Darf Antrag stellen

China stellt Chen Guangcheng Ausreise in Aussicht

Ausland
04.05.2012 10:23
Im diplomatischen Ringen um das Schicksal des blinden chinesischen Bürgerrechtlers Chen Guangcheng deutet sich eine Lösung an: Chinas Regierung stellte dem 40-Jährigen in Aussicht, im Ausland studieren zu können. Das Außenministerium in Peking teilte am Freitag mit, Chen könne "in Übereinstimmung mit den Gesetzen bei den zuständigen Behörden einen Antrag stellen".

"Wenn er als chinesischer Staatsbürger im Ausland studieren will, kann er wie jeder andere die betreffenden Verfahren mit den Behörden durch normale Kanäle durchlaufen", sagte der Sprecher des Pekinger Außenministeriums Liu Weimin am Freitag.

Es gibt allerdings viele Fragezeichen, ob die nötige Ausstellung der Reisepässe für den Dissidenten, seine Frau und die beiden Kinder sowie die Ausreise reibungslos verlaufen werden. Dass Chen vorbestraft ist, sei aber kein Problem, sagte der Sprecher des Außenministeriums auf Nachfragen hin. Für das Verfahren seien aber die lokalen Behörden, nicht das Außenamt zuständig.

Gespräche zwischen den USA und China
Vor der Bekanntgabe der möglichen Ausreise-Erlaubnis war US-Außenministerin Hillary Clinton in Peking im Rahmen des laufenden strategischen und wirtschaftlichen Dialogs beider Länder mit Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao und mit Regierungschef Wen Jiabao zusammengetroffen. Über den Inhalt der Gespräche ist allerdings nichts bekannt.

"Ich bin in ernster Gefahr"
Zuvor hatte Chen vom Krankenhaus aus in einem dramatischen Hilferuf um Ausreise in die USA gebeten. "Ich bin in ernster Gefahr", sagte der 40-Jährige. Seine Familie sei völlig ungeschützt. Nicht einmal amerikanischen Diplomaten könnten zu ihm ins Krankenhaus kommen. "Bitte verbreiten sie die Nachricht über meine Lage! Bitte!", so der dramatische Appell des 40-Jährigen an die Nachrichtenagenturen. In der Nacht hatte der Bürgerrechtler telefonisch auch schon bei einer US-Kongressanhörung um Unterstützung gebeten.

Der Aktivist äußerte seine Besorgnis über das Schicksal von Familienangehörigen in seinem Heimatdorf. Eine Mitstreiterin, die ihm bei der Flucht aus 19 Monaten Hausarrest in seinem Dorf geholfen hatte und seither verschwunden war, konnte inzwischen aber nach Hause zurückkehren. "Alles ist in Ordnung", schrieb He Peirong im Kurznachrichtendienst Twitter. "Ich danke allen."

Brutales Vorgehen gegen Chens Unterstützer
Andere Unterstützer Chens haben allerdings weniger Glück, denn die Polizei soll nach deren Angaben hart gegen sie vorgehen. So sollen zwei Unterstützer von Beamten geschlagen worden sein, nachdem sie sich vor dem Krankenhaus versammelt hatten. Der Menschenrechtsanwalt Jiang Tianyong wurde nach Angaben seiner Frau so schwer verletzt, dass er fast taub sei.

Seit Chens spektakulärer Flucht aus dem Hausarrest wurden bereits mehrere seiner Unterstützer festgenommen, darunter sein Bruder sowie eine Fluchthelferin.

Kritik an Vorgehensweise der USA
Unterdessen warf Wei Jingsheng, einer der führenden chinesischen Dissidenten, der selbst seit 1997 in den USA lebt, den USA schwere Fehler im Umgang mit dem Bürgerrechtler Chen vor. Die US-Regierung hätte den blinden Bürgerrechtler niemals aus ihrer Botschaft in Peking lassen dürfen, sagt Wei. Die Situation sei "deutlich schwieriger" geworden, weil Chen nicht mehr unter dem Schutz der USA stehe. Außerdem glaube er nicht, dass Chen ausreisen darf: "Das würde einen "Präzedenzfall" schaffen, den Peking so nie akzeptieren wird. Es würde bedeuten, dass jeder Dissident ins Exil gehen könnte, wenn er an die Tür einer Botschaft klopft", so Wei. Außerdem würde China damit eine Einmischung der USA in seine inneren Angelegenheiten hinnehmen.

Unterschlupf in Botschaft gesucht
Chen hatte sich Ende April aus dem Hausarrest in die US-Botschaft in Peking geflüchtet. Am Mittwoch verließ der 40-jährige Aktivist die Botschaft unter ungeklärten Umständen und wurde in ein Pekinger Krankenhaus gebracht. Die chinesische Regierung soll eine Garantie für die Sicherheit Chens abgegeben haben, weshalb der Bürgerrechtler vorerst in China bleiben wollte.

Am Donnerstag änderte der Dissident aber seine Meinung und erklärte, nun doch mit seiner Familie in die USA ausreisen zu wollen - vor allem zum Schutz seiner Liebsten. Anfangs war noch die Rede davon, dass er dort Asyl beantragen wolle, nun ließ Chen über Freunde ausrichten, dass er in den USA lediglich studieren möchte. Da er jetzt frei sei, sollte er auch wirkliche Freiheit genießen, wozu auch das Recht gehöre, ins Ausland zu reisen, meinte Chen.

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