"Elsner lügt"

Flöttl zu BAWAG: “Hätte ich die Leute anzeigen sollen?”

Österreich
27.04.2012 17:11
Am dritten Tag des zweiten BAWAG-Prozesses ist am Freitag Wolfgang Flöttl drei Stunden lang zu seinen Investments für die BAWAG im Oktober 1998 einvernommen worden. Dabei betonte Flöttl, er habe sich nur auf die Weiterführung der Geschäfte eingelassen, weil Elsner ihn unter Druck gesetzt habe. Angesprochen auf die fragwürdigen Informationsflüsse innerhalb der BAWAG, meinte Flöttl nur salopp: "Hätte ich die Leute anzeigen sollen?"

Richter Christian Böhm und Zweitrichter Stefan Erdei fragten bei den sprudelnden Antworten des in New York lebenden früheren Investmentbankers immer wieder genau nach und orteten Widersprüche zu früheren Angaben in seinen Vernehmungen - was den Angeklagten zu noch längeren Ausführungen veranlasste. Richter Böhm versuchte immer wieder, den Angeklagten zu Antworten auf die ihm gestellten Fragen zu bewegen.

Flöttl ist der Sohn des mittlerweile verstorbenen BAWAG-Generaldirektors Walter Flöttl. Ab 1981 arbeitete er bei der US-Investmentbank Kidder Peabody, 1986 machte er sich mit einer Vermögensverwaltung selbstständig. Schon im Jahr darauf sei die - damals von seinem Vater geführte - BAWAG an ihn herangetreten, weil sie durch seine Geschäfte zusätzliche Renditen erzielen habe wollen, sagte er.

Im Jahr 1994, als diese "Vater-Sohn-Geschäfte" öffentlich wurden, wurden sie unter medialem Druck beendet. Zwei Jahre vorher habe er der Bank Forderungen gegen Russland und Bulgarien abgekauft und im Gegenzug Gelder zur längerfristigen Veranlagung bekommen. Da er 1994 alles zurückführen musste, sei am Ende "ein großer Verlust" für ihn entstanden, schilderte Flöttl.

Von Elsner "breitschlagen" lassen
Trotz dieser "schlechten Erfahrungen" mit der damaligen Gewerkschaftsbank habe er sich 1995 vom Nachfolger seines Vaters, Helmut Elsner, "breitschlagen" lassen und sei wieder neue Geschäfte mit der BAWAG eingegangen. Konkret veranlagte er Gelder, die ihm die BAWAG zur Verfügung stellte, "in bankübliche Investments", aber nicht in Kredite, weil es "liquide" sein musste.

Durch eine laut Flöttl "ungewöhnliche Entwicklung", einem 20-prozentigen Verlust des Dollar gegenüber dem Yen, hätten diese Investments Anfang Oktober 1998 große Verluste erlitten. Er hatte nämlich alle Assets der BAWAG damals in Yen finanziert - "mein Fehler", gestand Flöttl mehrmals offen ein. Diese Art der Finanzierung sei ihm aber nicht verboten gewesen, daher trage er nur moralisch die Verantwortung für die Verluste.

"Wäre sonst pleitegegangen"
"Meine Firmen wären pleitegegangen ohne neues Geld", betonte Flöttl. Die BAWAG sei damals sein einziger Kunde gewesen, sein Kapital kam also nur von der BAWAG. Elsner flog Anfang Oktober 1998 zu Flöttl nach New York, dabei wurde offenbar eine Krisenstrategie entworfen. Elsner habe ihn gedrängt, dass er sein Sachvermögen der BAWAG überschreibe, schilderte Flöttl. Schon damals will er Elsner eine Liste über die Anschaffungswerte seiner Kunstsammlung übergeben haben.

