmung bringen werde. Diesen Mechanismus will europe-v-facebook.org nützen, um die vorgeschlagenen Änderungen massiv zu verbessern. Man rufe alle Nutzer auf, sich zu informieren und die kritischen Aktivitäten zu unterstützen.

Ab sofort seien unter www.our-policy.org/ Verbesserungsvorschläge online. Schrems: "Wir wollen hier Facebook mit seinen eigenen Mitteln schlagen. Wenn wir in den nächsten sieben Tagen 7.000 Kommentare zusammenbringen, hat Facebook ein echtes Problem."

Hintergrund für die Änderungen von Facebook sind Auflagen der irischen Datenschutzbehörde, die in einem ersten Bericht Facebook zu massiven Verbesserungen der Datenschutzrichtlinie aufgerufen hätte. Diese Verbesserungen hätten laut dem Bericht schon mit 31. März 2012 erfolgen sollen, Facebook hatte diese Frist aber bisher ignoriert. Der Bericht basiert auf 22 Anzeigen, die von europe-v-facebook.org in Irland eingebracht worden waren.

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