Frontalattacken

Athen: Linke Anti-EU-“Show” gegen die Geldgeber

Ausland
08.05.2012 20:24
Mit einer Frontalattacke gegen die internationalen Geldgeber und die EU hat der Chef der Radikalen Linken, Alexis Tsipras, am Dienstag in Athen sein Mandat für Sondierungsgespräche übernommen. Beim Treffen mit Präsident Karolos Papoulias (im Bild rechts) rief er die bisherigen Regierungsparteien dazu auf, gegenüber Brüssel zu erklären, dass ihre Unterschriften unter dem Spar- und Sanierungsprogramm nicht mehr gelten. Beobachter sprechen allerdings von einer reinen "Show" des Parteichefs.

Staatspräsident Papoulias übertrug Tsipras, dessen Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) am Sonntag überraschend zweitstärkste Kraft geworden war, am Dienstag das Mandat für die Sondierung von Koalitionsmöglichkeiten. Es gilt gemäß der griechischen Verfassung für drei Tage. Ob es Tsipras gelingt, eine Regierungskoalition zu schmieden, ist allerdings fraglich. Der Chef der konservativen Neuen Demokratie (ND), Antonis Samaras, hatte das Mandat am Montag nach kurzer Zeit wieder niedergelegt (siehe auch Infobox). Er sah keine Chance für ein stabiles Parteienbündnis, das im neuen Parlament eine Mehrheit hat.

Tsipras plant zunächst Treffen mit kleineren linken Parteien und Gruppierungen, wie ein Syriza-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa sagte. Auch mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und linken außerparlamentarischen Gruppierungen will er sprechen. Wie es aus dem Pressebüro des Syriza hieß, sollen die Treffen mit den Chefs der Konservativen und Sozialisten am Donnerstagabend stattfinden. Zunächst waren sie am Freitag geplant - dann endet gegen 13 Uhr auch die Frist für Tsipras.

Tsipras: Internationale Verträge null und nichtig
Der Syriza-Chef kündigte für den Fall einer Regierungsübernahme ein "Rückzahlungsmoratorium" für griechische Schulden an. Internationale Kontrollore sollten prüfen, wie hoch genau die Schulden Griechenlands und ob sie rechtmäßig seien. Außerdem müssten auch alle "arbeiterfeindlichen" Gesetze zurückgenommen werden. Alle Verträge, die Griechenland mit den Geldgebern geschlossen habe, seien nach dem Ergebnis der Parlamentswahl null und nichtig, erklärte Tsipras.

Griechische Medien werteten das Vorgehen des neuen Politstars als "Show". Ein Erfolg der Syriza-Partei bei den Bemühungen um die Regierungsbildung sei unwahrscheinlich. Selbst wenn sie das zersplitterte linke politische Lager vereinigen könnte, würde das nur für 97 Sitze reichen. Die Regierungsmehrheit von 151 Mandaten im Parlament mit seinen 300 Sitzen würde klar verfehlt. Auch für die Bildung einer Minderheitsregierung, die von anderen Parteien geduldet wird, reicht es ganz offensichtlich nicht. Dafür sind mindestens 120 Stimmen notwendig.

Chef der Konservativen empört
ND-Chef Antonis Samaras reagierte empört auf die Forderungen des Syriza-Chefs. "Was Herr Tsipras da verlangt, führt direkt zum Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone", sagte Samaras. Auch Wirtschaftskreise in Athen reagierten alarmiert auf die Äußerungen Tsipras. Griechenland hängt im Zuge der Euro-Krise am Tropf internationaler Geldgeber und braucht dringend frisches Geld - bis Ende Juni sollen es 30 Milliarden Euro sein, andernfalls droht die Staatspleite.

Nach Tsipras geht das Sondierungsmandat an die Sozialisten. Die Zeit drängt: Bis Mitte Mai muss Griechenland eine handlungsfähige Regierung haben. Sollten alle Gespräche scheitern, muss binnen 30 Tagen neu gewählt werden.

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