Fehlende Polizisten

Gewerkschaftschef geht hart mit Mikl-Leitner ins Gericht

Österreich
22.04.2012 12:14
Der oberste Polizeigewerkschafter, Hermann Greylinger, kritisiert ein Jahr nach dem Amtsantritt von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angebliche Versäumnisse der Ressortchefin. Allein in Wien würden 160 Beamte fehlen. Auch in anderen Bereichen zeigt er sich unzufrieden: So gebe es erhebliche Mängel bei der Infrastruktur, Posten würden zum Teil durch "politische Günstlinge" besetzt, Geld werde für PR-Kampagnen verschwendet.

Mikl-Leitners Vorgängerin als Innenministerin, Maria Fekter, hatte im September 2009 versprochen, jährlich 450 Polizeischüler in der Bundeshauptstadt aufzunehmen. Damit hätte es bis 2013 einen Nettozuwachs von 1.000 oder mehr Beamten geben sollen. Daraus sei nichts geworden, kritisiert Greylinger.

Sei dieses Ziel 2009 noch erfüllt worden, wurden ein Jahr darauf nur mehr 375 Polizisten aufgenommen, 2011 dann 365. Das zuvor versprochene Personal habe gerade einmal die Abgänge gedeckt. "Wenn man so weiter tut, schlittern wir wieder ins Minus", warnt der Gewerkschafter. Geschätzte 7,5 Millionen Euro habe sich die Republik durch die fehlenden Stellen erspart.

"Politische Günstlinge" oft bevorzugt
Bei Postenbesetzungen fordert Greylinger "notwendige Objektivität" ein. So würden nach wie vor erfahrenere und objektiv besser geeignete Bewerber nicht zum Zug kommen, da man oft "politische Günstlinge" bevorzuge. Bei Versetzungen ergebe sich ein ähnliches Bild. Es sei an der Zeit, dies zu ändern. "Wenn wir gerade beim Saubermachen in der Politik sind, täte es gut, wenn man auch hier aufwäscht", hofft Greylinger.

Auch beim Thema Infrastruktur habe sich nichts geändert. So fehle etwa bereits zugesagte Schutzausrüstung. Nachdem im Februar 2011 in Hirtenberg (NÖ) ein Polizist getötet und sein Kollege durch Schüsse verletzt worden war, versprach Fekter schusssichere Westen und Helme im Wert von 19 Millionen Euro. "14 Monate später haben wir nichts", so Greylinger. Kollegen müssten auf veraltetes Material zurückgreifen, das zum Teil nicht einmal passe und etwa für weibliche Kollegen oft zu schwer zu tragen sei.

Polizeistationen in desolatem Zustand
Auch Polizeistationen seien in desolatem Zustand oder nicht ausreichend ausgerüstet, berichtet der Gewerkschafter. Es fehle etwa an Druckern und auch für die Instandhaltung der Räumlichkeiten komme das Ministerium oft nicht auf: "Kollegen haben in Eigenregie Dienststellen ausgemalt. In der heutigen Zeit kann man schon verlangen, dass der Dienstgeber so etwas zur Verfügung stellt."

Nicht ernst genommen sehen sich die Arbeitnehmervertreter in der Exekutive beim Thema psychische Erkrankungen. Laut einer Studie seien 10 Prozent der Polizisten - das wären etwa 3.000 - Burn-Out-gefährdet. Ebenfalls versprochene Präventionsmaßnahmen hätten allerdings nie stattgefunden. Zwei Seminare seien aufgrund "mangelnden Interesses" abgesagt worden - obwohl sich laut Greylinger 300 Personen angemeldet hatten. "Das sind alles Waffenträger und oft extremen Stresssituationen ausgesetzt", gibt er zu bedenken.

PR-Kampagnen als Millionengrab
Die aktuelle Umstrukturierung bei der Polizei - die Reform war am Donnerstag im Nationalrat durchgewunken worden - nimmt Greylinger "zur Kenntnis", aber: "Die ganze Sache mit Sparen und mehr Sicherheit wäre schon zu hinterfragen." Denn oft würde für andere Bereiche dringend nötiges Geld für PR-Kampagnen ausgegeben. "Da versickern Millionen. Das sollen sie sich sparen und in unsere Infrastruktur investieren." Zumindest ein Lob von der Gewerkschaft gab es für die Ministerin: "Bei der Absicherung der Kolleginnen und Kollegen nach Dienstunfällen sind wir sehr unterstützt worden."

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