"Kontraproduktiv"

UNO: Europas harter Sparkurs ist ein Job-Killer

Ausland
30.04.2012 16:32
Die UNO sieht im scharfen Sparkurs der Euro-Länder einen Job-Killer. "Die Sparmaßnahmen haben nicht zu mehr Wirtschaftswachstum geführt", schreiben die UN-Arbeitsmarktexperten in ihrem am Montag veröffentlichten Jahresbericht. "Solche Reformen werden in Krisenzeiten mehr Jobs zerstören und zumindest kurzfristig keine Beschäftigung schaffen."

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) reiht sich damit in die wachsende Zahl der Kritiker ein, die mehr Stimulierung von Wachstum und Beschäftigung in der Währungsunion verlangen.

Die "schlecht durchdachten Arbeitsmarktreformen" seien "kontraproduktiv", warnte der für den Jahresbericht verantwortliche ILO-Experte Raymond Torres. "Der enge Fokus vieler Euro-Länder auf Sparprogramme verschärft die Job-Krise und kann zu einer neuen Rezession in Europa führen." Vor allem wegen der Schwäche Europas werde die Beschäftigung in den Industrieländern frühestens Ende 2016 das Vorkrisenniveau von 2008 erreichen - bisher hatte die ILO dies schon für 2014 erwartet.

Spanien in Rezession gerutscht
Am dramatischsten ist die Lage in Spanien. Dort stieg die Arbeitslosenquote im ersten Quartal auf 24,4 Prozent, womit die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone die mit Abstand höchste Rate in der EU hat. Jeder zweite Jugendliche ist hier ohne Stelle.

Trotz der drastischen Sparpolitik der Regierung setzen die Krise und ihre Folgen dem Land unvermindert zu. Die US-Ratingagentur Standard & Poor's stufte am Montag die Kreditwürdigkeit von elf spanischen Banken herab. Zudem bestätigte das staatliche Statistik-Institut, dass Spanien zu Jahresbeginn offiziell in die Rezession gerutscht ist. Trotzdem will die Regierung von Premier Mariano Rajoy an ihrem Sparkurs festhalten.

Deutschland: Probleme bei Mini-Jobs und Leiharbeit
Deutschland, die größte Volkswirtschaft Europas, gehört zwar zu den wenigen Industriestaaten mit Beschäftigungswachstum, die ILO sieht aber auch hier Handlungsbedarf vor allem bei Mini-Jobs und Leiharbeit. Es sei wichtig, dass die Regierung in Berlin die Rahmenbedingungen für solche Beschäftigungsarten verbessere, erklärten die Experten.

Zudem sei für Deutschland ein Wachstumsrückgang zu erwarten, weil Schuldenkrise und schwächere Weltkonjunktur durchschlagen. Die unsicheren Aussichten könnten Investitionen verzögern, die - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - ohnehin noch unter Vorkrisenniveau lägen.

Hollande für Wachstumspakt in Europa
Der als Favorit für den Wahlsieg in Frankreich geltende Sozialist Francois Hollande will das Wachstum in Europa anschieben und verlangt deshalb einen Wachstumspakt als Ergänzung zur harten Sanierungspolitik.

Auch nach Auffassung von Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker muss der europäische Fiskalpakt um impulsgebende Maßnahmen für Wachstum ergänzt werden. "Dann haben wir eine schlüssige Antwort auf die Schuldenkrise", sagte Juncker am Montag. Er rechne mit konkreten Ergebnissen dazu in den nächsten Monaten.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zeigte sich für Initiativen für mehr Wachstum und Beschäftigung aufgeschlossen. Sie sei offen für alles, was Europa voranbringe, sagte Merkel. Vor allem gehe es um strukturelle Veränderungen. Es stelle sich nicht die Alternative, entweder zu sparen oder die Wirtschaftskraft zu stärken - beides sei wichtig.

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