"Normaler Präsident"

Hollande: “Fahre mit dem Zug, gehe selbst einkaufen”

Ausland
08.05.2012 13:08
Er will sein Gehalt kürzen lassen, bei öffentlichen Auftritten weitgehend auf Sicherheitskräfte verzichten, nach eigenen Angaben mit dem Zug fahren und weiterhin selbst einkaufen gehen: Der neue französische Präsident Francois Hollande möchte sich nicht nur durch sein politisches Programm von seinem als "Freund der Reichen" kritisierten Vorgänger Nicolas Sarkozy unterscheiden, sondern auch durch seinen politischen Stil und seine privaten Gepflogenheiten. Kurz: "Ich will ein normaler Präsident sein."

Hollande machte das bereits am Wahlabend deutlich: Der Sozialist wartete zunächst in seinem Büro im zentralfranzösischen Département Corrèze auf das vorläufige Wahlergebnis, bevor er vor der Kathedrale des beschaulichen Städtchens Tulle seinen jubelnden Wählern dankte. Erst danach flog er in die französische Hauptstadt, wo an der geschichtsträchtigen Place de la Bastille Zehntausende Anhänger auf ihn warteten.

Sarkozy als "président bling-bling"
Größer hätte der Kontrast zur Siegesfeier vor fünf Jahren nicht sein können, als Nicolas Sarkozy die Wahl gewann. Der Konservative ließ sich zuerst von einer Menschenmenge auf dem monumentalen Pariser Concorde-Platz bejubeln und speiste anschließend im Nobel-Restaurant "Fouquet's" an der Pariser Prachtmeile Champs-Elysée - mit einer Gruppe handverlesener Freunde, darunter hochrangige Wirtschaftsvertreter.

Dieses Diner, die anschließende Kreuzfahrt auf der Jacht eines befreundeten Millionärs sowie seine zur Schau getragenen Luxusuhren und modischen Sonnenbrillen brachten Sarkozy schnell den Ruf eines angeberischen und volksfernen Staatschefs ein - ein von den Franzosen als "bling-bling" verspottetes Image, das ihm bis zum Ende seiner Amtszeit in Form der Bezeichnung "président bling-bling" anhing.

Hollande als "normaler Präsident"
Hollande will hingegen ein "normaler Präsident" sein - einer, der den Franzosen nahesteht und von ihnen respektiert wird. Ein solcher Präsident müsse aber selbst "respektabel" sein, sagte der Sozialist mit Blick auf mehrere Finanzskandale, die seinem Vorgänger zusätzlich schadeten. Laut dem Soziologen Dominique Wolton verkörpere der 57-Jährige jedenfalls eine "kulturelle Identität", mit der sich seine Mitbürger identifizieren könnten. In dieser Hinsicht ähnle Hollande "vielen deutschen Bundeskanzlern".

Ein Präsident, der den Franzosen nahestehen wolle, dürfe mit seinem Lebensstil eben nicht den Eindruck erwecken, einer "privilegierten Kaste anzugehören", meinte auch der Zentrumspolitiker Dominique Paillé. Der scheidende Präsident sei vor allem als "Freund der Reichen" wahrgenommen worden, sagte der frühere Sprecher der konservativen Regierungspartei UMP, der sich vor einem Jahr von Sarkozys politischer Familie distanziert hatte.

Hollande hingegen wurde sogar in der heißen Wahlkampfphase noch dabei beobachtet, wie er mit einem Korb in einem kleinen Supermarkt einkaufen ging. "Ich gehe selbst einkaufen, nicht jeden Tag, aber ich mache meine Einkäufe selbst, und niemand macht sie für mich", versicherte er. Seine Lebensgefährtin Valérie Trierweiler erzählte, Hollande helfe auch kräftig im Haushalt mit: "Er geht einkaufen, kocht aber auch - mit viel Butter!" Und der künftige Staatschef selbst antwortete auf die Frage, ob er es durchhalten könne, ein "normaler Präsident" zu bleiben: "Ich werde mir Mühe geben, mich nicht zu verändern."

"Ende der Republik der Privilegien"
Auf jeden Fall will Hollande ein "Ende der Republik der Privilegien". Unter anderem verspricht er, das von seinem Vorgänger großzügig aufgestockte Präsidentengehalt um 30 Prozent kürzen zu lassen. Auch mit der unbegrenzten Immunität, die amtierenden französischen Staatschefs zusteht, will er Schluss machen. Von dieser Immunität profitierte zuletzt der konservative Ex-Präsident Jacques Chirac: Er entkam so jahrelang der Justiz, bevor er im Dezember wegen eines Skandals um Scheinarbeitsverhältnisse während seiner Zeit als Pariser Bürgermeister verurteilt wurde.

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