Ist S Klasse?

Mercedes S-Klasse im Härtetest

Motor
14.01.2009 14:08
„Das ist aber nicht der ganz große Mercedes, da gibt’s noch einen größeren, oder?“ „Nein das ist die S-Klasse, das Flaggschiff!“ Ein typischer Dialog mit umstehenden Staunenden. Das Erstaunliche: Der große Benz ist ein paar Zentimeter (Sieben Zentimeter mehr Radstand, 1,6 breiter, drei höher) größer als sein Vorgänger, wirkt aber schlanker und eleganter!
(Bild: kmm)

Und schlank fährt er sich auch. Mit dem Umschalten des Fahrwerks auf „S“ - also Sport – gibt man ein paar Kilo von den knapp zwei Tonnen quasi an der Tankstelle ab, das Schiff wird zur Sportjacht und legt sich in Landstraßenkurven, dass die Gischt nur so spritzt. Die serienmäßig geschwindigkeitsabhängige Lenkung ist dabei schon fast ZU leichtgängig. In der Comfort-Position lässt es sich dagegen herrlich gleiten, sogar auf richtig schlechten Feldwegen wird die Jacht zum Luftkissenboot. Luftfederung sei Dank.

Die Leistung des 173 kW / 235 PS – Diesel-Motors ist für alle Lebenslagen ausreichend, bei 250 km/h wird die Höchstgeschwindigkeit abgeregelt, in 7,5 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, wenn man es darauf anlegt. Die Siebengang-Automatik ist dabei, wenn die Fuhre einmal in Bewegung ist, auch ein guter Freund. Seidenweiche und vor allem intelligente Schaltvorgänge, auch auf kurvigen Bergstraßen kein nervöses Hin-und-her-Schalten machen Freude. Wahlweise lassen sich die Gänge auch mit Lenkradtasten durchwechseln.

Der Automatik-Wählhebel ist ein kleiner Lenkstockhebel, dadurch entfällt der Schalthebel auf der Mittelkonsole. Stattdessen findet man dort eine große Armlehne, die entweder ein Ablagefach oder einen Handyhalter beinhaltet (in dem Fall fehlt schmerzlich der Ablageplatz), zudem den Kombiknopf für das Comand-System und ein paar edle Extra-Knöpfe. Nett ist ein kleines Ablagefach mit Klappe und einem herausnehmbaren Doppel-Getränkehalter.

Zentrale Bedienung über Comand
Über Comand steuert man das halbe Auto mit einem Drehknopf, etwa Autoradio, TV-Empfänger, CD-/DVD-Wechsler, Telefon, Navigation oder Klimaanlage. Nach kurzer Eingewöhnung geht das problemlos, das für die S-Klasse überarbeitete System ist ausgesprochen übersichtlich. Der 8-Zoll-Bildschirm lässt sich sogar je nach Bedarf dem Fahrer oder Beifahrer zuwenden. Seine Qualitäten zeigt er vor allem beim Navigationssystem, das grafisch sehr schön gelöst ist. Die Navi-Bedienung ist geradezu spielerisch. Man muss schon ein kompletter Technik-Verweigerer sein, um hier nicht klarzukommen. Zusätzlich lassen sich wichtige Infos auch per Lenkradknopf über das Kombiinstrument abrufen.

Das Kombiinstrument dient auch als Nachtsichtgerät. Auf Knopfdruck wird die Infrarotkamera hinter dem Rückspiegel aktiviert und das Nachtsichtbild statt dem Tacho gezeigt. Nette Spielerei, der Sinn dieses Features erschließt sich mir nicht. Man kann nach dem Bild nicht fahren, besonders wenn es nicht schnurgeradeaus geht. Um die Kurve filmt die Kamera nicht.

Komfort ohne Ende
In Sachen Komfort spielt der S320 CDI natürlich alle Stückln, von der Ouvertüre bis zum Finale. Herrliches Leder, edle Ambiente-Beleuchtung, in jeder erdenklichen Weise elektrisch verstellbare Sitze (mit Memory-Funktion auch für Spiegel und Lenkrad), beheizte und belüftete Sitze mit Massage-Funktion. Das meiste natürlich nur gegen Aufpreis. Ist ja auch legitim, nur das Leder sollte serienmäßig sein.