Flöttls Vermögen hätte zur Abdeckung der Verluste dienen sollen, hatte der frühere BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger zuvor ausgesagt (siehe Infobox), doch Flöttl schilderte es anders: Dass sein Vermögen eine Milliarde wert gewesen sei, bezeichnete er als "Schimäre".

Er habe auch niemals gesagt, dass seine Investmentfirma Ross Capital 200 bis 400 Millionen Dollar wert wäre, widersprach er einer Aussage Elsners, die verlesen wurden. "Das ist eine totale Lüge von Elsner." Im ersten Verfahren hatte es geheißen, dass Elsner und Zwettler zur Zeit der Verluste von einem Vermögen Flöttls in Höhe von einer Milliarde Dollar ausgegangen waren.

Elsner soll Flöttl mit Skandal gedroht haben
Flöttl schilderte das Vorgehen nach dem Riesenverlust im Oktober 1998 dann als Schnüren eines "Gesamtpakets" mit verteilten Rollen: Er habe sich verpflichtet, den Großteil seiner Kunstsammlung an die BAWAG zu übertragen. Die BAWAG stellte einen "Betriebsmittelkredit" ("Ophelia") von rund 80 Millionen Dollar zur Verfügung, um laufende Personal- und Overheadkosten seiner Firma Ross Capital abzudecken. Mit einem Teil dieses Kredits, rund 30 Millionen Dollar, wollte er durch neue Geschäfte den Kredit zurückverdienen. Und schließlich stellte ihm die BAWAG weitere 250 Millionen Dollar über das Investment "Hapenny" zur Veranlagung zur Verfügung.

Er habe dem Ganzen nur zugestimmt, weil ihn Elsner damals unter Druck gesetzt und mit einem Skandal gedroht habe, meinte Flöttl. Selber hätte er eigentlich lieber zunächst normal weitergemacht, seine Bilder verkauft und dadurch Gelder aufgestellt, um laufende Kosten zu decken, aber Elsner habe auf der Übertragung seines Vermögens an die BAWAG bestanden.

"Hätte ich die Leute anzeigen sollen?"
Schon eine Woche nach der Krisensitzung mit dem Vorstand Ende Oktober 1998 waren dem damaligen Bank-Vizechef Johann Zwettler Zweifel über den Wert von Flöttls Kunstsammlung gekommen. Als Zwettler die Liste mit den Anschaffungswerten für die Bilder gesehen habe, sei ihm klar geworden, dass Flöttl nicht eine Milliarde Vermögen besaß, und er sprach Flöttl darauf an, wie dieser sagte.

"Da muss Ihnen doch schon am 3. November klar geworden sein, dass der Informationsfluss im Vorstand nicht ganz klar ist", hakte Richter Böhm bei Flöttl nach. "Hätte ich die Leute anzeigen sollen?", fragte Flöttl zurück. Schließlich habe ja er den Verlust gemacht. Elsner hat laut Flöttls Angaben gewusst, dass die Kunstwerke netto "nur" 80 bis 90 Millionen Dollar wert waren.

Höhe der Verluste kein Thema
Ob Flöttl in kurzer Zeit wirklich über 600 Millionen Dollar BAWAG-Gelder verloren hatte, wurde am Freitag vor Gericht nicht hinterfragt. Allerdings wurde von Richter Erdei thematisiert, dass Flöttl und die BAWAG zwar viele verschiedene "Special Purpose Vehicles" benutzten, aber letztlich alles Geld von Flöttl gemanagt wurde. Elsner behauptet seit Jahren, dass Flöttl in Wahrheit keinen Totalverlust machte, sondern einen Teil der Gelder möglicherweise unterschlagen hat - was Flöttl entschieden zurückweist.

Flöttl ist wegen der Beteiligung an Untreue des Vorstands gegenüber der BAWAG angeklagt. Im ersten Verfahren war er zu zweieinhalb Jahren Haft, davon zehn Monate unbedingt, verurteilt worden. Das Urteil war vom Obersten Gerichtshof gekippt worden.

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