"...lauf' ich Amok"

D: Schüler wegen Kommentar auf Facebook verurteilt

Web
09.05.2012 11:45
Wegen eines unbedachten Kommentars auf Facebook ist ein Schüler in Deutschland jetzt verurteilt worden. Das Amtsgericht Aachen brummte dem Gymnasiasten 20 Stunden soziale Arbeit auf, weil dieser sich in dem Netzwerk über seine Mitschüler aufgeregt und dabei die Worte "lauf' ich Amok" verwendet hatte.

Wie aus der Urteilsschrift hervorgeht, war der Achtklässler (zwischen 15 und 16 Jahre alt) in der Vergangenheit mehrfach von Schulkameraden gemobbt worden und hatte deshalb zusammen mit seinen Eltern Unterstützung bei Lehrern gesucht.

Als er Anfang November schließlich über Facebook zahlreiche Freundschaftsanfragen von Schulkameraden erhielt, "die allerdings nicht ernst gemeint waren, sondern zum Zwecke der Provokation" dienten, wie das Gericht festhält, postete der Schüler auf Facebook verärgert: "Leute, die ich so gar nicht leiden kann, haben fb (Facebook, Anm.), wenn die mir fa (Freundschaftsanfragen, Anm.) schicken, lauf' ich Amok."

Mehrere Schüler zeigten sich angesichts dieses Kommentars beunruhigt und verständigten die Schuldirektion, die daraufhin die Polizei alarmierte.

Störung des öffentlichen Friedens
Obwohl der Schüler zwischenzeitlich eine soziale Ansprechpartnerin innerhalb der Schule zugewiesen bekam und sich das Sozialverhalten ihm gegenüber im Klassenverband deutlich verbesserte, sprach das Gericht den Jugendlichen jetzt wegen der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung einer Straftat schuldig. Seine Ankündigung zum Amoklauf hätte von gleichaltrigen Facebook-Nutzern durchaus so verstanden werden können, "dass er tatsächlich einen Amoklauf beabsichtigen könnte".

Als Gymnasiast musste er zudem "das Verständnis haben, dass ein solches Schreiben von seinen Mitschülern entsprechend verstanden werden könnte", so das Gericht weiter. Begünstigend auf das - noch nicht rechtskräftigte - Urteil wirkte sich aus, dass sich der Schüler einsichtig und geständig zeigte sowie keinerlei Vorbelastungen hatte. Zu berücksichtigen sei zudem die Motivation des Angeklagten gewesen.

Anwalt des Schülers kritisiert Urteilsspruch
Der Anwalt des Schülers kritisiert die Entscheidung des Amtsgerichts Aachen. Sie wäre bei einer Amokdrohung zwar keineswegs abwegig, berücksichtige aber nicht, dass der Ausspruch "ich lauf' Amok" Teil des Jugend-Slangs sei. "Ob die Verwendung dieser Worte auf Grund der besonders sensibilisierten Bevölkerung sehr klug ist", schreibt die Anwaltskanzlei in ihrem Blog, sei dahingestellt. Es sei jedoch zu befürchten, "dass bestimmte 'geflügelte' Worte bald gar nicht mehr ausgesprochen werden dürfen".

"Die hier zu erkennende Tendenz, jemandem, nur auf Grund seines Alters und sozialer Stellung als Schüler, die Aussprache gleich mit dem scharfen Schwert des Strafrechts zu verbieten, ist abzulehnen. Ganz zu schweigen davon, dass gerade Achtklässlern unbedachte Äußerungen in der Öffentlichkeit erlaubt sein müssen", kritisierte die Anwaltskanzlei und kündigte an, in Berufung zu gehen.

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