S fährt von selbst
Ein Komfort-Highlight ist die Distronic Plus. Sie hält den Abstand zum Vordermann bis zu einem eingestellten Höchsttempo, egal ob er bremst oder beschleunigt. Die S-Klasse fährt praktisch von selbst, und bleibt auch ebenso selbsttätig stehen. Sehr angenehm etwa im Stop-and-go-Verkehr, aber auch auf Landstraßen und Autobahnen. Nur das Lenken wird dem Fahrer nicht abgenommen.

Feine Sicherheits-Features
Der Brems-Assistent Plus erfasst voraus fahrende Autos per Radar, warnt bei geringem Abstand oder zu schneller Annäherung. Droht ein Zusammenstoß, berechnet der Brems-Assistent blitzschnell die optimale Bremskraftunterstützung.

Das Insassenschutzsystem Pre-Safe soll unfallträchtige Situationen bereits im Ansatz erkennen. Bei einer Vollbremsung oder im Schleuderfall werden die vorderen Gurte gestrafft und Luftpolster in den Multikontursitzen aufgepumpt, die Fahrer, Beifahrer und Fondpassagiere umschließen und abstützen. Zudem werden vor einem drohenden Unfall automatisch die Seitenscheiben geschlossen.

Anspruch an die S-Klasse: Perfektion
Mercedes stellt selbst höchste Ansprüche an sein Flaggschiff, auch die Kunden erwarten Besonderes. Da stören Kleinigkeiten natürlich besonders, so schmälert etwa das Anfahren den guten Eindruck. Es dauert einfach zu lange, bis sich der Benz in Bewegung setzt, wenn der Fuß aufs Gaspedal gestellt wird. Diese Verzögerung (sogar wenn die Automatik auf manuell steht) sollte in einem Auto der 100.000-Euro-Klasse und speziell in der S-Klasse nicht sein. Auch der Diesel-Motor dürfte etwas dezenter klingen, das klappt sogar im Jaguar S-Type.

So fein es ist, dass die Soundanlage einen Sechsfach-CD-Wechsler in der Mittelkonsole hat, so lästig ist auch hier eine Verzögerung. Es dauert fast 40 Sekunden, bis Musik erklingt, wenn man eine CD eingelegt hat. Viele CDs hat man aber ohnehin nicht griffbereit, es gibt nämlich keinen Platz für sie. Außer im Handschuhfach, aber das ist weit weg und auch nicht sehr groß.

Die Türen bleiben leider schon bei einer leichten Steigung nicht offen stehen, fallen einfach zu. Warum die Mercedes-Entwickler es nicht geschafft haben, die vorderen Seitenscheiben ganz versenkbar zu machen, ist mir auch ein Rätsel. Ein Stück Scheibe schaut immer heraus.

Auch ein Stück Mercedes-Technik hat mich enttäuscht: die Antriebsschlupfregelung. Auf einer leicht abschüssigen, trockenen Wiese, die als Parkplatz dient, hätte ich (zu fünft im Auto) rangieren bzw. bergauf rückwärts in eine Parklücke fahren wollen. Die Antriebsräder haben dabei hoffnungslos durchgedreht.

Fazit:
Wer in der S-Klasse sitzt, hat es noch immer geschafft und es verdient, sich verwöhnen zu lassen. Bei Bedarf lässt man die Kutsche Chauffeur spielen und hält selbst nur das Lenkrad in der Hand. Wenn man so weit ist, hat man auch die Größe, über kleine Unzulänglichkeiten hinwegzusehen. Und das Bankkonto, das rund 100.000 Euro frei gibt. Listenpreis für den S320 CDI ist zwar knapp unter 80.000, aber die Ausstattungshighlights kann man sich doch nicht entgehen lassen!

Stephan Schätzl

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(Bild: kmm)



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