Jungwirth-Prozess

Ex-ÖOC-Boss Leo Wallner: “Ein ganz normales Konto”

Sport
08.05.2012 13:18
Ex-ÖOC-Präsident Leo Wallner hat am Dienstag im Untreue-Prozess gegen seinen langjährigen Generalsekretär Heinz Jungwirth dessen Aussage bestritten, wonach er von einem "Schwarzgeld-Konto" gewusst habe. Das von Jungwirth für mutmaßliche Malversationen in Millionenhöhe verwendete ÖOC-Konto sei ein "ganz normales Konto wie viele andere" gewesen. Auch von der Verwendung von ÖOC-Geldern für private Zwecke durch Jungwirth habe er keine Kenntnis gehabt, sagte Wallner im Wiener Straflandesgericht.

Von Jungwirth behauptete Zusatzbonifikationen in beträchtlicher Höhe stellte Wallner in seiner Zeugenaussage ebenfalls in Abrede. Jungwirth soll laut Anklage zwischen Anfang 2003 und Februar 2009 von ÖOC-Konten persönlich mit Hilfe seiner langjährigen Stellvertreterin Manuela K. und des ehemaligen ÖOC-Kassiers Lothar S. 2,78 Millionen bar behoben bzw. auf seine Konten transferiert und für private Zwecke verwendet haben.

Wallner, gegen den in Salzburg ein separates Strafverfahren läuft, hätte sich mit dem Hinweis darauf ohne weitere Begründung seiner Zeugenaussage entschlagen können. Er machte davon aber keinen Gebrauch und belastete im Zeugenstand seinen ehemaligen Generalsekretär, der ihn zum ÖOC gebracht hatte, unter Wahrheitspflicht massiv. Wallner hatte nach 19 Jahren an der Spitze des ÖOC im Jahr 2009 ein halbes Jahr nach Jungwirth seinen Hut genommen.

Wallner: "Es gibt keine Schwarzgeld-Konten"
In seiner Amtszeit habe er sich nie in finanzielle Detailangelegenheiten eingemischt, führte der 76-Jährige aus. Er habe Jungwirth, den Kassieren und Rechnungsprüfern vertraut. "Die Finanzen waren immer positiv, es gab keine Reklamationen", sagte Wallner. "Es gibt keine Schwarzgeld-Konten", insistierte der langjährige ÖOC-Präsident. Dass ein im Jahr 2001 ursprünglich von ihm eröffnetes Konto in der offiziellen Buchhaltung nicht aufschien, "habe ich nicht gewusst. Im Prüfbericht ist diesbezüglich nichts drinnen gestanden". Er habe "die Buchhaltung nicht geprüft deswegen", so Wallner.

Er wisse nicht, welche Transaktionen über dieses Konto gelaufen seien. Wallner stellte entschieden die Behauptung Jungwirths in Abrede, das Konto sei mit seinem Wissen für Aktivitäten eröffnet worden, die nicht öffentlich bekannt werden sollten wie eine Einladung des weißrussischen Präsidenten Lukaschenko.

Schriftliche Geschäftsordnung erst nach Skandal fixiert
Wie Wallner erläuterte, habe er die Übertragung der Zeichnungsberechtigung für die ÖOC-Konten an Jungwirth von seinem Vorgänger übernommen. Schriftlich festgehalten wurde das allerdings nie. Eine schriftliche ÖOC-Geschäftsordnung wurde erst nach dem Auftauchen der Ungereimtheiten im Jahr 2009 fixiert. "Er war für vieles zuständig und zeichnungsberechtigt, das braucht nicht schriftlich fixiert werden", meinte Wallner, der Jungwirths Geschäftsgebarung stets als "sparsam" in Erinnerung hatte.

Die Existenz eines ÖOC-Sparbuches sei ihm zwar bekannt gewesen, allerdings habe er keine Kenntnis von Kontobewegungen und schon gar nicht von der Verwendung von Geldern für private Zwecke durch Jungwirth gehabt. "Was darüber gelaufen ist, war die Sache von Jungwirth. Für die private Verwendung hatte er keine Ermächtigung, das entspricht nicht meiner Geschäftsordnung."

Wallner will nichts von Sonderhonorar wissen
Auch bei den Bonifikationen an die Mitarbeiter widersprach der Zeuge dem Angeklagten. Die Boni seien nach Olympischen Spielen an die Mitarbeiter ausgezahlt worden, üblicherweise in der Höhe von zwei bis drei Monatsgehältern. Darüber hinaus sei nichts bezahlt worden, auch nicht für Jungwirths Mitarbeit bei der Salzburger Olympiabewerbung für 2014.

Jungwirth hatte ausgesagt, mit Wallner sei dafür ein Sonderhonorar von 212.000 Euro ausgemacht worden, das er später mit den privat verwendeten ÖOC-Geldern gegenverrechnet habe. Es habe "keine gesonderte Entlohnung" Jungwirths für die letztlich gescheiterte Olympia-Bewerbung gegeben, betonte Wallner: "Ich wüsste auch nicht warum."

Lediglich in den Anfangsjahren habe ein Rechnungsprüfer des ÖOC einmal etwas beanstandet, erinnerte sich Wallner. Jungwirth habe das aber schlüssig erklären können, und damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen, erläuterte Wallner. Der besagte Rechnungsprüfer hatte zuvor als Zeuge ausgesagt, dass ihm verschiedene Ungereimtheiten aufgefallen seien. Auf Wallners Aussage hin, dass das intern geregelt werde, hab er auf das Wort des Präsidenten vertraut. Laut Wallner äußerte die ehemalige Rechnungsprüferin Trixi Schuba außerhalb einer Vorstandssitzung gewisse Bedenken - allerdings erst nach dem Auffliegen der Unregelmäßigkeiten.

Ex-Kassier: "Finanzen stets in Ordnung"
Ex-ÖOC-Kassier Gottfried Forsthuber sagte aus, dass er erst nach dem Auffliegen der Affäre von dem betreffenden "Schwarzgeld-Konto" erfahren habe. Die Finanzen seien seiner Kenntnis nach stets in Ordnung gewesen und er habe keinen Grund gehabt, Jungwirth zu misstrauen. Er habe zwar die vierteljährlichen Finanzberichte überprüft, einzelne Buchungen aber nicht nachkontrolliert. Auch das ÖOC-Sparbuch habe immer mit dem Jahresabschluss übereingestimmt, detailliert Einsicht genommen habe er aber auch hier nie, so Forsthuber. Das sei erst durch nachträgliche, externe Prüfungen im Jahr 2009 passiert.

Am Mittwoch stehen weitere Zeugenaussagen auf dem Programm. Ob es danach zu Urteilen kommen wird, ist fraglich. Vermutlich wird das Gericht die Behauptungen Jungwirths, die abgezweigten Beträge in Form von Gegenverrechnungen bzw. Rücküberweisungen rückgeführt zu haben, von einem Sachverständigen überprüfen lassen.

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(Bild: KMM)



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